Borussia Mönchengladbach Kleff vergibt Boninsegna

Borussia Mönchengladbach · Am Freitag um 12.16 Uhr war es so weit. Stephan Schippers und Wolfgang Kleff nahmen für Borussia im Museum von Vitesse Arnheim die Coladose in Empfang, die 1971 Gladbachs 7:1-Sieg gegen Inter Mailand zum Mythos machte. Um 15.20 Uhr stand sie bei Borussia in der Vitrine.

 Stephan Schippers und Wolfgang Kleff (von links) nehmen für Borussia die Coladose aus den Händen des damaligen Schiedsrichters Jef Dorpmans entgegen. Rechts Arnheims Technischer Direktor Ted van Leeuwen.

Stephan Schippers und Wolfgang Kleff (von links) nehmen für Borussia die Coladose aus den Händen des damaligen Schiedsrichters Jef Dorpmans entgegen. Rechts Arnheims Technischer Direktor Ted van Leeuwen.

Foto: Dieter Wiechmann

Es pfeift ein heftiger Wind um den Gelredome, das Stadion von Vitesse Arnheim. Auch im Bauch der schmucken Arena wird eine Menge Wind gemacht — um nichts Geringeres als um eine kleine, alte Coladose. Nach mehr als 40 Jahren wird sie "nach Hause" gebracht. Es ist die wohl berühmteste Dose der Fußballgeschichte. Am 20. Oktober 1971 traf sie Roberto Boninsegna, den Stürmer von Inter Mailand, angeblich am Kopf und sorgte dafür, dass der 7:1-Sieg der Gladbacher gegen Inter aberkannt wurde. Borussia schied aus. Wegen dieser paar Gramm Blech.

Man sollte annehmen, dass die Borussen von dieser Dose, die zum bitteren Aus im Europapokal führte, nichts mehr wissen wollen. Doch das Gegenteil ist der Fall. Sie ist ein Teil der Borussen-Historie. Und daher sehr, sehr wertvoll. So macht sich an diesem Freitag, an dem der Himmel voller Wolken hängt, aber auch die Sonne scheint, eine Delegation auf nach Arnheim. Geschäftsführer Stephan Schippers ist dabei, und auch der damalige Torwart Wolfgang Kleff. Sie werden die Dose abholen. Fünf Fernsehteams sind gekommen, um den Augenblick für die Ewigkeit festzuhalten. Auch der Schiedsrichter von einst, Jef Dorpmans, ist da. Mittlerweile ist er 86 Jahre alt und benötigt einen Gehstock. Damals sammelte er die Dose ein, um sie später seinem Verein Vitesse Arnheim für das Museum zu übergeben. Dort lag sie 41 Jahre lang in einer Vitrine, hinter der Pfeife, mit der Dorpmans das Spiel leitete.

Ted van Leeuwen weiß um den historischen Wert der Dose. "Wir sind hier wegen einem Stück deutscher Fußballgeschichte", sagt der Technische Direktor von Vitesse. "Es ist nur eine kleine Dose, doch sie erzählt von Unrecht, Schauspielerei und der Kuriosität des Fußballs". Dick Herberts, Archivar des Vitesse-Museums, hat die Büchse vier Jahrzehnte lang "bewacht". Nun schließt er die Vitrine zum letzten Mal auf, um die Dose herauszuholen. Um 12.16 Uhr ist es dann so weit. "Keine Angst, ich werfe die Dose nicht, ich überreiche sie bequem", sagt Dorpmanns und grinst. Er übergibt Stephan Schippers das Blechding. "Endlich habe ich die Dose auch mal in der Hand", sagt Wolfgang Kleff, der die Dose "auch mal anfassen" darf. "Jetzt ist es endlich vorbei. Ich vergebe Roberto Boninsegna", sagt er. Elmar Kreuels, Borussias Archivar, hat extra für den Transport eine ausgefütterte Box mitgebracht. Ehrfürchtig legt er die Dose hinein, so sanft als bestünde sie aus Porzellan.

"Das ist ein ganz besonderer Moment, ich war 1971 im Stadion", sagt Kreuels, der den Augenblick "bedrückend beeindruckend" findet. "Das ist ein Freundschaftsdienst von Vitesse für Borussia. Ich verfolge immer noch jedes Wochenende die Spiele im Fernsehen", sagt Dick Herberts (81), der in den fünfziger Jahren mit Dorpmans, für Vitesse spielte. Es ist die Zeit netter Worte. Stephan Schippers lobt die Unkompliziertheit, mit der Vitesse der kostenlosen Übergabe zugestimmt habe. Schippers überreicht ein Foto, auf dem Günter Netzer, Jef Dorpmans und die Dose zu sehen sind. 2013 wird es ein Freundschaftsspiel zwischen Vitesse und Borussia geben. Als Dankeschön. Um 15.20 Uhr kommt die Dose endlich an. Elmar Kreuels stellt sie in ihre neue Vitrine. "Nun ist sie da, wo sie hingehört", sagt er.

(RP/jco/seeg)
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