Verkehrsdelikte häufen sich Malandas Unfalltod löst Debatte um "PS-Wahn" bei Jung-Fußballern aus

Köln · Nach dem Unfalltod von Wolfsburgs Junior Malanda ist eine Debatte um den Umgang junger Fußballer mit dem Statussymbol Luxusauto und den Straßenverkehrsregeln entbrannt. Zuletzt waren in der Bundesliga einige erschreckende Fälle bekannt geworden.

Fußballer als Verkehrssünder: Geblitzt, Führerschein verloren, etc.
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Verkehrssünder im Fußball

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Malanda war bei der Anreise zum geplanten Abflug ins Wolfsburger Trainingslager nach Südafrika auf der A2 bei Porta Westfalica ums Leben gekommen. Der belgische VfL-Profi hatte unangeschnallt auf der Rückbank des Autos gesessen, das bei überhöhter Geschwindigkeit von der Fahrbahn abgekommen war.

Malandas Berater kritisiert Klubs

"Das Problem liegt vor allem bei den Vereinen. Sie schauen weg oder wagen es nicht, streng zu sein, aus Angst, dass ihr Spitzentalent sich etwas anderes sucht", sagte Malandas Berater Peter Smeets. Er forderte die Proficlubs auf, Verfehlungen ihrer Akteure konsequenter und härter zu sanktionieren. Doch woher rührt der Trend zum dicken Auto vom ersten Gehalt?

Junior Malanda: Fans veranstalten Trauermarsch
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Junior Malanda: Fans veranstalten Trauermarsch

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Foto: dpa, pst jai

160.000 Euro. 564 PS. 0 Bundesliga-Spiele. Donis Avdijaj, 18, Führerschein-Neubesitzer, ist derzeit das Lehrbeispiel für die Liebe junger Fußballer zu unanständig motorisierten Luxusautos. Von seinem ersten Profigehalt bei Schalke 04 leistete sich der 18-Jährige in krasser Verkennung des Missverhältnisses zwischen Leistung und Selbstbild einen weißen Mercedes SL 63 AMG - und mit dem war er gleich in einen Unfall verwickelt.

Statussymbol PKW. Christian Heidel ist Manager beim Bundesligisten FSV Mainz 05, und er sieht das Problem von zwei Seiten - er war Gesellschafter eines Autohauses. "Wenn man einem 18-Jährigen eine Rennmaschine hinstellt, ist das sehr grenzwertig und gefährlich", sagte Heidel. Junge Fußballer würden sehr früh mit Reichtum und Ruhm konfrontiert: "Ich musste auf mein erstes Auto noch mit dem Hammer hauen, damit es ansprang." Heute sehen Parkplätze am Trainingsgelände aus wie Showrooms von Edelherstellern.

Junior Malanda: Bilder von der Unfallstelle
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Malanda kommt bei Autounfall ums Leben

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Heidel selbst winkt niemals "Rennwagen" für seine jungen Spieler durch. "Jeder Vertrag geht über meinen Schreibtisch. Wenn ein 18-Jähriger mit einem 550-PS-Wagen käme, wäre ich überhaupt nicht amused. Unsere Jungs wissen: Wenn sie 280 PS bestellen, wird das Auto plötzlich mit einem kleinerem Motor geliefert."

In der Bundesliga sind jüngst einige erschreckende Fälle bekannt geworden. Marco Reus (Borussia Dortmund) fuhr viele Jahre, ohne je einen Führerschein besessen zu haben - einen Aston Martin. Marco Russ von Eintracht Frankfurt wurde wegen Verkehrsdelikten vor Gericht bestellt, ließ sich attestieren, er sei verhandlungsunfähig - und spielte am selben Abend ein Testspiel. Die Folge: 160.000 Euro Strafe.

Uwe Harttgen, Ex-Profi, Psychologe und Vorsitzender der Kommission Leistungszentren der Deutschen Fußball Liga (DFL), sieht einen Grund im Wunschdenken. "Die Spieler wollen vielleicht zeigen: Ich gehöre dazu. Ich bin jetzt ein Großer", sagte er dem SID.

Bei aller "Tragik und Bestürzung" nach dem Tod des Wolfsburgers Junior Malanda, der nicht selbst am Steuer saß, warnt Harttgen davor, "ein generelles Problem zu konstruieren". Er erlebe "wahnsinnig viele Jungs, die das richtig fantastisch machen und sehr zurückhaltend sind". Dass sich junge Menschen mit Statussymbolen auseinandersetzten, sei normal: "Das Auto stellt ein Statussymbol dar, das wird je nach Reifestatus, Charakter oder Temperament aber sehr unterschiedlich behandelt."

Malandas Beerdigung am Dienstag in Brüssel

Die Beerdigung gestorbenen Profis Junior Malanda findet am kommenden Dienstag in Brüssel statt. Spieler und Verantwortliche des VfL wollen zu der Trauerfeier reisen.

Wolfsburgs Manager Klaus Allofs rechnet in den kommenden Wochen und der Rückrunde mit Problemen für das Wolfsburger Team nach dem Tod ihres Mannschaftskollegen. "Normalität ist es nicht. Das wird wohl noch längere Zeit so bleiben", bekannte der Manager des VfL, der in Südafrika auch mit einem Psychologen gesprochen habe. "Wir werden noch schwere Tage und Ereignisse haben. Das müssen wir bewältigen", meinte Allofs.

Reaktionen zum Tod von Malanda
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Foto: dpa, jew lof nic

Die Wölfe wollen vorerst keinen neuen Profi verpflichten. "Wir sehen im Moment keine Notwendigkeit - auch nicht auf Juniors Position", sagte Allofs der "Bild" und fügte im "Kicker" hinzu: "Wir haben Maximilian Arnold und Christian Träsch, beide können diese Rolle spielen". Ein Tabu-Thema sei eine Ersatz-Verpflichtung jedoch nicht.

Die Frage aus Vereinssicht sei: "Was mache ich? Ist es sinnvoll, mit der PS-Zahl runterzugehen?" Heidel glaubt: ja. "Es gibt aber einen Riesenunterschied, ob Spieler einen Wagen gestellt bekommen oder sich privat ein Auto kaufen. Das kann man nicht verbieten", betonte er. "Bei uns wissen die Spieler aber sehr genau, was ich nicht gerne sehe."

Sein Kollege Heribert Bruchhagen, Vorstandschef von Eintracht Frankfurt, macht den "PS-Wahn" ebenfalls "nicht mit". Die Spieler der Hessen bekommen einen Mittelklasse-PKW gestellt, mit dem sie zum Training zu erscheinen haben. "Das halte ich auch für angemessen", sagte er dem Express. Wer aus der Reihe tanzt, wird zur Ordnung gerufen.

De Jong verkauft die ganz großen Marken

Nigel de Jong spielte für den Hamburger SV, er ist in Hamburg Co-Inhaber des Luxus-Autohauses Continental Cars, wo Fußballer ein und aus gehen. Ob Bentley, Ferrari, Aston Martin: De Jong verkauft die ganz großen Marken an nicht immer die ganz großen Spieler. "Das Geschäft läuft super", berichtet er.

Die Bundesliga-Vereine haben meist Partner-Automarken. Die Bayern-Spieler fahren allesamt Audi, die Schalker und Wolfsburger - logisch - VW, die Mainzer und Dortmunder Opel. Die Nationalmannschaft wird schon seit 1972 von Mercedes-Benz ausgestattet.

Die Hersteller erfreuen sich an den Bildern der Stars - möglichst in Szene gesetzt in den neuesten Modellen. Privat darf es für die Top-Verdiener dann auch mal ein Lamborghini Murcielago sein.

Manchmal sind es Alltäglichkeiten, die auffallen. Matija Nastasic gab sein erstes Interview als Spieler von Schalke 04 in Doha auf dem Weg vom Flughafen ins Hotel - auf dem Rücksitz eines PKW. Angeschnallt war er nicht.

(sid)
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