Trainer auf Schalke Jens Keller — erst Albtraumjob, jetzt Traumjob

Donaueschingen · Jens Keller geht bei Schalke 04 erstmals als Bundesligatrainer in eine neue Saison. Nach einem albtraumhaften Start hat er sich durchgeboxt - und darf auch dank der königsblauen "Juwelen" von einer rosigen Zukunft träumen.

Jens Keller – Ex-Trainer vom FC Ingolstadt 04
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Das ist Jens Keller

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Foto: afp, ODD ANDERSEN

Der Start war ein Albtraum, doch nach einem äußerst schwierigen ersten Halbjahr schwärmt Jens Keller mittlerweile über seinen Traumjob bei Schalke 04. Drei der größten Talente Fußball-Deutschlands hat der 42-Jährige unter seinen Fittichen. "Um Julian Draxler beneidet uns die ganze Welt", sagt der Cheftrainer der Königsblauen im Interview mit dem Sport-Informations-Dienst (SID).

Zum Jungnationalspieler, der so früh wie kein Bundesligaspieler vor ihm Karriere machte, gesellen sich beim Champions-League-Anwärter Leon Goretzka (18) und Max Meyer (17) - ähnlich talentiert, aber noch am Anfang ihres Weges. "Eines der Toptalente in Deutschland, hinter dem ganz Europa her ist", nennt Keller den Ex-Bochumer Goretzka, der nach langem Hin und Her erst vor zwei Tagen im Trainingslager in Donaueschingen zu den Schalkern gestoßen ist.

Juwelensammlung im Mittelfeld

Der nur 1,69 m große Meyer, bei der U17-EM 2012 als bester Spieler ausgezeichnet und nicht nur wegen seiner Körpergröße immer wieder mit Lionel Messi verglichen, komplettiert die Juwelensammlung im königsblauen Mittelfeld. Glänzende Aussichten für Schalke, aber auch für Keller, der sich ganz selbstbewusst an der richtigen Stelle sieht. "Ich bin immer gut mit jungen Spielern klargekommen", sagt der ehemalige U17-Coach: "Spieler zu entwickeln, ist meine große Stärke."

Bei aller Freude über die Schalker Hochbegabten sieht der Trainer auch Gefahren. "Man muss jetzt langsam ein bisschen aufpassen mit dem Hype um Julian Draxler", sagt Keller: "Der Junge ist 19. Auf ihn prasseln so viele Dinge ein, wenn man hört: 60 Millionen Gehalt, 45 Millionen Ablöse. Man muss den Ball flach halten."

Das Ballyhoo um den jüngsten deutschen Champions-League-Torschützen, der vor einer Woche hochdotierte Angebote aus Spanien und England ausschlug, haben die Königsblauen allerdings auch selbst angefacht. Als Draxler im Mai seinen Vertrag bis 2018 verlängerte, fuhren Kleinlaster mit seinem Konterfei durchs Ruhrgebiet. Und auch Keller stimmt in den Chor all derer ein, die ihn für einen kommenden Weltstar halten: "Wenn er so weiterarbeitet, glaube ich, dass er eine Weltkarriere machen kann."

Noch ganz am Anfang seiner Trainerkarriere steht Keller, der erstmals als Bundesliga-Chefcoach in eine Saison startet. Erlebt hat der ehemalige Stuttgarter in kurzer Zeit allerdings schon eine ganze Menge. Große Skepsis und harsche Kritik, teilweise auch unter der Gürtellinie, begleiteten seinen Start auf Schalke, als er im Dezember Huub Stevens nachfolgte. "Mich kann die nächsten Jahre so schnell nichts erschüttern", sagt er.

"Ist doch in dem Geschäft immer so"

Am Ende einer turbulenten Halbserie schaffte er Platz vier und damit das ausgegebene Saisonziel - plus Vertragsverlängerung bis 2015. Doch Keller weiß, dass der vermeintliche Traumjob ganz schnell wieder zum Albtraum werden kann. Verpasst er im August die Gruppenphase der Champions League, dürfte es wieder ungemütlich werden. "Ach, das ist doch in dem Geschäft immer so", meint er: "Es geht doch nicht nur mir so."

Die Nummer eins auf der Trainer-Abschussliste der Wettbüros zu sein, ist er mittlerweile gewohnt. "Letztes Jahr haben ja auch alle gesagt, ich bin schon weg. Wer bei uns schon alles auf der Bank saß - das war beeindruckend. So was interessiert mich nicht."

Der sportliche Erfolg mit Schalke hat den anfangs so zurückhaltenden, bisweilen blassen Schwaben, der als "Gesicht der Schalker Krise" verspottet wurde, deutlich selbstbewusster auftreten lassen. Mittlerweile ist er auch für den einen oder anderen Spruch gut, den ihm vor Monaten noch niemand zutraute. "Mit Bayern hat er das Triple geholt, mir würde reichen, wenn er hier das Double holt", begrüßte er seinen neuen Co-Trainer Peter Hermann.

Und auf die Frage, ob er sich auf die erste Trainertagung mit dem neuen Bayern-Coach Pep Guardiola freue, antwortete er: "Bei allem Respekt - ich werde jetzt sicherlich nicht hingehen und ein Autogramm von ihm holen."

(sid)
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