Trainer steht in der Kritik Hoffenheim berät über Babbels Entlassung

Zuzenhausen · Nach dem 1:4 (0:2) von 1899 Hoffenheim gegen Werder Bremen steht Trainer Markus Babbel vor dem Aus. Die Kraichgauer stehen auf dem Relegationsplatz und werden die schlechteste Hinrunde der Klubgeschichte absolvieren.

Das ist Markus Babbel
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Foto: dapd

Die Telefondrähte zu Mäzen Dietmar Hopp in Florida glühten wegen der Zeitverschiebung bereits am Sonntagabend, die Entscheidung über die Zukunft von Markus Babbel wurde aber erst am Montag auf dem verschneiten Trainigsgelände von 1899 Hoffenheim in Zuzenhausen gefällt.

Einen Tag nach dem bitteren 1:4 (0:2) gegen Werder Bremen beriet Manager Andreas Müller hinter heruntergelassenen Jalousien mit den Geschäftsführern Alexander Waldi, Frank Briel und Jochen A. Rotthaus über die Entlassung oder den Verbleib des erfolglosen Trainers.

Müller: "Wir lassen uns nicht treiben"

"Die prekäre Situation hat sich durch die Niederlage weiter verschärft. Aber wir lassen uns nicht treiben, wir werden alles in Ruhe besprechen und nicht überstürzt handeln. Ich habe das Vertrauen von Dietmar Hopp, die Entscheidung liegt in meinem Verantwortungsbereich", sagte Müller vor dem Treffen, das ohne den bis Mitte Dezember im Urlaub weilenden Mäzen stattfand: "Ich weiß, was Markus leistet. Das Fatale ist, dass die Mannschaft das nicht auf dem Platz umgesetzt bekommt."

Wie wenig die Profis, die am Montag trainingsfrei hatten, umsetzen können, zeigt ein Blick auf die Bilanz des Fußball-Bundesligisten. Die Kraichgauer stehen nach 15 Spieltagen auf dem Relegationsplatz und haben nur eines der zuückliegenden zehn Spiele gewonnen. Schon jetzt steht fest, dass Hoffenheim die schlechteste Hinrunde der Vereinsgeschichte spielen wird. "Es ist ganz klar, dass es für uns nur noch darum geht, in der Liga zu bleiben", sagte Müller, der am Sonntagabend noch rund 300 aufgebrachte Fans beruhigen musste: "Ich habe ihnen gesagt, dass wir nicht abgestiegen sind und dass wir alle nur gemeinsam da rauskommen."

Um dieses Ziel zu erreichen, forderten zahlreiche Anhänger vor den abschließenden Hinrunden-Partien beim Hamburger SV und gegen Meister Borussia Dortmund unverhohlen einen Trainerwechsel. Im Gespräch sind unter anderem Marco Kurz, Bert van Marwijk, Heiko Vogel, Hansi Flick, Schalkes Co-Trainer Markus Gisdol und Hoffenheims U23-Coach Frank Kramer. Müller hat zwar laut eigener Aussage noch zu keinem Trainer Kontakt aufgenommen, dennoch sei er "auf jede Situation vorbereitet".

Diese Aussage vom Sonntagabend war angesichts der deprimierenden Bilanz Babbels, der erst am 10. Februar Holger Stanislawski beerbt hatte, nicht verwunderlich. Der 40-Jährige hat Hoffenheim auf dem achten Tabellenplatz übernommen. In 29 Spielen holte Babbel mit seinem Team aber lediglich 29 Punkte - das ist der schlechteste Punkteschnitt aller Hoffenheimer Bundesliga-Trainer. Für den Coach stehen sieben Siege, acht Unentschieden und 14 Niederlagen zu Buche. Dazu kam das 0:4 beim Viertligisten Berliner AK in der ersten Runde des DFB-Pokals.

Verheerende Bilanz

Der Klub stellt zudem die mit Abstand schlechteste Defensive (36 Gegentore) der Eliteklasse und hatte zu diesem Zeitpunkt einer Saison noch nie weniger Punkte (12) als derzeit auf dem Konto. Hoffenheim hat bereits vier Zähler Rückstand auf den 15. Tabellenplatz.

Dennoch gab sich Babbel nach dem Spiel gegen Bremen noch kämpferisch: "Ich bin der Letzte, der von Bord geht, wenn es schwierig ist. Ich würde es wahnsinnig gerne mit den Jungs hinbekommen. Fakt ist, dass ich sehr gerne hier arbeite und Spaß habe mit der Mannschaft." Der "Bild" sagte er am Montag sogar: "Ich bin felsenfest davon überzeugt, am Freitag in Hamburg auf de Bank zu sitzen. Ich würde gerne mit den Jungs da unten rauskommen. Wir müssen gemeinsam versuchen, den Bock noch umzustoßen."

Der Coach, der bis zur Verpflichtung Müllers im September als Teammanager bei 1899 gearbeitet hat, steht aber auch wegen seiner Transferpolitik in der Kritik. Ex-Nationaltorwart Tim Wiese spielte schwach, wurde von Verletzungen geplagt und zuletzt von Babbel degradiert. Der Schweizer Nationalstürmer Eren Derdiyok kam nicht über eine Reservistenrolle hinaus.

Babbel, der vor der Saison zur Verwunderung vieler Beobachter den Einzug in der Europacup als Ziel ausgegeben hatte, wurde bei seinen bisherigen Trainerstationen stets kurz vor Weihnachten entlassen. Beim VfB Stuttgart musste der Coach am 6. Dezember 2009 gehen, bei Hertha BSC Berlin bekam Babbel am 22. Dezember des vergangenen Jahres seine Papiere.

In Hoffenheim gibt es allerdings ein grundsätzliches Trainer-Problem: Nach der Entlassung von Ralf Rangnick im Januar 2011 fehlt jegliche Kontinuität. Innerhalb von nicht einmal zwei Jahren saßen Marco Pezzaiuoli, Stanislawski und Babbel auf der Bank.

(sid)
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