Wende in Wolfsburg Hecking sticht Schuster aus

Wolfsburg/Düsseldorf · Wolfsburgs Sportdirektor Klaus Allofs holt den Trainer des 1. FC Nürnberg, der eine Ausstiegsklausel in seinem Vertrag hat. Der große Favorit Bernd Schuster, der bereits als verpflichtet galt, ist damit aus dem Rennen.

Bundesliga 12/13: alle Trainerwechsel
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Vielleicht hat Bernd Schuster doch ein bisschen zu ausgiebig gezockt. Vielleicht scheiterte die Verpflichtung des einstigen blonden Engels auch an sehr konkreten Erfolgsforderungen des VfL Wolfsburg. Vielleicht hat die Ankündigung der Fans, gegen Schuster zu demonstrieren, zum Umdenken geführt. Vielleicht aber hatte der neue Wolfsburger Sportdirektor Klaus Allofs mit seinem alten Kumpel aus 1980er-EM-Tagen auch nur Nebelkerzen gezündet, damit sein wahrer Kandidat für das Traineramt nicht zu früh ins öffentliche Gespräch geriet.

Vertrag bis 2016

Tatsache ist, dass der große Favorit Schuster aus dem Rennen ist. Stattdessen übernimmt Dieter Hecking das Amt, das nach der Entlassung von Felix Magath seit Ende Oktober vorübergehend Lorenz-Günther Köstner innehatte. Hecking wird einen Vertrag bis 2016 unterschreiben. Und er kann seinen derzeitigen Klub 1. FC Nürnberg verlassen, weil er eine entsprechende Ausstiegsklausel in seinem Kontrakt hat. Der VfL Wolfsburg meldete die Verpflichtung mit fünf dürren Zeilen auf seiner Internetseite. Allofs teilte knapp mit: "Das kann ich bestätigen, mehr gibt es derzeit nicht zu sagen. In den nächsten Tagen werden wir die nötigen Formalitäten erledigen."

Hecking begründete seinen Schritt nicht nur mit den üblichen "guten Gesprächen" oder der sportlichen Perspektive beim vom Autokonzern VW großzügig unterstützten Bundesligisten. Er verwies auch darauf, dass seine Familie in Bad Nenndorf gerade mal eine Autostunde von Wolfsburg entfernt lebt. "Familiäre Aspekte haben eine Rolle gespielt", erklärte er. Nicht zum ersten Mal. Vor gut sechs Jahren verließ er Alemannia Aachen und nahm in der Saison ein Angebot von Hannover 96 an. Auch damals war die Nähe zur Familie ein wichtiger Grund.

Selbstverständlich aber geht es nicht nur um eine rührende Familien-Zusammenführung. Hecking wird in Wolfsburg deutlich mehr verdienen als in Nürnberg. Branchenkenner glauben, dass sein Gehalt (geschätzt: 900.000 Euro) unter dem VW-Dach verdoppelt wird. Da kann man dann mit der Familie auch zweimal die Woche warm essen gehen.

Kann Hecking auch mit Stars?

Der neue Trainer bringt gewiss nicht das Flair von Weltklasse in den Klub, wie es Schuster getan hätte. Dafür sind seine Fähigkeiten deutlich berechenbarer. Während Schuster bislang nur auf Erfolge in Spanien verweisen kann, hat Hecking bei seinen Stationen in Deutschland nachgewiesen, dass er Mannschaften entwickeln kann. Zum ersten Mal in seiner Laufbahn kommt er zu einem Klub, der durch seine finanziellen Möglichkeiten eigentlich einen Platz unter den ersten Fünf abonnieren müsste. Hecking muss nun zeigen, ob er auch Stars weiterentwickeln kann.

In Nürnberg wurde sein Abschied mit großer Enttäuschung kommentiert. "Ich bin nicht verbittert, und wir werden nichts Schlechtes über ihn sagen", versicherte Sport-Vorstand Martin Bader, "aber ich kann keine Beweggründe nachvollziehen, wenn man vom 1. FC Nürnberg weggeht." In den Internetforen des Clubs ging es wesentlich unfreundlicher zu. "Hecking, du Verräter", war noch einer der gemäßigten Kommentare.

Bader räumte immerhin ein, dass der Zeitpunkt des Wechsels "nicht sehr glücklich" sei. Hecking hinterlasse allerdings "keinen Scherbenhaufen". Sein Nachfolger werde deshalb nicht bei Null anfangen müssen. Ein Kandidat ist der bisherige U-23-Coach Michael Wiesinger. "Er ist zumindest eine sehr gute Alternative", sagte Bader.

(RP/seeg)
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