Sieben Coaches mussten gehen Watzke und Völler schimpfen über Trainer-Wahnsinn

Köln · Die Entlassung des Gladbacher Trainers André Schubert war die bereits siebte der Bundesliga-Saison 2016/17. Rudi Völler und Hans-Joachim Watzke kritisieren das Stühlerücken als Aktionismus. Hat der Wechsel auf der Trainerbank tatsächlich einen nachhaltigen Effekt?

Rudi Völler spricht wegen der vielen Trainerentlassungen von Hysterie.

Rudi Völler spricht wegen der vielen Trainerentlassungen von Hysterie.

Foto: dpa, gki nic

Hans-Joachim Watzke nannte es "Wahnsinn", Rudi Völler sprach von "übertriebener Hysterie", und dennoch zogen in diesen Wochen immer mehr Bundesligisten die Reißleine und setzten ihre Trainer vor die Tür. Mit dem Gladbacher André Schubert musste am Mittwoch der siebte Coach gehen - und das nach nur 16 Spieltagen. Einen solchen Verschleiß hat es in der Bundesliga seit ihrer Gründung 1963/64 noch nie gegeben. Daher drängt sich die Frage auf: Hat der Wechsel auf der Trainerbank tatsächlich einen nachhaltigen Effekt?

Zumindest aus wissenschaftlicher Sicht ist diese Frage mit einem klaren Nein zu beantworten, dies belegen verschiedene Studien. "Im Mittel über viele Trainerwechsel hinweg sind die Punkte und Tore kein Kriterium, warum man einen Trainer austauschen sollte", sagte Daniel Memmert, Professor am Institut für Sportspielforschung der Deutschen Sporthochschule Köln, dem SID. Klar ist: Auch wenn Trainerwechsel möglicherweise kurzfristige Effekte haben, ist es kontinuierliche Arbeit, die Strukturen und Automatismen schafft und letztlich zum Erfolg führt.

Die letzten Sieben tauschten ihre Trainer aus

Trotz dieser Fakten sind Trainerwechsel in der Bundesliga ein gängiges Mittel - das zeigt ein Blick auf die Statistiken. Nur jeder dritte Coach der 18 Erstligisten ist länger als ein Jahr im Amt. Läuft es sportlich nicht, entlassen die meisten Klubs ihre Trainer in kürzester Zeit. Die aktuelle Saison ist dafür sinnbildlich: Mit Darmstadt, Ingolstadt, Hamburg, Bremen, Augsburg, Wolfsburg und nun eben auch Mönchengladbach griffen die Teams, die die letzten sieben Plätze der Tabelle belegen, zum radikalen Mittel, den Trainer zu feuern.

Eine Maßnahme, die bei den Spitzenverantwortlichen Watzke und Völler auf Unverständnis stößt. Perspektivisches Arbeiten sei nicht möglich, "wenn man ständig sein leitendes Personal austauscht. Das ist Wahnsinn! Man muss aufpassen, dass man nicht jegliches strukturelle Arbeiten schon im Vorhinein pulverisiert, indem man sich nach tagesaktuellen Eindrücken richtet", sagte der Dortmunder Watzke den Zeitungen der Funke Mediengruppe.

Auch sein Leverkusener Kollege Völler fand deutliche Worte. "Jeder muss das selbst entscheiden, jeder hat da seine Gründe. Aber ich finde es momentan etwas übertrieben und eine große Hysterie. Von den letzten sieben Klubs, die jetzt unten stehen und die alle ihre Trainer entlassen haben, werden definitiv zwei absteigen, vielleicht sogar drei", sagte der Sportdirektor, der vorlebt, dass es im Bundesliga-Geschäft auch andere Lösungen gibt.

Denn trotz der bislang enttäuschenden Bundesliga-Saison setzt Bayer auf Kontinuität und hält an seinem in der Kritik stehenden Trainer Roger Schmidt fest. "Ich und wir alle bei Bayer Leverkusen sind davon überzeugt, dass wir mit unserem Trainer in der Rückrunde erfolgreich sein können", sagte Völler: "Das muss nicht immer jedem gefallen, da muss auch nicht jeder applaudieren, aber es ist so. Trotzdem werden wir unseren Weg weitergehen - da gibt es gar keine Diskussion."

(sid)
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