Interview Micky Beisenherz "Der HSV ist wie Jopie Heesters"

Düsseldorf · Am Samstag ist Existenzkampf in der Bundesliga. Wir haben mit dem in Hamburg lebenden Comedy-Autor Micky Beisenherz ("Dschungelcamp") über die Chancen des HSV, schlechte Durchhalte-Slogans und Cora Schumacher gesprochen.

 Micky Beisenherz gehen die Gründe aus, den HSV für einen großartigen Verein zu halten.

Micky Beisenherz gehen die Gründe aus, den HSV für einen großartigen Verein zu halten.

Foto: Markus Hauschild

Micky, du wohnst in Hamburg. Wie geht der Hamburger gerade?

Micky Beisenherz Er geht noch mal zwei unter Gaucho. Das liegt an der so genannten Hanseaten-Spinose. Die hat er sich zugezogen, weil er in der Tabelle so weit nach unten gucken muss. Momentan kann sich der Hamburger mit den Zähnen die Schuhe zubinden.

Tröstest du deine Hamburger Freunde oder hast du nur Spott für sie übrig?

Ich gehe doch auch nicht auf eine Palliativstation und mache Witze. Es tut mir tatsächlich leid für diesen großartigen Verein. Wobei mir immer weniger Gründe dafür einfallen, den Verein "großartig" zu nennen.

Ist noch einer übrig?

Der letzte große Titel liegt zumindest so lange zurück, da war Helmut Schmidt gefühlt noch Bundeskanzler.

Vielleicht kann nur jemand, der Hamburg vor der Sturmflut gerettet hat, den HSV vorm Abstieg retten.

Er könnte zumindest das Stadion so zu qualmen, dass man sich die Scheiße nicht mehr angucken muss.

Wie tröstest du deine Freunde? Das wird schon noch?

Das glaubt ja keiner mehr. Jetzt ist nur die Frage, was zuerst passiert: Die Elbphilharmonie wird fertig oder der HSV kehrt zurück in die 1. Liga.

Ist die Zeit des HSV in der Bundesliga also abgelaufen?

Schon seit ungefähr fünf Jahren. Der HSV ist wie Jopie Heesters, wo alle geguckt haben: Wie lange macht er es noch? Und alle haben sich gewundert, wenn er dann noch mal an einen Flügel geschraubt wurde und gesungen hat. Der Verein hat förmlich darum gebettelt abzusteigen. In dieser Saison hat er doch mehr Trainer als Punkte geholt.

Braucht eine Weltstadt wie Hamburg überhaupt einen Erstligisten?

Die haben schon in weiser Voraussicht vor Jahren angefangen, die Elbphilharmonie zu bauen, weil sie wussten, dass der Stadt eine Attraktion verlorengeht. Wenn nun noch die van der Vaarts wegziehen, kann ich nur hoffen, dass sich Cora Schumacher bald mit einem HSV-Spieler einigt.

Wenn du Fußballgott wärest, wen würdest du am Samstag in die Zweite Liga schicken?

Was soll der Konjunktiv?

Also wen schickst du in die Zweite Liga?

Hannover würde den Abstieg gar nicht bemerken, weil der Jubel über das Comeback der Wulffs noch so groß ist.

Welche Mannschaft sollte auf keinen Fall absteigen?

Borussia Dortmund. Jetzt lachen wir darüber, aber vor ein paar Wochen war das zumindest mathematisch sehr gut möglich. Ich finde auch, dass die Paderborner sich hervorragend verkauft haben. Andererseits: Es war schön, die mal zu sehen, aber jetzt ist auch gut.

Ich weiß nicht mal, wo Paderborn liegt. Du?

Ganz grob so Höhe Bielefeld.

Könntest du ohne Navi hinfahren?

Nö. Das hat aber auch damit zu tun, dass ich gar nicht hinfahren will.

Der HSV fährt von Mittwoch bis Freitag nach Malente, der legendären Sportschule in Schleswig-Holstein. Die heißt mittlerweile "Uwe-Seeler-Fußball-Park".

Ich war im vergangenen Jahr für den NDR da. Man atmet dort den Geist vergangener Fußballdekaden. Das passt zum HSV.

Vielleicht kommen sie nach den drei Tagen mit Vorstopper und Libero zurück.

Es könnte helfen.

Der Slogan des Fußballparks ist "Malente macht Meister".

Man muss dazu sagen, dass Malente seit 20 Jahren nichts mehr mit modernem Fußball zu tun hat. Eine weitere erstaunliche Parallele zum HSV.

Auf der Website von Malente steht: "Einige Bundesligaprofis sollen der ein oder anderen Fußballinteressierten auf dem Hotelzimmer schon mal ganz privat die Abseitsregel erklärt haben." Würdest du beim HSV Damenbesuch zulassen?

Bitte gib mir einen Moment, mich über diese köstliche Formulierung zu amüsieren. Also, wenn jeder Spieler eine Dame auf dem Zimmer empfängt, sind das vermutlich fünf, sechs weniger als zuhause in Hamburg. Das wäre eine kopulative Reduzierung, die dem Sport nur guttun kann.

Auch Hannover geht in die Einöde.

Also bleiben sie in Hannover — oder fahren sie bis Braunschweig?

Sie fahren nach Marienfeld in Ostwestfalen. Wohin würdest du als Spieler nachts flüchten?

Das Problem ist, du kannst gar nicht großartig flüchten, weil die Bahnen nicht fahren.

Vielleicht ins Bielefelder Nachtleben trampen?

Das Bielefelder Nachtleben... wie sich das schon anhört.

Was können 25 Männer denn so machen, wenn sie zusammen auf dem Zimmer hocken?

Du stellst Fragen.

Was hast du zuletzt gemacht, als du mit 25 Männern auf dem Zimmer gehockt hast?

Ich hab' versucht, meine Hose anzubehalten. Vergiss nicht, dass ich in der Medienbranche arbeite.

Der VfB Stuttgart fliegt nach Paderborn. Wäre nicht eine Busfahrt die bessere teambildende Maßnahme?

Die Spieler sind froh, so wenig Zeit wie möglich mit Huub Stevens in geschlossenen Räumen zu verbringen.

Dem traue ich zu, während des Flugs das Fenster aufzureißen und einen Spieler rauszuwerfen.

Eher einen Journalisten.

Dir als beinahe originellem Autor wird gefallen, was sich der SC Paderborn ausgedacht hat. Am letzten Spieltag sind alle Schornsteinfeger aus dem Kreis Paderborn als Glücksbringer im Stadion.

Eine Idee so ganz grob zwischen Stadtwette bei "Wetten, dass..?" und dreistündigem Happening im ZDF-Fernsehgarten. Ich erwarte, dass Andrea Kiewel das letzte Spiel moderiert.

Der Social-Media-Slogan von Paderborn ist Lassmal #erstklassigbleiben.

Wenn man keine Ahnung hat, einfach mal die Klasse halten.

Oh... hast du den schon anderswo verbraten oder benutzt du ausnahmsweise mal neues Material in diesem Interview?

Klar.

Was wäre deine Lieblingspointe für den letzten Spieltag?

Das Saisonfinale 1999 mit Nürnberg legt die Messlatte schon verdammt hoch. Ich erinnere mich gerne, dass Nürnbergs Trainer Friedel Rausch vor dem Spiel mit einem Blumenstrauß verabschiedet wurde, den er auch dafür bekam, dass der 1. FC Nürnberg nicht abgestiegen ist — nur um nach dem Spiel feststellen zu müssen, dass Frankfurt tatsächlich fünf Tore gegen Kaiserslautern geschossen hat und Nürnberg doch noch runter musste. Also wenn wir am Samstag die Hände über dem Kopf zusammenschlagen, hat es sicher etwas mit dem HSV zu tun.

Hätten die Bayern nicht schon frühzeitig fleißig Punkte gesammelt, wären sie auch noch in den Abstiegskampf geraten. Ist es nächste Saison so weit?

Absolut. Für mich trudeln die der Relegation entgegen. Peter Neururer scharrt schon zurecht mit den Füßen.

Ob die sich bei der Meisterschaftsfeier am Samstag die Bierdusche sparen?

Die Bierdusche bekommen sie, weil die Becher von den Rängen fliegen.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort