Kolumne Gegenpressing Lasst Bibiana Steinhaus in Ruhe!

Morgen pfeift erstmals eine Frau ein Bundesligaspiel. Der daraus resultierende Wirbel ist völlig unangemessen.

FC Bayern München: Franck Ribery zieht Bibiana Steinhaus am Schnürsenkel
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Frecher Ribery zieht Steinhaus am Schnürsenkel

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Foto: dpa, hsc jhe

Berlin ist unbestritten eine Stadt von Weltformat. Fehlt nur noch ein Fußballverein internationalen Rangs in der Hauptstadt. Für Hertha BSC ist es bis dahin noch ein verdammt weiter Weg. Das hat der Verein selbst veranschaulicht mit einer Marketingaktion aus der tiefsten Provinz. Jede Frau, die den Mut hat, sich am Sonntag Hertha gegen Werder Bremen anzusehen, erhält einen Preisnachlass von 50 Prozent. "Arm aber sexy" - man bleibt sich in Berlin treu.

Die Hertha hat das Bibiana-Steinhaus-Ticket aufgelegt. Man wolle, heißt es, den "historischen Moment" würdigen, dass erstmals eine Frau eine Partie im deutschen Oberhaus leitet. Peinlicher geht's nimmer. Denn eigentlich ist es allen ziemlich wumpe, wer die Partie morgen leitet. Hertha ist darum bedacht, die vielen freien Plätze im Olympiastadion zu besetzen.

Bibiana Steinhaus ist eine ausgezeichnete Schiedsrichterin. Ihre Fähigkeiten hat sie über Jahre bewiesen. Sie hat wenig geschenkt bekommen. Doch eine Beförderung wurde ihr Jahr für Jahr verwehrt - von älteren Herren, die immer wieder einen Grund fanden, den Aufstieg zu verhindern. Steinhaus hat artig mitgespielt, auch weil sie wusste, dass sie andernfalls sofort rausgewesen wäre. Nun, hört man hinter vorgehaltener Hand aus Schiedsrichterkreisen des DFB, sei ja durch den Videobeweis garantiert, dass es zu keinen gröberen Fehlentscheidungen unter ihrer Regie kommen könne.

Steinhaus ist reif für die Bundesliga, nicht weil sie eine Frau ist, sondern eine verdammt gute Unparteiische. Einige haben damit noch immer ein Problem. Der Bremer Trainer Alexander Nouri ist vor dem Spiel gefragt worden, ob es etwas Besonderes sei, dass nun eine Frau die Begegnung leite. "Wir sind das ja von zu Hause gewohnt." Pruuust, kicher, kicher. Nouri bekommt sich gar nicht mehr ein. Die Nachfrage kommt: Dass eine Frau pfeift? "Nach der Pfeife tanzen, ist doch klar! Welcher Mann macht das nicht." Man stellt sich Herrn Nouri vor, wie er bei der Verkehrskontrolle vor einer Polizistin steht und derartige Mätzchen macht. "Hihi, ich gebe ihnen natürlich meinen Ausweis, ich tanze immer nach der Pfeife einer Frau."

Der DFB gefällt sich natürlich in der Rolle des modernen Verbandes. Da lässt man dann auch schon mal eiserne Prinzipien beiseite. Normalerweise werden Ansetzungen erst ein paar Tage vorher öffentlich gemacht. Was unter anderem den Hintergrund hat, dass so Manipulationsversuche verhindert werden sollen. Im Fall von Steinhaus sickerte die Nachricht zwei Wochen vorher durch. Soll ja schließlich auch jeder mitbekommen. Normalität sieht anders aus.

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(RP)
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