Schiri in der Kritik Der Fall Zwayer kennt nur Verlierer

Analyse | Düsseldorf · Der Schiedsrichter pfeift womöglich kein Spiel mehr. Der Referee-Chef Lutz Michael Fröhlich muss sich nun den Vorwurf gefallen lassen, die Affäre von 2004 um Zwayers Rolle beim Fall Robert Hoyzer erst auf Druck aufzuklären.

  Schiedsrichter Felix Zwayer (r.) läuft im Spiel BVB gegen Bayern an Dortmunds Jude Bellingham zum Spielfeldrand, um sich den Videobeweis für den anschliessend gegebenen Strafstoß anzuschauen.

 Schiedsrichter Felix Zwayer (r.) läuft im Spiel BVB gegen Bayern an Dortmunds Jude Bellingham zum Spielfeldrand, um sich den Videobeweis für den anschliessend gegebenen Strafstoß anzuschauen.

Foto: dpa/Bernd Thissen

Wann immer sich Funktionäre im Deutschen Fußball-Bund als Reformer und Aufklärer darstellen wollen, da geben sie dem Wort „Transparenz“ breiten Raum in ihren Reden. Das ist im Schiedsrichterwesen nicht anders. Dabei handelt es sich hier um die öffentlich wahrscheinlich undurchsichtigste Abteilung des größten Sportverbands der Welt. Niemand hat bis jetzt schlüssig widerlegen können, dass Günstlingswirtschaft Karrieren befördert, und dass fehlende Rückendeckung ebenso Karrieren beenden kann.

Jüngstes Beispiel: der Fall Felix Zwayer. Der 40-Jährige bot beim Bundesliga-Spitzenspiel zwischen Borussia Dortmund und Bayern München Anfang Dezember 2021 (2:3) eine zumindest fragwürdige Leistung. Dortmunder hielten ihm vor, verpfiffen worden zu sein. Zwayer hatte dem BVB einen möglichen Elfmeter verweigert, den Bayern einen umstrittenen Strafstoß zugesprochen. Alltag, möchte man meinen. Auf 1000 Plätzen fühlen sich jedes Wochenende 1000 Teams mehr oder weniger zu Recht benachteiligt.

Weniger alltäglich ist die anschließende Diskussion. Ausgerechnet der Dortmunder Mittelfeldspieler Jude Bellingham (18) erwies sich als Fußball-Historiker. Er erinnerte daran, dass Zwayer im Manipulationsskandal um den Schiedsrichter Robert Hoyzer eine Rolle gespielt habe. Der Fall trug sich im Mai 2004 zu – Bellingham war da nicht einmal ein Jahr alt.

Zwayer wurde zur Last gelegt, als Assistent von Hoyzer 300 Euro angenommen zu haben, um Manipulationen beim Drittligaspiel Wuppertaler SV – Werder Bremen Amateure zu decken. Zwayer bestritt das, wurde dennoch für sechs Monate gesperrt, weil das DFB-Sportgericht „davon ausging“, dass er Geld genommen hatte. Bis heute ist dieses Detail nicht geklärt. Das ist ein weiterer Skandal, dessen Aufdeckung die Welt dem Schiedsrichter-Chef Lutz Michael Fröhlich verdankt. Zwei erstaunliche Entscheidungen gingen der großen Aufklärung voraus. Zunächst knickte der DFB vor dem Dortmunder Gejammer über angebliche Benachteiligung ein und zog Zwayer auf unbestimmte Zeit von Einsätzen im Zusammenhang mit dem BVB ab. Dann ging Zwayer „auf eigenen Wunsch“, wie es heißt, in eine Pause – ebenfalls auf unbestimmte Zeit. Schließlich sprach Fröhlich ein ebenso bemerkenswertes Wort. „Die Robert-Hoyzer-Affäre“, sagte er, „müsste irgendwann mal aufgeklärt werden. Ich würde es sehr begrüßen. dass man weiß, was damals passiert ist.“ Fast achtzehn Jahre nach dem Manipulationsskandal fordert der oberste Schiedsrichter Aufklärung. Das sind fast vatikanische Verhältnisse. Wer da keine Schnappatmung bekommt, dem ist nicht mehr zu helfen.

Chronologie im Fall Hoyzer
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Und so hat die gesamte Affäre zwei große Verlierer. Den Schiedsrichter Zwayer, dessen Laufbahn wohl zu Ende ist. Und Fröhlich, der offenbar erst mit Gewalt zur Aufklärung gezwungen werden kann. Der BVB fühlt sich als Gewinner, weil er die Geschichte ins Rollen gebracht hat. Es ist allerdings ein seltsamer Sieg. Denn er unterstreicht lediglich die Macht eines großen Klubs, der nur lange und laut genug klagen muss, damit ihm der Verband zu Willen ist. Das wiederum ist eine Niederlage für das ganze System.

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