Bayern besiegt Leverkusen Die fünf Erkenntnisse des Auftaktspiels

Düsseldorf · Der FC Bayern München hat das Auftaktspiel der neuen Bundesliga-Saison 3:1 gegen Bayer Leverkusen gewonnen, dabei aber nicht geglänzt. Leverkusens Chancenauswertung war katastrophal, der Videobeweis hat Premiere gefeiert. Unsere fünf Erkenntnisse des Auftaktspiels.

FC Bayern München - Bayer 04 Leverkusen: Einzelkritik
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Bayern - Leverkusen: Einzelkritik

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  • Bayern hat immer noch kein System

In der vergangenen Saison wurde Bayerns Trainer Carlo Ancelotti immer wieder kritisiert, weil ein echtes Spielsystem des Rekordmeisters nicht erkennbar war. Der Italiener lebte vielmehr von den individuellen Fähigkeiten seiner Spieler. Im Auftaktspiel gegen Leverkusen war keine Besserung zu sehen. Alle drei Bayern-Tore fielen nach Standard-Situationen, aus dem Spiel heraus erarbeiteten sich die Münchner kaum große Chancen — erst, als Leverkusen gegen Ende des Spiels mehr versuchte und die Bayern konterten. Die Zugänge des Rekordmeisters brauchen vielleicht noch ein bisschen Eingewöhnungszeit. In Corentin Tolisso, Sebastian Rudy und Niklas Süle standen drei Neue auf dem Platz, und vor allem die Abstimmung in der Defensive stimmte noch nicht. "In der zweiten Hälfte hat das Verteidigen als Team nicht geklappt", kritisierte Abwehrhüne Süle. "Wenn man nicht bei hundert Prozent ist, kann man nicht so gut verteidigen", urteilte Ancelotti. Der neue Sportdirektor Hasan Salihamidzic sprach bei seiner Analyse auch die anstrengende Asienreise in der Vorbereitung an, doch mittlerweile sollten die Profis diese abgeschüttelt haben. Ancelotti ist trotz des durchwachsenen Starts "nicht beunruhigt", Salihamidzic sieht die Bayern im Plan und belehrte nach dem Spiel sogar einen Reporter: "Ich finde es nicht gut, wenn ihr jetzt nur negativ draufhaut."

Robert Lewandowski erzielt das erste Bundeliga-Tor nach Videobeweis
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Erstes Bundesliga-Tor nach Videobeweis

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Foto: Screenshot ZDF
  1. Leverkusen braucht dringend einen Knipser

Bayer spielte nach dem Seitenwechsel mutig und erarbeitete sich viele Chancen. Allerdings vergab Bayer die meisten kläglich. Lediglich Admir Mehmedi traf mit einem fulminanten Schuss zum 1:3 — zu einem Zeitpunkt, an dem die Partie schon verloren war. Hätte Bayer schon vorher getroffen, wer weiß, wie die Partie ausgegangen wäre. Torhüter Bernd Leno konnte sich nach der Partie jedenfalls nicht erinnern, "wann wir hier zuletzt so viele Chancen hatten". Eins hat die Partie gezeigt: Leverkusen braucht dringend einen Stürmer mit Torgarantie. Das Quartett Mehmedi, Kevin Volland, Joel Pohjanpalo und Stefan Kießling reicht nicht, um die hohen Ziele, den internationalen Wettbewerb, zu erreichen. Das müssen vor allem auch Herrlich und Sportdirektor Rudi Völler erkannt haben, die beide zu ihrer aktiven Zeit Angreifer waren. Mit dem Abgang von Javier Hernandez hat Bayer viel Torgefahr eingebüßt. Es gibt dringenden Handlungsbedarf im Sturmzentrum.

  1. Die Fans machen ernst

Schon zum Auftakt der 2. Bundesliga haben die Fans gegen den Deutschen Fußball-Bund (DFB) protestiert, und auch beim Auftaktspiel der höchsten deutschen Spielklasse gab es lautstarke Kritik an dem Verband. "Scheiß DFB", hallte es im Wechselgesang durch die Allianz-Arena. Vor der Partie zeigten die Bayern-Anhänger mit Plakaten ihre Abneigung gegen den DFB und machten deutlich, was sie so aufregt: die Aufweichung der 50+1-Regel, die Sportgerichtsbarkeit, die Halbzeitshows, die Auslandsvermarktung und die angebliche Korruption im Verband. Protest schön und gut, aber mit einem Plakat, auf dem groß "Fick Dich DFB" zu lesen ist, übertreiben es die Fans dann doch. DFB-Präsident Reinhard Grindel war in der Halbzeit zu Gast im ZDF und versuchte, die Proteste schönzureden. "Wir sind bereit, über alles zu reden. Aber es ist unabdingbar, dass der Fußball gewaltfrei sein muss", sagte Grindel. Grindel betonte noch einmal, dass der Verband mit der vorläufigen Aussetzung der Kollektivstrafen ein starkes Zeichen gesetzt habe. Zudem habe er selbst den Ultras am Freitag noch einmal die Hand gereicht, indem er Drittligist Hansa Rostock begnadigt habe. Am Freitag hatte der DFB bekanntgegeben, dass der Komplett-Ausschluss der Hansa-Fans für die Auswärtsspiele beim 1. FC Magdeburg und Carl Zeiss Jena vom Tisch sei. "Wir sind bereits in Gesprächen und werden diese weiter vertiefen", sagte Grindel, der darauf hinwies, dass kein Thema tabu sei. Stehplätze, faire Eintrittspreise, die 50+1-Regel, die Programmgestaltung in den Stadien, alles müsse ergebnisoffen diskutiert werden. Dass der DFB auch in München vor dem Anpfiff auf Plakaten verunglimpft wurde, wollte der DFB-Boss nicht kommentieren.

FC Bayern München: Fans protestieren gegen den DFB
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Bayern-Fans protestieren gegen den DFB

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Foto: rtr, tj
  1. Videobeweis — warum nicht?

Gleich im ersten Spiel der Saison feierte der umstrittene Videobeweis Premiere. Als Robert Lewandowski kurz nach der Halbzeitpause von Charles Aranguiz im Strafraum festgehalten wurde, lief die Partie erst einmal weiter. Erst nachdem Schiedsrichter Tobias Stieler vom Videoschiedsrichter auf das Foul aufmerksam gemacht wurde, gab es den fälligen Elfmeter, den es ohne Videobeweis nicht gegeben hätte. "Ich bin auf dem Ball geblieben und habe mir die Flanke angeschaut. In meinem Rücken wird Lewandowski gehalten", schilderte Stieler seine Sicht auf die Aktion im Strafraum. "Vom Gefühl her war da was, war es nicht ganz sauber. Aber ein Elfmeter muss für mich hundertprozentig sein." Nach Rücksprache mit seinem Videoassistenten Jochen Drees gab es Strafstoß, Salihamidzic lobte den Referee nach dem Spiel für diese Aktion. Wenn durch den Videobeweis solche deutliche Vergehen aufgeklärt werden, ist das technische Hilfsmittel eine Bereicherung für die Bundesliga.

  1. Herrlich ist kein Schmidt

Unter Roger Schmidt kannte Bayer Leverkusen nur eine Richtung: Volldampf nach vorne. Auch Herrlich ließ seinen Ex-Klub Jahn Regensburg Powerfußball spielen und den Gegner früh attackieren. Doch von dieser Taktik war im Spiel gegen die Bayern nicht mehr viel zu sehen, Bayer besann sich eher auf Ballbesitz und Spielkontrolle, anstatt den Gegner mit absolutem Pressing unter Druck zu setzen. Die Zeiten von Schmidts Powerfußball in Leverkusen sind also vielleicht vorbei. Vielleicht war Herrlichs Taktik aber auch dem Gegner geschuldet. Denn wer will den Bayern schon ins offene Messer laufen?

(seeg)
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