Schwächen im Sport bleiben Tabu-Thema Enkes Tod - was hat sich geändert?

Düsseldorf/Hannover (RP). Vor einem Jahr wählte der Nationaltorhüter den Freitod. DFB-Präsident Zwanziger forderte zum Innehalten auf und mahnte ein Umdenken im Profifußball, einen anderen Umgang miteinander an. Getan hat sich allerdings nicht viel.

Reaktionen zum Tod Robert Enkes
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Foto: ddp

Es war ein langer Moment der Stille. Das laute Laufrad des Profifußballs hielt für ein paar Tage an, erschüttert schauten sich die Hauptdarsteller in einem für diese kurze Zeit so absurden Theater an. Auf Pressekonferenzen wurde geweint, der smarte Nationalmannschafts-Manager Oliver Bierhoff, ein glattpolierter, vermeintlich kantenfreier Vorzeigegeschäftsmann verlor auf dem Podium völlig die Fassung.

Der Fußball rückte trauernd zusammen, weil er nicht begreifen konnte, was geschehen war. Robert Enke, der Nationaltorwart, ein erfolgreicher Profi, hatte sich heute vor einem Jahr vor einen Zug geworfen. Er litt an Depressionen, aber nur seine engste Umgebung wusste davon. Jörg Schmadtke, der Sportdirektor seines Vereins Hannover 96, sprach aus, was viele empfanden: "Ich weiß nicht, wie das alles weitergehen soll."

Viele mahnende Worte gaben sich die Fußballprofis mit auf den Weg. "Junge Menschen", sagte Schmadtke, "brauchen Betreuung. Wir müssen uns mehr um die Spieler kümmern." Eine Stiftung wurde gegründet, die sich dem bewussteren Umgang mit der Krankheit Depression im Fußball verpflichtet. Und DFB-Präsident Theo Zwanziger hielt bei der bewegenden Trauerfeier im Stadion von Hannover eine große Rede, in der er zum Umdenken aufrief. "Fußball darf nicht alles sein", erklärte der DFB-Präsident, "Fußball kann ein starkes Stück Leben sein, wenn wir nicht wie besessen hinter Höchstleistungen herjagen. Wir dürfen uns anstrengen. Ja. Aber nicht um jeden Preis. Ein Stück mehr Menschlichkeit, ein Stück mehr Zivilcourage, ein Stück mehr Bekenntnis zur Würde des Menschen, des Nächsten, des Anderen - das wird Robert Enke gerecht."

Zwanziger wusste natürlich so gut wie heute, dass Schwäche im Profifußball ein Tabuthema ist. Er kannte die Brutalität dieser Leistungsgesellschaft. Und er hat als Funktionär ebenfalls ausgiebig die Ellenbogen eingesetzt. Trotzdem hat er gesagt, er empfinde es als "Auftrag dieses an sich sinnlosen Sterbens", mehr an den Menschen auch in seiner Schwäche zu denken. Die Forderung hallte durch diese Tage der Stille.

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(RP)
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