Magath: "Das ist Heuchelei" Die Liga streitet über Transfers von Minderjährigen

Der Talenteklau im deutschen Fußball geht munter weiter. Jetzt hat der VfL Wolfsburg dem FC St. Pauli einen 13 Jahre alten Mittelfeldspieler weggeschnappt und für Wirbel gesorgt. Felix Magath versteht die Aufregung nicht und wirft den Kritikern Heuchelei vor.

 Der Wechsel des 13-jährigen Alexander Laukart vom FC St. Pauli zum VfL Wolfsburg hat heftige Diskussionen entfacht.

Der Wechsel des 13-jährigen Alexander Laukart vom FC St. Pauli zum VfL Wolfsburg hat heftige Diskussionen entfacht.

Foto: fcstpauli.com

Die Eltern der Jungtalente reiben sich zufrieden die Hände, die Klubs sind zerstritten, und Felix Magath spricht sogar von Heuchelei. Der Streit um den Talenteklau im deutschen Fußball hat einen neuen Höhepunkt erreicht. Nach dem Wechsel von Nico Franke von TeBe Berlin zu 1899 Hoffenheim sorgte am Mittwoch der VfL Wolfsburg mit der Verpflichtung des 13 Jahre alten Alexander Laukart vom FC St. Pauli für weiteren Ärger - über den Magath nur den Kopf schütteln kann.

"Das ist Konsequenz"

"Ich weiß nicht, was diese Heuchelei jetzt wieder soll, dass sich irgendwer jetzt wieder aufregt", sagte Wolfsburgs Trainer und Manager im Trainingslager in Dubai: "Man muss die Spieler rechtzeitig holen, wenn man sie ausbilden will. Die Entscheidung ist von allen getroffen worden, dass man Leistungszentren einrichtet und auf die Jugendarbeit setzt. Das ist die Konsequenz."

Beim FC St. Pauli sah man das ganz anders. "Dieser Weg ist nicht richtig. Der Junge wird zu früh aus dem familiären Umfeld gerissen", sagte Paulis Jugendchef Joachim Philipkowski der "Bild", und St. Paulis Manager Helmut Schulte meinte im Hamburger Abendblatt: "Jetzt werben Sie uns schon die 13-Jährigen ab."

Die Eltern von Nachwuchstalent Laukart fanden wie Magath nichts Schlimmes an dem Wechsel. "Wolfsburg ist auf uns zugekommen. Auch der HSV wollte Alexander zurück. Doch mein Sohn hat sich für Wolfsburg entschieden. Jetzt zieht er dort ins Internat ein", sagte Vater Waldemar Laukart, der dem Schritt nur Gutes abgewinnen kann. "Wenn es nicht klappt, kommt er eben wieder zurück. Es geht uns nicht ums Geld. Und Lionel Messi ist ja auch mit 13 Jahren zum FC Barcelona gewechselt." Insgesamt sechs Bundesligisten sollen um den Jungen gebuhlt haben.

Totschlagargument Messi

Das Beispiel Messi wirkt in der Debatte wie ein Totschlagargument. Doch in der Tat bietet der Argentinier ein perfektes Beispiel für die Sinnhaftigkeit früher Wechsel. Und er ist nicht der einzige. Barcelona holte 2011 den zehn Jahre alten Takefusa Kubo aus Japan. Manchester United verpflichtete den neun Jahre alten Rhain Davis. Und der niederländische Erstligist VVV Venlo nahm allen Ernstes ein 18 Monate altes Kleinkind auf, nachdem dieses auf einem Youtube-Video verblüffende Ballfertigkeit unter Beweis gestellt hatte.

Schon der Wechsel von Nico Franke zu Hoffenheim hatte Anfang der Woche für Ärger gesorgt. Der Berliner Nachwuchskicker erhielt bei den Kraichgauern einen Vertrag bis 2014 und soll dort ein Gehalt von 250 Euro im Monat erhalten. "Mein Wunsch wäre ein generelles Abwerbe-Verbot für junge Talente. Die Statuten lassen sich aber nicht einfach so von DFL-Seite ändern. Dafür müssen die Vereine selber mitspielen", sagte DFL-Geschäftsführer Holger Hieronymus. Es sei keine gute Entwicklung, meinte Manager Andreas Rettig vom FC Augsburg wenn "13-Jährige durch die Republik tranferiert werden".

Hoffenheims Manager Ernst Tanner hatte das Vorgehen seines Vereins verteidigt. "Ich war zwar nicht ganz involviert, aber meines Wissens hatte Franke auch Angebote von Bayern, Hertha und großen Vereinen aus dem Westen. Wahrscheinlich waren unsere Leute überzeugender. Wir haben da kein Problem. Wir haben ein überzeugendes Konzept."

Die Mutter des 13 Jahre alten Nico Franke lobte stolz vor der Kamera des TV-Senders Sky die Verhältnisse in Hoffenheim. "Nach den Herbstferien waren wir schon da. Er wohnte im Internat. Ich konnte ihn jeden Tag besuchen. Es war fantastisch."

Der Berater der Familie, Willy Kausch, sprach ebenfalls von einem guten Schritt. "Nico kommt aus einem nicht einfachen Umfeld. Die Mama erzieht fünf Kinder allein", sagte Kausch. Frankes langjähriger Jugendtrainer Andre Bandit traut ihm den Sprung in die Bundesliga zu: "Wenn er etwas Glück hat und die richtigen Trainer, kann er es schaffen. Er ist ein echter Instinktfußballer."

(sid)
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