Kolumne Gegenpressing Das Spiel gegen Stuttgart ist ein Charaktertest für die Bayern

Düsseldorf · Nach dem Ibiza-Trip des Teams, werden die Zuschauer ganz besonders auf die Leistung des Meisters gegen die Stuttgarter schauen. Immerhin steckt der Gegner im Abstiegskampf.

Ernstzunehmender Gegner oder wieder ein abgeschenktes Spiel? Der FC Bayern muss seinen Charakter beweisen.

Ernstzunehmender Gegner oder wieder ein abgeschenktes Spiel? Der FC Bayern muss seinen Charakter beweisen.

Foto: dpa/Thomas Frey

Bayern München hat vergangene Woche in Mainz sicher nicht absichtlich 1:3 verloren. Das machen Fußballer einfach nicht – wenn sie nicht gerade ihren Trainer loswerden wollen. Aber darum ging es den Münchnern diesmal nicht. Für den amtierenden Meister war es lediglich eine weitere unerklärliche Schlappe gegen ein deutlich schlechter besetztes Team und wieder mal kein Nachweis professioneller Einstellung. Mönchengladbach (0:5) und Bochum (2:4) lassen besonders herzlich grüßen.

Schon ahnen die Hüter von Anstand und Fairplay bang ein bayerisches Totalversagen in den abschließenden Spielen der Saison. Denn die Meisterschaft hat der Seriensieger ja längst gewonnen. Da reißt er sich auch künftig kein Bein mehr aus, fürchten die Argwöhnischen. An die Spitze der Wahrer von Chancengleichheit im Abstiegskampf hat sich Felix Magath gesetzt, der Trainer von Hertha BSC. Mit Blick auf den nächsten Gegner der Münchner, den Berliner Konkurrenten VfB Stuttgart, spricht Magath von möglicher Wettbewerbsverzerrung, ohne das Wort in den Mund zu nehmen. „Die Saison“, sagt er, „geht für alle Mannschaften bis zum letzten Spieltag, und ich weiß nicht, warum ein Team sagen kann: Wir spielen die Saison nicht bis zum Ende und machen drei Spieltage vorher Schluss.“

Es passt ihm wunderbar in den Kram, dass sich zahlreiche Bayernspieler nach dem nicht eben meisterwürdigen Auftritt in Mainz noch mal schnell zum gemeinsamen Kurzurlaub nach Ibiza davonmachten. „Ich würde so etwas auf keinen Fall erlauben“, erklärt Magath im amtlichen Mitteilungsblatt „Bild“.

Gar nicht blöd. Denn er erreicht damit zweierlei. Zum einen schaut Fußball-Deutschland den Meisterkickern am Samstag bei der Begegnung mit den Stuttgartern ganz besonders auf die Füße. Und zum anderen werden die Bayern-Bosse intern ordentlich Druck machen (müssen), auch wenn Sportvorstand Hasan Salihamidzic den Trip auf die Baleareninsel charmant als „teambildende Maßnahme“ verklärte. Eine weitere schlappe Vorstellung nach der teambildenden Maßnahme wäre dem Image des Rekordmeisters aber ganz sicher nicht zuträglich, was selbst der Sportvorstand wissen könnte.

Aufpoliert hat der Branchenführer sein Image in dieser Saison ohnehin nicht. Der Meistertitel ist nach dem Ausscheiden aus DFB-Pokal und Champions League nicht mehr als der Minimalertrag eines Spieljahres. So hart sind in München die Sitten.

Wer will, der kann die Schlussphase der Bundesliga-Serie nicht nur als Charaktertest für Bayerns Auswahl an hochbezahlten Könnern betrachten, sondern auch als ziemlich ernste Bewährungsprobe für ihren Trainer. Julian Nagelsmann (34) hat in seinem ersten Jahr in München zwar eindrucksvoll forsche Redebeiträge geliefert, seine Mannschaft allerdings nicht auf Dauer zu eindrucksvollen Darbietungen auf dem Rasen bewegen können. Bayerns Meisterschaft ist ein Ergebnis gegnerischer Schwächen, einer weitgehend annehmbaren Hinrunde und der überragenden Einzelqualität mancher Münchner Spieler. Mit mannschaftlicher Kunst oder Beständigkeit auf hohem Niveau hat der Titelgewinn so wenig zu tun wie mit einem überzeugenden taktischen Gesicht.

Der junge Coach hat die Bayern nicht besser gemacht, und er hat noch nicht über eine längere Zeit zeigen können, warum der Klub für ihn eine Ablösesumme von 25 Millionen Euro zahlte und ihm einen Fünfjahresvertrag gab. Mit Wortgewalt ist es da nicht getan. Deshalb steht Nagelsmann ebenso wie seine Spieler unter Beobachtung. Nicht nur bei Stuttgarts Konkurrenten im Abstiegskampf.

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