Historischer DFL-Vorschlag Der deutsche Fußball ruht ab Dienstag

Frankfurt · Die Corona-Pandemie hat auch den deutschen Fußball in die Knie gezwungen, ab der kommenden Woche soll vorerst der Ball ruhen. Zahlreiche Fragen sind ungeklärt.

 Leere Sitze im Stadion.

Leere Sitze im Stadion.

Foto: dpa/Fabian Strauch

Die Notbremse wird gezogen, der Profifußball in Deutschland kommt zum Stillstand - allerdings erst ab der nächsten Woche. Das Präsidium der Deutsche Fußball Liga (DFL) hat am Freitag in einer historischen Entscheidung vorgeschlagen, wegen der Corona-Pandemie den Spielbetrieb in der Bundesliga und 2. Liga ab dem kommenden Dienstag bis einschließlich 2. April auszusetzen.

Sollten die 36 Profiklubs dem Vorschlag bei der außerordentlichen Mitgliederversammlung am Montag in Frankfurt/Main zustimmen, wird erstmals seit dem Zweiten Weltkrieg (1944/45) der Ligabetrieb unterbrochen. Betroffen wäre allerdings lediglich der 27. Spieltag (20. bis 22. März).

Die neun Partien des 26. Bundesliga-Spieltags sollen aber noch als Geisterspiele ohne Zuschauer über die Bühne gehen, auch wenn man sich "weiter im engen Austausch mit dem Bundesgesundheitsministerium beziehungsweise den lokalen Gesundheitsbehörden" befinde, so die DFL: "Die Gesundheit der gesamten Bevölkerung und damit auch aller Fußballfans sowie aller Akteure der Bundesliga und 2. Bundesliga hat oberste Priorität."

Daher könnte das Montagsspiel zwischen Werder Bremen und Bayer Leverkusen noch abgesagt werden. Die Stadt Bremen erwartet nach Informationen des NDR trotz des vorgesehenen Geisterspiels mindestens 1000 Menschen rund ums Weserstadion, Innensenator Ulrich Mäurer will dem Senat daher eine Absage vorschlagen.

Das Ziel der DFL sei aber "weiterhin, die Saison bis zum Sommer zu Ende zu spielen", teilte die DFL mit: "Aus sportlichen Gesichtspunkten, aber insbesondere auch weil eine vorzeitige Beendigung der Saison für einige Klubs existenzbedrohende Konsequenzen haben könnte."

Mit dem 2. April endet die Länderspielpause, in der "zwischen allen Klubs unter Berücksichtigung der dann vorliegenden Erkenntnisse, zum Beispiel auch hinsichtlich des internationalen Spielkalenders, über das weitere Vorgehen befunden werde", ergänzte die DFL.

Sollte es nach der Länderspielpause nicht wie erhofft weitergehen, würden sich zahlreiche Folgefragen stellen. Kann die Saison dann überhaupt beendet werden? Wird es erstmals seit 1947 keinen deutschen Meister geben? Wie werden Auf- und Abstieg geregelt? Und wie die finanziellen Folgen aufgefangen? Wird im Falle eines Saisonabbruchs die Tabelle "eingefroren" und gewertet - oder wird sie neutralisiert?

Bleiben die Ligen also, wie sie sind? Das wäre beispielsweise extrem bitter für den Tabellenführer der 2. Liga, Arminia Bielefeld. Andere würden aufatmen: der SC Paderborn oder Fortuna Düsseldorf. Werden allerdings die bisherigen Spiele gewertet, wäre der FC Bayern Meister, und es wäre Werder Bremen mitzuteilen, dass der Klub abgestiegen ist. Die 3. Liga, getragen vom Deutschen Fußball-Bund (DFB), hatte bereits die kommenden Spieltage verschoben.

Die DFL-Spielordnung beinhaltet keinen Paragraphen, der den Abbruch einer Saison regelt. "Das ist nicht vorgesehen. Wir müssten dafür neue Beschlüsse fassen", sagte der zuständige Direktor, Ansgar Schwenken, bei sportschau.de. Und damit nicht genug. Was ist mit Spieler-, Fernseh-, Werbeverträgen? Abstellungen, Länderspielen, der EM? Das Ringen um Antworten könnte Gerichte und Sportgerichte monatelang beschäftigen.

Mit seiner Zwischenlösung "Geisterspiele" kann sich der deutsche Fußball nur ausgesprochen kurz über Wasser halten. Schnell wurde klar, wie absurd und sinnlos Profi-Spiele ohne Fans wirken. Vor dem Stadion von Borussia Mönchengladbach versammelten sich zum Derby gegen den 1. FC Köln Hunderte in Verkennung der Corona-Lage, um ihre Mannschaft dennoch zu unterstützen. So ergibt alles keinen Sinn.

Die Dynamik der Corona-Pandemie wurde so stark, dass sich die jüngsten Aussagen der Liga-Oberen nicht mehr halten ließen. Noch am Dienstag hatte der Ligaverband mitgeteilt: "Die laufende Saison 2019/20 muss wie vorgesehen bis zum Sommer 2020 zu Ende gespielt werden, um Auf- und Absteiger sowie die Teilnehmer für die internationalen Wettbewerbe zu ermitteln." Nur dadurch erhielten Klubs und DFL "trotz schwieriger Umstände für die kommende Saison Planungssicherheit, zum Beispiel auch mit Blick auf Spielerverträge, die nur für eine Liga Gültigkeit haben".

Doch der Druck wuchs stündlich. Sportdirektor Michael Zorc von Borussia Dortmund hatte in der Süddeutschen Zeitung angeregt, eine Verschiebung "würde uns Luft schaffen, um geordnet und angemessen den Spielbetrieb jetzt zu unterbrechen. Und erst wieder zu spielen, wenn die Sicherheit und Gesundheit von allen Beteiligten wieder zu gewährleisten ist."

In ganz Europa kämpfen die Ligen ebenfalls mit den Corona-Folgen, die gesamten Mannschaften von Real Madrid und Juventus Turin mussten zum Beispiel in Quarantäne. Timo Hübers von Hannover 96 war der erste infizierte Profi in Deutschland. Hannovers Spiel gegen Dynamo Dresden am Sonntag wurde abgesagt.

(eh/sid)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort