Wer wird Millionär? Das Trainingslager als Talentshow

Düsseldorf · Die Bundesligisten haben Nachwuchsspieler mit in ihre Rückrundenvorbereitung genommen. Bei Bayern München gehört der erst 15-jährige Torwart Christian Früchtl zum Kader, Dortmund setzt auf Felix Passlack.

Diese Talente schnuppern Profi-Luft
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Foto: Imago

Manuel Neuer lässt Vorsicht walten. Der Weltmeister hat schon viele Talente kommen und in der Bedeutungslosigkeit versinken sehen. Viele, denen ihre Berater eingeflüstert haben, sie seien die Allergrößten oder würden es irgendwann einmal sein. Im Wintercamp des FC Bayern München sind Neuer und Christian Früchtl Trainingspartner. Früchtl zählt zweifellos zu den größten Torwarttalenten im an Torwarttalenten reichen Land. Er fällt auf. Weil er erst 15 Jahre alt ist. Weil er in diesen jungen Jahren schon 1,90 Meter groß ist. Und weil er Schuhgröße 50 trägt. Nur das Singen muss er noch üben, wie dieser Tweet vom Jerome Boateng beweist.

"Er hat auf jeden Fall Talent. Aber man kann nicht sagen, was aus dem Christian wird. Aber er hat gute Voraussetzungen", urteilt Neuer. Der Eindruck sei nach fünf Tagen "sehr gut", erklärt der beste Torhüter der Welt. "Er ist anderthalb Köpfe größer als ich in seinem Alter. Er passt auf, ist aufmerksam, versucht viel zu lernen. Er ist totales Mitglied im Torwartkreis." Hohes Lob!

Der aus dem Ferienort Bischofsmais im Bayerischen Wald stammende Früchtl ist in Doha als vierter Bayern-Torwart neben den Profis Neuer, Sven Ulreich und Tom Starke dabei, um auf höchstem Niveau dazuzulernen. Fürchtl ist eines der großen Versprechen, die der deutsche Fußball seit der Reform der Nachwuchsförderung vor gut 15 Jahren in schöner Regelmäßigkeit hervorbringt. Ein anderes ist Dennis Otto (17). Der 1,96 Meter große Torhüter aus Gehrden bei Hannover durfte im Herbst erstmals mit den Profis des FC Barcelona trainieren.

Womöglich gehören die beiden Schlussleute zu den Profis, die schon bald für Millionen gehandelt werden und Millionen verdienen. Um welche schwindelerregenden Summen es auf dem völlig überhitzten Markt für hoffnungsvolle Fußball-Teenies geht, macht ein Blick auf den internationalen Markt deutlich. Für sieben Millionen Euro hat der FC Liverpool gerade den Serben Mark Grujic (19) von Roter Stern Belgrad verpflichtet und gleich wieder zurück nach Serbien verliehen. Und für den damals 16-jährigen Norweger Martin Ödegaard zahlte Real Madrid 2,7 Millionen Euro an dessen Heimatklub Strömsgodset.

Die Bundesligaklubs nutzen die Trainingslager im Sommer wie im Winter, um Talente in den Trainingsbetrieb der Profis einzubinden. Sie stocken mit ihnen ihre Kader auf, um auch Elf-gegen-Elf spielen zu können. Gleichzeitig testen sie, wie sich die Nachwuchsleute im Kreis der Großen verhalten.

Felix Passlack (17) war bereits im vergangenen Winter im spanischen La Manga Teil der Delegation von Borussia Dortmund. Der 1,70 Meter große offensive Mittelfeldspieler wird aufgrund seiner Schnelligkeit, Technik und Abschlussstärke bereits mit Mario Götze, dem Schützen des WM-Finaltors, verglichen. Sportchef Michael Zorc mag diesen Vergleich freilich nicht. Mahnendes Beispiel beim BVB ist der als Jahrhunderttalent gepriesene Lars Ricken, dessen Höhenflug jäh endete.

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Auch die rheinischen Klubs fördern vielversprechende deutsche Talente. Tsiy William Ndenge (18) bei Borussia Mönchengladbach zum Beispiel. Der technisch versierter Linksfuß erhielt einen bis Juni 2019 laufenden Profivertrag. "Wir trauen ihm zu, es bis in die Bundesliga zu schaffen", sagte Sportdirektor Max Eberl. Ndenge absolviert derzeit die Wintervorbereitung mit den Profis im türkischen Belek. Das Portal "Transfermarkt" schätzt seinen Marktwert auf 100.000 Euro. Ndenge gehört übrigens zu den Profis, die nicht nur auf dem Platz gute Leistungen bieten. Das Abitur machte der Sohn kamerunischer Eltern mit 16. Bereits mit 17 startete er an der Hochschule Niederrhein ein Studium der Wirtschaftsinformatik.

Bayer Leverkusen hat Joel Abu Hanna (17) mit ins Trainingslager nach Florida genommen. Sein Vorzug: Er spielt als Innenverteidiger auf einer Position, auf der in Deutschland Mangel herrscht. In der "Uefa Youth League", in der die Nachwuchsmannschaften der Champions-League-Teams spielen, hat er sich empfohlen. Doch am Sonntag musste Abu Hanna das Trainingslager wegen einer Muskelverletzung vorzeitig verlassen.

Leverkusens langgedienter Nachwuchschef Jürgen Gelsdorf weiß: "Die Talentprognose bedeutet auch Glaskugellesen." Den Prozentsatz der Jugendspieler, die es aus einem Leistungszentrum im eigenen Verein in den Profikader schaffen, schätzen Experten auf nicht mehr als zehn Prozent.

(RP)
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