Analyse Relegation muss abgeschafft werden

Wolfsburg · Nur mit reichlich Dusel hat der VfL Wolfsburg den Klassenerhalt gegen Eintracht Braunschweig geschafft. Erstklassig waren die Auftritte der Wölfe keineswegs. Es ist an der Zeit, den Modus zu ändern.

VfL Wolfsburg weiter in der 1. Bundesliga – Pressestimmen
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Wolfsburg rettet sich – Pressestimmen

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In den vergangenen Tagen ist eifrig über die Fußballkultur in diesem Lande diskutiert worden. Es war eine leidenschaftliche Debatte darüber, was rund um ein Spiel erlaubt sein sollte - und was besser nicht. Die organisierten Fans haben vor einer Helenefischerisierung des Sports gewarnt und dafür viel Zustimmung erhalten. Teile der Anhängerschaft von Eintracht Braunschweig haben indes eindrucksvoll vorgeführt, was der Fußball ganz bestimmt noch viel weniger braucht als einen Gesangsauftritt von Helene Fischer in der Halbzeitpause: Hass. Eine Bilanz der Relegation.

Der Ausblick Wolfsburg gegen Braunschweig - es hätte gar nicht soweit kommen müssen. Alle Jahre wieder steht das Format Relegation in der Kritik. Von den Bundeslisten gibt es keinen Vorstoß, am Prozedere etwas zu ändern. Für sie ist es relativ komfortabel - nur zwei sichere Absteiger, ein dritter Wackelkandidat setzt sich in der Regel im Nachsitzen durch. So wächst das Gefälle zwischen Erster und Zweiter Liga immer weiter. Ein sportlich fairer Vergleich ist durch die unterschiedlichen finanziellen Voraussetzungen schon jetzt nicht mehr gegeben.

Die Alternative Es ist gewiss nicht alles erstrebenswert, was der englische Fußball vormacht. Doch in diesem Punkt lohnt ein Blick auf die Insel: Dort gibt es drei feste Absteiger aus der Premier League, dazu zwei direkte Aufsteiger. Ein dritter Klub wird in Playoffs ermittelt, für die sich die Zweitligisten von Platz drei bis sechs qualifizieren. Das Finale könnte dann an einem festen Ort wie das Pokalendspiel in Berlin ausgetragen werden. In England gibt es in der höchsten Spielklasse 20, in der zweiten Liga 24 Teams - eine Aufstockung in Deutschland wäre bei diesem Modell sinnvoll.

Das Spiel Der VfL Wolfsburg hat sich in den beiden Entscheidungspartien jeweils 1:0 gegen Braunschweig durchgesetzt und ist weiter erstklassig. Verdient ist der Klassenerhalt indes nicht, Werbung für den Fußball war das schon gar nicht. Auch in der Relegation konnten die Wölfe trotz eines Kaders mit internationalem Anspruch nur bedingt den Nachweis ihrer eigentlichen Spielstärke erbringen.

Die Aufreger Die Braunschweiger Fans hatten nicht erst seit dem Handspiel im ersten Aufeinandertreffen Mario Gomez als Feindbild ausgemacht. Unaufhörlich bedachten sie den Angreifer in ihren Gesängen mit Schmähungen, die allesamt in ihrer Peinlichkeit für sich sprachen. Nach der Niederlage stürmten hunderte Braunschweiger auf den Platz und wollten in Richtung Wolfsburger Block. Die Polizei hatte die Lage schnell im Griff. Ein Ordner war zuvor durch einen Böllerwurf verletzt worden.

Der Gewinner Mario Gomez erzielte im Hinspiel den Siegtreffer für seinen Arbeitgeber. Und auch in der entscheidenden Begegnung erwies er sich als einer der wenigen echten Führungsspieler im Kader der Niedersachsen. Seine stärkste Szene hatte er nach Abpfiff, als er angesprochen auf den Gewaltausbruch der Braunschweiger sagte: "Ich kann nichts mit dem Hass im Fußball anfangen. Nach den fürchterlichen Anschlägen in Manchester liegen wir uns alle in den Armen, und ein paar Tage später verhalten wir uns selber wie Affen." Ob Gomez indes beim VfL bleibt, ist noch ungewiss. Gomez: "Ab heute kümmere ich mich erstmal nur noch um meine Frau."

Die Feier Die hohen Herren in der Führungsetage von Volkswagen hatten der Damenabteilung des Werksklubs nach deren Pokaltriumph am vergangenen Wochenende noch jegliche Feieraktivitäten verboten - aus Solidarität mit den Männern, die da ja noch im Abstiegskampf steckten. Andries Jonker, der Trainer der Männer, konnte die Vorgabe nicht so ganz verstehen und stellte seinerseits fest: "Dann machen wir zusammen eine große Party."

Dabei hätten ja nur die Frauen auch wirklich Grund zu feiern.

(gic)
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