Bundesliga 21/22 Die Tops und Flops der Hinrunde
Die Hinrunde der Bundesliga-Saison 2021/22 hat für reichlich Schlagzeilen gesorgt. Egal ob in München oder bei Borussia Mönchengladbach, in Freiburg oder von Torjäger Anthony Modeste. Sehen Sie hier die Tops und Flops der Hinrunde.
Spieler der Hinrunde: Robert Lewandowski
Tore, Tore, Tore - die ewige Jagd nach Rekorden sei "nicht so leicht", sagt Robert Lewandowski. Doch der 33-Jährige lässt es so aussehen. Nach dem "ewigen" Saisonrekord von "Bomber" Gerd Müller (42 Tore 1971/72) hat er nun auch dessen Jahresrekord (42/1972) um einen Treffer überboten - wow!
Lewandowski war "sehr stolz" darauf, kommentierte diese weitere Bestmarke aber auch mit der ihm eigenen Bescheidenheit: Mit dem großen Gerd Müller in einem Atemzug genannt zu werden, sei "eine große Ehre".
Die Bayern übertreffen sich seit Wochen mit Elogen auf ihren "Lewa", den sie angeblich selbst für Sturmjuwel Erling Haaland nicht eintauschen würden - auch wenn der Norweger zwölf Jahre jünger ist.
Der Erfolg gibt ihnen recht. In Lewandowski sehen sie den Garanten für den nächsten Angriff auf Europas Fußball-Krone, in 25 Pflichtspielen dieser Saison hat er bereits 30-mal getroffen. Zunächst aber winkt eine weitere individuelle Ehrung: Am 17. Januar 2022 gibt die FIFA ihren Weltfußballer bekannt.
Aufreger der Hinrunde: Joshua Kimmich
Vom großen Vorbild des Willens und der selbstlosen Nächstenliebe zum bekanntesten Impfskeptiker des Landes - Joshua Kimmich hat einen beispiellosen Absturz erlebt. Wochenlang wurde sein Fall landauf, landab heiß diskutiert, Corona-Leugner und Querdenker jeglicher Couleur benutzten den prominenten Nationalspieler von Bayern München, um ihre kruden Argumente vermeintlich zu belegen. Das war nicht im Sinne des Profis von Bayern München.
Spätestens, als er selbst an COVID-19 erkrankte, dachte er um - spät, aber nicht zu spät. Er sei dem Irrtum aufgesessen, dass er sich vor Corona schützen könne, gab Kimmich in einem bemerkenswerten ZDF-Interview einen Fehler zu. Seine Reue klang glaubhaft, sein Ärger über die teilweise Grenzen überschreitende Berichterstattung war verständlich.
Ausgestanden ist der Fall Kimmich mit der angekündigten Impfung des 26-Jährigen aber nicht. Die Krankheit hat seine Lunge beschädigt, am Mittwoch sollen Tests Aufschluss geben, ob er wie geplant am 2. Januar zurückkehren kann. Auch bei seinem Comeback dürfte ihm die Aufmerksamkeit nicht nur der Sportwelt sicher sein.
Trainer der Hinrunde: Christian Streich
Christian Streich rührte unermüdlich die Werbetrommel für die Corona-Impfung, mit Nachdruck animierte er seine Spieler bei der Bundestagswahl zur Stimmabgabe für eine demokratische Partei: Der 56-Jährige war auch in dieser Hinrunde weit mehr als nur ein "normaler" Trainer. Der dienstälteste Coach der Fußball-Bundesliga blickte mal wieder über den Tellerrand hinaus - und erfüllte darüber hinaus seine sportliche Aufgabe beim SC Freiburg vorzüglich.
Mit bescheidenen Mitteln formte er aus dem kleinen, aufmüpfigen Außenseiter ein echtes Spitzenteam. Erst am 11. Spieltag kassierten die Breisgauer die erste Niederlage, in die Winterpause geht sein Team als Tabellendritter. Streich hole mit Freiburg seit Jahren "das Maximale heraus", schwärmte Bayern-Coach Julian Nagelsmann.
Erst kürzlich schaffte Streich mit seinem 300. Spiel als Trainer in der Bundesliga einen weiteren Meilenstein, kommende Woche feiert er zehnjähriges Dienstjubiläum beim SC. Es sei nur "sehr schwer vorstellbar", so Streich jüngst im Aktuellen Sportstudio des ZDF, "dass ich woanders hingehe".
Shootingstar der Hinrunde: Florian Wirtz
Bayer Leverkusen war sehr stolz, ein Ausnahmetalent wie Kai Havertz (22) aus den eigenen Reihen hervorzubringen und schließlich im Sommer 2020 für rund 80 Millionen Euro zum FC Chelsea transferieren zu können. Dass aber inzwischen in Florian Wirtz (18) ein Teenager drauf und dran ist, selbst Havertz zu übertreffen, das verwundert sehr.
Der offensive Mittelfeldspieler ist der Shootingstar in der Bundesliga-Hinrunde. Fünf Tore und acht Vorlagen zu Treffern weist der Youngster auf. Mit unglaublicher Dynamik und Leichtigkeit liefert der jüngste Bundesliga-Profi, der 50 Partien bestritt, Woche für Woche starke Leistungen ab.
"Er ist ein super Junge in seiner Art. Was er diese Saison für einen Einstieg gehabt hat, ist sensationell", lobte Sport-Geschäftsführer Rudi Völler im Kölner Stadt-Anzeiger die Entwicklung des U21-Europameisters, der beim Erzrivalen 1. FC Köln als Jugendlicher viele Jahre ausgebildet wurde. Sein Marktwert wird mittlerweile auf 65 Millionen Euro taxiert - Tendenz steigend!
Gejagter der Hinrunde: Erling Haaland
Karl-Heinz Rummenigge weiß zu überraschen. Alle Topteams in Europa jagen es, das unglaubliche Torphänomen Erling Haaland, es wird ein Wettbieten um die Gunst des Norwegers von Borussia Dortmund geben - aber Bayern München mag sich nicht beteiligen.
"Ich bin ganz ehrlich: Ich bin bei Haaland nicht hundertprozentig überzeugt, dass er mit seinem Stil, Fußball zu spielen, bei Bayern München so reinpassen würde, wie es bei Robert Lewandowski der Fall ist", sagt Rummenigge. Damit dürfte der langjährige Vorstandsvorsitzende unter den Meinungsmachern der Giganten recht alleine dastehen.
Haaland, zunehmend genervt von den ständigen BVB-Aussetzern, kann sich aussuchen, bei welchem Weltverein sich sein Gehalt in der kommenden Saison vervielfachen soll. Real Madrid, Manchester City, Ex-Klub seines Vaters, wen auch immer. Eines steht fest: Es wird teuer. Für den FC Bayern wohl zu teuer.
Comeback der Hinrunde: Anthony Modeste
Bloß weg. Fast egal wohin. Vor einem Jahr war das die beste, beinahe die einzige Lösung für Anthony Modeste und den 1. FC Köln. Der einstige Held von Müngersdorf war nicht mehr der Stürmer, den man kannte. Die Leistung passte nicht zum großen Namen, und das wurde immer mehr zur Last für alle Beteiligten.
Also ließ Modeste sich notfallmäßig verleihen, doch auch in seiner französischen Heimat wurde es nicht besser. Im Sommer kam dann Steffen Baumgart und redete den Rückkehrer stark, von außen wirkte das wie ein netter Versuch - ohne Erfolgsaussicht.
Dann allerdings kam ein Treffer am ersten Spieltag und einer am zweiten, Modeste war plötzlich wieder Fixpunkt des Kölner Angriffs. Und machte einfach immer weiter. Insgesamt elf Tore in der Hinrunde, er spielt, trifft und lacht wieder wie vor fünf Jahren - als er den FC in die Europa League schoss.
Und wie war all das möglich? "Wir waren ehrlich zueinander", sagt Modeste, "und das ist gut für mich."
Missverständnis der Hinrunde: Mark van Bommel
"Er passt perfekt zu unser Philosophie", sagte Sport-Geschäftsführer Jörg Schmadtke über Mark van Bommel, als der Zweijahres-Vertrag mit dem Niederländer unter Dach und Fach war. Doch der neue Trainer des VfL Wolfsburg ging bei den Niedersachsen als Coach mit der kürzesten Verweildauer in die Vereinschronik ein.
Nach nur 116 Tagen war für den 44-Jährigen Schluss am Mittellandkanal. Er war ein "Planungsfehler", wie Schmadtke mittlerweile eingeräumt hat. Vier Ligasiege zum Saisonstart, danach ging es mit den Wölfen sportlich bergab. Und auch in der Champions League blieb van Bommel sieglos.
Erinnern wird man sich bei den Wölfen noch lange an seinen peinlichen Wechselfehler im DFB-Pokal. Sechs statt fünf Auswechslungen waren gleichbedeutend mit dem Erstrunden-K.o., der Sieg beim Regionalligisten Preußen Münster wurde am Grünen Tisch in eine Niederlage umgewandelt.
Absturz der Hinrunde: Borussia Mönchengladbach
"Abstiegskampf", das war in Mönchengladbach seit der Relegation 2011 eigentlich ein Fremdwort. Zehnmal in Folge landete die Borussia am Saisonende seither auf einem einstelligen Platz, nur Bayern München und Borussia Dortmund können da mithalten. Doch nun könnte diese Serie enden - und nicht nur das. Sogar der Klassenerhalt ist nach einer enttäuschenden Hinrunde in Gefahr.
Genau genommen begann der Absturz schon in der ersten Hälfte des Kalenderjahres unter dem damaligen Trainer Marco Rose, der Champions-League-Achtelfinalist verpasste in letzter Sekunde die erneute Teilnahme an einem Europapokal. Unter Roses Nachfolger Adi Hütter, für 7,5 Millionen Euro aus Frankfurt geholt, wurde es nicht wirklich besser.
Tiefpunkt war das 0:6 im Heimspiel gegen den SC Freiburg, alle sechs Tore fielen im ersten Durchgang. "Ich sehe natürlich auch, dass die Situation nicht ungefährlich ist", sagt Hütter, der erst einmal im Amt bleibt. Der 5:0-Triumph gegen Bayern München im DFB-Pokal im Oktober ist angesichts der jüngsten Probleme deutlich in den Hintergrund getreten.
Fernschütze der Hinrunde: Milos Pantovic
Wenn Milos Pantovic allein vor dem Tor des Gegners steht, bringt er den Ball meist nicht unter. "Da war ich zu nah dran", witzelte der Mittelfeldspieler des VfL Bochum nach einer vergebenen Großchance. Ärgern musste sich der 25-Jährige nicht, denn er erzielte ohnehin das Siegtor zum 2:1 gegen den SC Freiburg - aus knapp 45 Metern.
"Das ist einfach Instinkt. Ich hatte sofort das Gefühl, dass er reingeht", sagte der Serbe, der in der Jugend von Bayern München ausgebildet wurde. Es war ja auch nicht das erste Mal: Drei Wochen zuvor hatte Pantovic beim 2:0 gegen die TSG Hoffenheim sogar aus über 60 Metern getroffen.
VfL-Trainer Thomas Reis freute sich über "so ein Zauberfüßchen in der Mannschaft". Das Problem ist jedoch: Solche Situationen sind extrem selten, im normalen Bundesliga-Fußball ist Pantovic längst nicht so erfolgreich. So auch beim 0:1-Hinrundenabschluss gegen Union Berlin: Erst verfehlte er im Nachschuss das leere Tor, dann knallte er den Ball an die Latte.
Enttäuschung der Hinrunde: RB Leipzig
Das ist der beste Kader, den RB Leipzig jemals an den Start geschickt hat. Das sagten selbst Kluboffizielle im vergangenen Sommer, von Experten und Medien gab es viel Lob für die Transferpolitik. Und ein halbes Jahr später? Hat der angeblich beste Kader die schlechteste Hinrunde der Vereinsgeschichte zu verantworten.
Das Vorrunden-Aus in der Champions League ist angesichts der bärenstarken Konkurrenz um Manchester City und Paris St. Germain noch am ehesten zu verkraften. Aber der insgeheim erhoffte Bundesliga-Angriff auf Bayern München geriet zum Rohrkrepierer.
Selbst das Minimalziel Champions League ist in Gefahr - und in der Form von der 0:2-Pleite zum Hinrundenabschluss gegen Arminia Bielefeld nicht mal ansatzweise realistisch.
Mit dem US-Amerikaner Jesse Marsch als Nachfolger für Erfolgscoach Julian Nagelsmann lagen die Verantwortlichen falsch, seine taktischen Vorstellungen passten nicht zum Kader.
Auf den neuen Trainer Domenico Tedesco wartet viel Arbeit, zumal sich innerhalb des Teams Risse auftaten. Der Ego-Anfall von Nordi Mukiele, der bei seiner Auswechslung gegen Bielefeld aufreizend langsam zum Seitenaus schlenderte und dafür auch öffentlich gerüffelt wurde, ließ ein Mentalitäts-Problem erahnen.
Punktelieferant der Hinrunde: SpVgg Greuther Fürth
Es war ja nicht alles schlecht. Es ereignete sich sogar Historisches, dies zugegebenermaßen aber auch nur, weil vorher so viel schlecht war. Am 15. Spieltag gelang der SpVgg Greuther Fürth also der erste Sieg in dieser Saison, was nach der Rekordserie von 12 Niederlagen eine Erlösung war.
Zugleich war es der erste Heimsieg im 24. Versuch, denn in der Saison 2012/2013 war das Kleeblatt ja schon mal erstklassig.
Die zweite Saison in der Bundesliga wird, wenn nicht ein Wunder geschieht, auch erst mal die zweite bleiben. Fürth hat trotz bisweilen respektabler und gelobter Auftritte ja erst 5 Punkte zum Ende der Hinrunde zusammengeklaubt, noch weniger als vor neun Jahren (9), und ist mit einem Sieg und zwei Unentschieden nur ein bisschen besser als vor 56 Jahren Tasmania Berlin (1 Sieg, 1 Unentschieden).
Wenn es wenigstens 7 Punkte wären. Vor einem Jahr hat Mainz 05 ja ganz eindrucksvoll vorgemacht, dass man nach einer derart miesen Hinrunde nicht absteigen muss.