Tipps vom Sportpsychologen Wie man im Abstiegskampf besteht

Düsseldorf · Für Köln, Bielefeld und Bremen geht es am letzten Spieltag um alles - Klassenerhalt oder Abstieg. Sportpsychologe René Paasch erklärt, worauf die Spieler verzichten sollten und was bei der Vorbereitung wichtig ist.

Während Hertha BSC gerettet ist, geht es für Kölns Ellyes Skhiri (l.) und Ondrej Duda (r.) am letzten Spieltag mit ihrer Mannschaft noch um Klassenerhalt oder Abstieg.

Während Hertha BSC gerettet ist, geht es für Kölns Ellyes Skhiri (l.) und Ondrej Duda (r.) am letzten Spieltag mit ihrer Mannschaft noch um Klassenerhalt oder Abstieg.

Foto: dpa/Soeren Stache

Die Klagen über die Fußball-Bundesliga werden jedes Jahr wieder laut: zu langweilig sei sie, zu berechenbar und am Ende geht es um nichts mehr. Keine Frage, die Meisterschaft ist im Prinzip seit Wochen schon entschieden. Seit dem vergangenen Wochenende steht auch fest, wer in der kommenden Saison international spielen wird. Einzig der erste Starter in der Conference League muss noch ausgespielt werden. Dürfen Borussia Mönchengladbach oder der 1. FC Union Berlin die deutsche Fahne im dritten Uefa-Wettbewerb hochhalten? Für die Anhänger beider Lager keine unwichtige Frage. Für die Allgemeinheit aber wohl nur ein Randaspekt in der Bundesliga. Denn eine wichtige Frage ist – wie so oft in der Vergangenheit auch – am letzten Spieltag noch zu klären. Die nach der Ligazugehörigkeit einiger Klubs.

Mit dem 1. FC Köln, Arminia Bielefeld und dem SV Werder Bremen kämpfen noch gleich drei Teams um den Klassenerhalt. Nur eine Mannschaft wird es am Ende schaffen können, eine wird neben dem FC Schalke 04, der bereits seit Wochen als Absteiger feststeht, den Gang in Liga zwei antreten. Der dritte im Bunde kann immerhin auf zwei Zusatzchancen in den Relegationsspielen gegen den Drittplatzierten der Zweiten Bundesliga hoffen. Wer das sein wird? Auch das ist vor dem abschließenden Spieltag offen.

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Es geht also sowohl in der Bundesliga als auch in der Zweiten Liga noch im eine Menge – von wegen Langeweile. Es geht um nicht weniger als die Zukunft der Klubs und vor allem der Spieler. Es geht auch um die private Situation der Spieler. Beim Abstieg werden sich einige nach einem neuen Arbeitgeber umgucken, für ihre Familien ein neues zu Hause finden müssen. Von der Ligazugehörigkeit hängt also nicht nur aufgrund er Corona-Pandemie eine Menge ab. Die mentale Belastung vor dem Saisonfinale ist also entsprechend hoch für jeden einzelnen Akteur. Ein Umstand, der im modernen Fußball noch immer zu selten im Fokus steht, wenn es um schmerzvolle Niederlagen geht.

Das weiß auch der Sportpsychologe René Paasch aus dem Ruhrgebiet, der bereits diverse Profifußballer in genau solchen Momenten beraten hat. Er hat die Hoffnung, dass die Vereine schon in den vergangenen Wochen ihre Hausaufgaben für diese so unberechenbare Situation am letzten Saisonspieltag gemacht haben. „Ich vergleiche das oft mit Piloten, die auch ihr Leben lang auf einen möglichen Triebwerkschaden vorbereitet werden. So sollten Fußballer auch auf einen möglichen Abstieg vorbereitet werden“, sagte er im Gespräch mit dieser Redaktion.

Beim 1. FC Köln könnten seiner Meinung nach die Gespräche in den vergangenen Wochen tatsächlich daraufhin geführt worden sein. Der Verein arbeite mit einem guten Kollegen von ihm zusammen, erklärte Paasch. Dieser dürfte viel zu tun gehabt haben in der letzten Woche. Denn als 17. der Tabelle haben die Kölner selbst mit einem Sieg nicht unbedingt den Klassenerhalt sicher. Mit 30 Punkten liegt die Mannschaft von Friedhelm Funkel einen Punkt hinter Bremen und dem Relegationsplatz und zwei Punkte hinter Bielefeld und dem rettenden Ufer. „Der 1. FC Köln hat gleich einen Doppeldruck – zum einen aus dem eigenen Team, zum anderen aus dem Umfeld. Es wird sicher Spieler geben, die regelmäßig über die Konsequenzen eines Abstiegs nachdenken werden“, sagt Paasch.

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Genau das dürfe nicht passieren – ansonsten könnte es die Spieler hemmen auf dem Feld. Es sei notwendig, dass die Spieler „lernen, mit destruktiven Gedanken umzugehen und auf dem Platz zu kommunizieren“, sagte der Sportpsychologe. „Es hilft, ein Bild zu produzieren, von dem man weiß, dass es funktioniert. Je optimistischer man ist, desto besser geht man in ein Spiel. Zudem sollte jeder Spieler an der Körpersprache arbeiten. Brust raus – dann sind kaum negative Gedanken möglich. Ein konkretes Ziel für das Spiel hilft zudem bei der Fokussierung.“

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Trainer Funkel dürfe also nicht nur immer wieder das Ziel Klassenerhalt vorgeben, sondern nach Möglichkeit auch ein konkretes Ergebnis im Spiel gegen Schalke. Beliebt in solchen Situationen – nicht nur bei Fans – ist die Verfolgung der Parallel-Spiele via Livestream oder Radio. Legendär sind die Bilder von Anhängern mit dem Radio am Ohr auf der Tribüne. Inzwischen ist der Livestream der Bundesliga-Übertragungen auch auf den Trainerbänken angekommen. So könnte theoretisch jeder Spieler noch auf dem Feld wissen, wie es wo anders steht. Davon rät Paasch im Abstiegskampf der Bundesliga – aber auch im Aufstiegsrennen der Zweiten Liga – ab. „Für die Spieler wäre es nicht hilfreich, wenn sie über die Ergebnisse auf den anderen Plätzen informiert werden“, meint er. „Dann ist die Gefahr groß, dass sie unbewusst etwas nachlässig werden. Die Erfahrung und die Forschung zeigt: Das geht nach hinten los.“

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