Bundesliga-Bilanz Über-Bayern und Dortmunder Absturz

Düsseldorf · Die Hinrundenbilanz: München spaziert dem nächsten Titel entgegen, der BVB überwintert auf einem Abstiegsplatz

Borussia Dortmunds Absturz und der Durchmarsch des FC Bayern München
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Gesichter und Szenen der Hinrunde

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Die Bayern haben's nicht leicht. "Das ist schwer", klagt ihr Trainer Pep Guardiola, "immer gewinnen, gewinnen, gewinnen." Der Bundesliga-Branchenführer trägt dieses Los allerdings mit bemerkenswerter Gelassenheit und überragender Klasse. Noch nie ist ein Team mit einem größeren Vorsprung nach der Hinrunde in die Winterpause gegangen. Die Bilanz der Hinserie:

Über-Bayern Der Meister hatte die meisten Spieler bis zum Schluss im WM-Einsatz. Trotzdem beherrscht er die Liga wie nie zuvor. Vermeintliche Konkurrenten aus dem oberen Drittel der Tabelle feiern Unentschieden gegen die Bayern wie Meisterschaften. Guardiola bastelt zu jedem Spiel an einem neuen System. Und er hat sein Aufgebot an Klasseleuten durch den erstaunlich gut funktionierenden Zugang Xabi Alonso noch einmal entscheidend verstärkt. Die Bayern schossen die meisten Tore, sie haben lediglich vier Gegentreffer zugelassen, ihr Schlussmann Manuel Neuer ist unterdessen im Feld mehr beschäftigt als in seinem eigentlichen Arbeitsgebiet. Der nächste Titel ist nur noch einen Spaziergang weit entfernt.

Der gestürzte Verfolger Borussia Dortmund galt trotz des schmerzhaften Abgangs von Robert Lewandowski nach München als einzige Mannschaft, die den Bayern das Wasser reichen könnte. Das direkte Aufeinandertreffen im Herbst scheint die Einschätzung sogar zu bestätigen. Da mussten die Münchner wirklich hart arbeiten, ehe ihr 2:1-Erfolg unter Dach und Fach war. Darüber hinaus aber lieferte der BVB reichlich enttäuschende Auftritte ab. Lange redete sich der finanzstärkste Westklub seine Vorstellungen schön, verwies auf Torchancen und Überlegenheit im Spiel und vergaß, dass der Fußball ein Ergebnisspiel ohne Schönheitspreis ist. Zuletzt war's dann auch nicht mehr schön, was der Champions-League-Finalist von 2013 in der Bundesliga anbot. Der BVB überwintert auf einem Abstiegsplatz. Und er wird diesen Rang sicher nicht wegen seiner zurückliegenden Verdienste um das Ansehen des deutschen Fußballs verlassen.

Die besten Sprüche der Hinrunde
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Das Rennen um Europa Weil die Bayern überhaupt keinen Verfolger haben, ist der Kampf um die Champions-League-Plätze der Wettbewerb mit dem größten Unterhaltungspotenzial. Der VfL Wolfsburg hat es mit großem finanziellen Aufwand, geschickter Transferpolitik und den beiden richtigen Führungspersonen (Trainer Dieter Hecking und Sportdirektor Klaus Allofs) geschafft, Rang zwei zu besetzen. Der VfL spielt in etwa die Rolle, die den Dortmundern zugedacht war. Dahinter knubbelt es sich. Weil keine der Mannschaften von Leverkusen über Mönchengladbach bis Hoffenheim und Hannover furchtbar große Konstanz nachwies, wird das Rennen um Europa auch die Rückrunde bestimmen. Wer es böse ausdrücken will: Es ist ein Rennen der Mittelmäßigen um einen großen Preis.

Der Außenseiter Mitten drin in diesem Wettbewerb: der FC Augsburg. Mit dem zweitniedrigsten Etat aller Bundesligisten mischen die bayerischen Schwaben die vermeintlich größere Konkurrenz munter auf. Selbst kleinere Rückschläge wie zwei Niederlagen in Folge stecken sie mit einem verblüffenden Selbstbewusstsein weg. Die 27 Punkte der Hinrunde sind ein sensationelles Ergebnis, weil im Sommer wieder mal Stammspieler mit besser dotierten Verträgen weggelockt wurden. Die Mannschaft lebt von den vielzitierten Automatismen, schließlich spielt sie im Kern schon über Jahre zusammen. Und sie hat ganz offensichtlich einen Zusammenhalt, der anderswo fehlt. Inzwischen redet sogar der eine oder andere vom europäischen Wettbewerb. Manager Stefan Reuter wünscht sich das vielleicht nicht. Denn europäischer Fußball erfordert eine gut besetzte Ersatzbank. Die hat Augsburg nicht, und die kann es sich auch nicht leisten.

Die Taktik Die Bundesliga ist, immer abgesehen von der Stellung der Bayern, eine sehr ausgeglichene Liga. Im Vorbeigehen gewinnen auch die vermeintlichen Spitzenmannschaften ihre Begegnungen mit den Teams aus dem unteren Drittel nicht. Das liegt auch am taktischen Niveau der Mannschaften. Die defensive Ordnung im "Spiel gegen den Ball", über das seit Jahren sogar der Stammtisch stundenlang philosophieren kann, beherrschen alle Teams. Deswegen sind sie zunächst mal schwer zu bezwingen. Weil viele auch das Kontern (heute: "Umschaltspiel") perfekt beherrschen, muss ihnen darüber hinaus vorsichtig begegnet werden. Das hebt nicht immer den Unterhaltungsfaktor. Aber es sorgt für Gesprächsstoff. Das taktische Modell einer Dreier-Abwehrkette, das die Bayern im Pokalfinale gegen Borussia Dortmund praktizierten, erlebt vielerorts eine eigene Variante. Gelegentlich erinnert die an die deutschen Defensivbollwerke der 70er und 80er Jahre mit Libero.

Die Top-Elf der Hinrunde
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Der HSV Franz Beckenbauer, der Erfinder des Libero-Spiels, stand zum Ende seiner großen Karriere beim Hamburger SV unter Vertrag. Das war damals ein großer Verein. Viele glauben, er sei das noch immer - namentlich seine Fans. Obwohl jedoch im Sommer noch einmal 25 Millionen Euro ins Team investiert wurden, krebst das Gründungsmitglied der Bundesliga wieder einmal im Abstiegskampf herum. Eine erschütternd schlechte Torausbeute (nur neun Treffer) macht den ersten Abstieg wahrscheinlicher als einen Aufschwung. Zu allem Überfluss drücken große Schulden. Dass der Milliardär Klaus-Michael Kühne, der den Klub in den vergangenen Jahren mit 25 Millionen Euro unterstützte, sein Geld zurückverlangt, kann sogar die Lizenz gefährden. Der HSV büßt für Fehler der Vergangenheit und seine Überheblichkeit in der Gegenwart.

Hinrunde: Fakten
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SC Paderborn Zurzeit würde er gern mit dem SC Paderborn tauschen. Der Bundesliga-Exot behauptet sich mit 19 Hinrunden-Punkten und widerlegt die Fachwelt. Nach deren Meinung hätten die Ostwestfalen gar nicht erst antreten müssen, weil der Abstieg unvermeidbar ist. Die halbe Miete zum Klassenerhalt ist schon eingefahren.

(RP)
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