Kantersieg im Revierderby Dortmund setzt gegen Schalke ein stilles Ausrufezeichen

Dortmund · Trotz neun Wochen Corona-Pause präsentiert sich der BVB im prestigeträchtigen Derby meisterlich. Auch ohne eigene Fans im Stadion deklassiert die Favre-Elf den Rivalen mit 4:0. Es ist der höchste Sieg im Nachbar-Duell seit 54 Jahren.

Bundesliga 2019/20: Borussia Dortmund gegen Schalke 04 - die Bilder des Spiels
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Borussia Dortmund - Schalke 04: die Bilder des Spiels

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Foto: dpa/Martin Meissner

Geisterhafte Stille, meisterlicher Auftritt: Auch ohne die „Gelbe Wand“ im Rücken hat Borussia Dortmund mit einem furiosen Derby-Sieg gegen den FC Schalke 04 seine Position als Bayern-Jäger Nummer eins untermauert. Nach neunwöchiger Corona-Pause Pause zerlegte der verletzungsgeschwächte BVB den überforderten Revier-Nachbarn am Samstag im ersten Geisterderby der Bundesliga-Geschichte beim deutlichen 4:0 (2:0).

„Wir sollten und wollten dieses Spiel unbedingt gewinnen - für unsere Fans. Sie sitzen zuhause vor dem Fernseher. Der Schlüssel war, dass die Mannschaft gut zusammengespielt hat“, sagte BVB-Coach Lucien Favre. Auch Sportdirektor Michael Zorc war „sehr erleichtert“: „Wir wussten ja nicht, wo wir stehen nach dieser langen Pause. Ich kann der Mannschaft nur ein Kompliment machen, dass sie das hervorragend umgesetzt hat. Wir haben das Spiel verdient gewonnen, auch in dieser Höhe.“

Trotz gähnend leerer Ränge ließen sich die BVB-Profis nach Toren von Erling Haaland (29.), Raphael Guerreiro (44./63.) und Thorgan Hazard (48.) den Gang vor die Südtribüne nach dem Abpfiff nicht nehmen und feierten den Erfolg mit La Ola. Nur Brandt, der sich mit zwei Assists in guter Form präsentierte, schaffte es nach 90 Minuten nicht mal mehr bis vor die grauen Betonstufen, wo ansonst fast 25 000 Fans gejubelt hätten. „Ich saß auf der Bank, ich habe die Kraft nicht mehr zusammenbekommen, vor die Südtribüne zu gehen“, sagte Brandt.

„Wir kennen diese Stille im Stadion. Vielleicht haben wir deshalb einen kleinen Vorteil gehabt“, meinte der Nationalspieler mit Verweis auf das Champions-League-Aus in Paris kurz vor dem Corona-Shutdown.

Noch schlimmer als die Stille war für Schalkes Aufsichtsratchef Clemens Tönnies wohl die höchste Derby-Pleite seit 54 Jahren. 1966 unterlag Schalke 2:6. „Da gibt es einiges aufzuarbeiten. Ich weiß nicht genau, was die Ursache war, aber ich denke, darüber werden wir reden“, sagte Tönnies in der Sky-Sendung „Wontorra“ anschließend.

Schalke-Coach David Trainer Wagner hatte schon vor der Partie leichte Bedenken wegen der kurzen Vorbereitungszeit. Dies können sich auf die Fitness, aber auch auf Taktik und Harmonie auswirken. In der Realität sah er sich wenig später bestätigt. „Wir haben kein gutes Spiel gemacht. Derby-Niederlagen sind prinzipiell unangenehm - auch in dieser skurrilen Atmosphäre“, sagte er. Die Negativ-Serie von nun acht Spielen ohne Sieg nimmt bei den Königsblauen bedenkliche Ausmaße an, der Europapokal-Platz ist erstmal futsch.

Der BVB wirkte frischer und zielstrebiger, dennoch dauerte es bis zur 29. Minute, ehe Haaland nach glänzender Vorarbeit von Brandt und dem kurzfristig für Giovanni Reyna in die Startelf gerutschten Hazard seinen zehnten Liga-Saisontreffer markierte. Noch kurz vor der Pause erhöhte Guerreiro auf 2:0.

BVB-Chef Watzke konnte gleich in doppelter Hinsicht zufrieden sein. Das von der DFL ausgearbeitete Hygiene- und Sicherheitskonzept wurde sehr gut umgesetzt. Außerhalb des Stadions kam es nicht zu den von einigen befürchteten Fan-Ansammlungen. Zudem sah Watzke, dass seine Borussia - zumindest für einen Tag - den Abstand zum Spitzenreiter FC Bayern, der erst am Sonntag bei Union Berlin antritt, auf einen Zähler verkürzte. Anderthalb Wochen vor dem Liga-Gipfel am 26. Mai gegen die Münchner ließ sich der BVB nicht abschütteln.

Gleichwohl war der Wiederbeginn für Hans-Joachim Watzke „surreal“. Ein Derby unter den Bedingungen sei „schon gewöhnungsbedürftig“, sagte der BVB-Boss bereits vor dem Anpfiff. Auch seine Anspannung räumt er ein, obwohl sich diese spätestens mit dem 3:0 durch Hazard kurz nach dem Wechsel gelöst haben dürfte. Der 800. Bundesliga-Sieg des BVB geriet nie wirklich in Gefahr.

Auch weil die Schalker Offensive einmal mehr in der Rückrunde völlig enttäuschte und die Defensive sich als unerwartet löchrig erwies. Laut Wagner soll das bald besser werden: „Wir haben im Training eine viel höhere Qualität, das stimmt mich für die nächsten Spiele zuversichtlich.“

(pabie/dpa)
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