Wiederholungsspiel nach Videobeweis? Sportrechtler uneins über Einspruch-Chancen von Köln

Düsseldorf · Noch hat der 1. FC Köln seine Ankündigung, gegen die Spielwertung des Bundesligaspiels bei Borussia Dortmund (5:0) Protest einzulegen, nicht in die Tat umgesetzt. Sollte dies im Rahmen der Frist bis Dienstag noch passieren, gibt es sehr unterschiedliche juristische Auffassungen über die Erfolgsaussichten.

Borussia Dortmund - 1. FC Köln: Sokratis-Treffer wird nach Videobeweis anerkannt
11 Bilder

Sokratis-Treffer wird nach Videobeweis anerkannt

11 Bilder
Foto: ap, mm

"Es wird entscheidend darauf ankommen, ob der Ball vor dem Pfiff des Schiedsrichters schon die Linie überquert hat", sagte Jan F. Orth, Richter am Landgericht Köln und einer der führenden Sportrechtsexperten des Landes, unserer Redaktion. "Sollte dies nicht der Fall sein, was durch entsprechende Sachverständige, die das TV-/Ton-Material auswerten, festgestellt werden kann, hat ein etwaiger Einspruch des 1. FC Köln gute Erfolgsaussichten."

Orth weiter: "Dann liegt nämlich ein Regelverstoß vor, weil das Spiel mit Schiedsrichter-Ball hätte fortgesetzt werden müssen. Dieser hätte meines Erachtens auch mit hoher Wahrscheinlichkeit Einfluss auf das Spielergebnis gehabt. Denn das umstrittene 2:0 fällt in einer sehr frühen Spielphase, in der der 1. FC Köln noch besser mitgespielt hat und möglicherweise, wäre das Tor nicht anerkannt worden, den Ausgleich hätte erzielen können. Dann nimmt das Spiel einen ganz anderen Verlauf."

Deutlich pessimistischer schätzt dagegen Sportanwalt Stephan Dittl die Sachlage ein. "Ein Regelverstoß des Schiedsrichters führt nur dann zur Spielwiederholung, wenn der Regelverstoß die Spielwertung als verloren oder unentschieden mit hoher Wahrscheinlichkeit beeinflusst", sagte er. "Daran habe ich dann doch meine Zweifel bei dem Verlauf und Ausgang des Spiels."

Videoschiedsrichter-Regel spricht gegen Kölner Erfolg

Ein Kölner Einspruch gegen die Spielwertung könnte schon aufgrund der Regularien für die Testphase des Videobeweises wenig Aussicht auf Erfolg haben. Im Protokoll des International Football Association Board (IFAB) wird ausgeschlossen, dass Fehlentscheidungen des Video-Schiedsrichter-Assistenten (VSA) Einfluss auf die Spielwertung haben können. Der 1. FC Köln gab am Montag bekannt, dass er erst am Dienstag über einen Einspruch entscheiden wird.

"Es liegt eine Fehleinschätzung des Schiedsrichtergespanns im Hinblick auf den Zeitpunkt des Pfiffs vor", sagte IFAB-Geschäftsführer Lukas Brud dem SID am Montag: "Doch diese Situation ist klar im Protokoll festgelegt. Selbst wenn der Schiedsrichter und der Video-Assistent eine Sachlage falsch bewerten, gibt es keinen Anlass, das Spiel zu wiederholen." Dass sich dennoch die Verbandsgerichte damit befassen, sei aber nicht ausgeschlossen.

Das "Protokoll" ist für alle Teilnehmer der Testphase bindend. Auf Seite neun steht: "Ein Spiel ist nicht ungültig aufgrund von Fehlfunktion(en) der VSA-Technologie, falscher Entscheidungen, die den VSA betreffen oder der Entscheidung, einen Vorfall nicht zu prüfen, oder der Prüfung einer nicht prüfbaren Situation." Der VSA sei ein "Spieloffizieller".

(erer/gic/sid)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort