Berlin im Derby-Fieber Union gegen Hertha ist auch ein Duell zweier Fußball-Philosophien

Berlin · Union Berlin gegen Hertha BSC: Am Samstag treffen die beiden populärsten Berliner Fußballklubs erstmals in der Bundesliga aufeinander. Das Stadtderby wird auch zum Duell zweier Philosophien.

Ost gegen West, Rot gegen Blau, der "Kult-Verein" aus Köpenick gegen den "Big City Club" mit Sitz in Westend: Im ersten Bundesliga-Derby zwischen Union Berlin und Hertha BSC prallen am Samstag (18.30 Uhr/Sky) Welten aufeinander.

30 Kilometer Fahrstrecke mit dem Auto oder 50 S-Bahn-Minuten liegen zwischen dem Stadion an der Alten Försterei (Fassungsvermögen: 22.012) und Herthas Heimspielstätte Olympiastadion (74.475), das die Blau-Weißen so gerne gegen eine reine Fußball-Arena eintauschen würden. Räumlich liegen die Klubs für Berliner Verhältnisse fast maximal weit auseinander - und könnten auch darüber hinaus kaum unterschiedlicher sein.

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Foto: dpa/Tim Rehbein

Union gegen Hertha - in einer Stadt, in der Unterschiede zwischen Ost und West knapp 30 Jahre nach dem Mauerfall noch immer erkennbar sind, wird das Spiel auch zu einem Duell der Fußball-Philosophien und Lebensgefühle seiner Fans. Von einem "Fußball-Klassenkampf in der Stadt", hatte Union-Präsident Dirk Zingler nach dem Aufstieg gar gesprochen. Er redete von "Rivalität" und "Abgrenzung".

Union, zu DDR-Zeiten ein Underdog und städtischer Gegenpol zum "Staatsklub" BFC Dynamo, versteht sich als etwas anderer Verein, die Ost-Berliner pflegen ihr Kult-Image, nicht nur das traditionelle Weihnachtssingen ist legendär. Seine Wurzeln hat der Klub anders als Hertha BSC nie verloren, Union ist fest in Köpenick verankert - und nicht zuletzt dank des sportlichen Aufschwungs in der gesamten Stadt zunehmend populär.

"Für die Region Brandenburg und die Menschen im östlichen Teil Berlins ist es ein besonderes Spiel. Das kann man nicht wegdiskutieren", sagte Geschäftsführer Oliver Ruhnert dem SID.

Das gilt auch für Hertha-Fans aus Spandau, Charlottenburg oder Steglitz. Aus West-Bezirken wie diesen schöpft die Alte Dame ihr größtes Fan-Potenzial, auch wenn sich Hertha stets bemüht hat, als Gesamt-Berliner Verein wahrgenommen zu werden.

In über 20 Jahren Bundesliga-Fußball seit der Wiedervereinigung hat Hertha eine solide Fanbasis aufgebaut. Dennoch tut sich der Verein seit jeher schwer, das riesige Olympiastadion regelmäßig zu füllen. Abhilfe soll der Bau einer reinen Fußball-Arena schaffen, die Standortsuche ist jedoch festgefahren.

Hertha, an deren Ursprünge an der "Plumpe" in Gesundbrunnen nur noch ein Denkmal erinnert, denkt groß - und größer als Union. Nach dem Wiederaufstieg 2013 hat sich der Klub längst in der Bundesliga etabliert, finanziell und in der Qualität des Kaders ist Hertha im Vorteil. Doch der Klub will mehr sein als die Nummer eins Berlins.

Um in einem Markt, der mit immer astronomischeren Summen geflutet wird, konkurrenzfähig zu bleiben, hat Hertha mit Investor Lars Windhorst ein neues Kapitel aufgeschlagen. 125 Millionen Euro hat der Unternehmer bereits für 37,5 Prozent der Klubanteile ausgegeben, das finanzielle Engagement soll weiter ausgebaut werden. Das Ziel: die Champions League.

Windhorst träumt vom "Big City Club" Hertha BSC, vom Vorstoß in die nationale Spitze und regelmäßigen Auftritten im Europapokal. "Ich bin mir sicher, dass es dazu kommen wird. Die Frage ist, wie lange es dauert und wie viel es kosten wird", sagte Windhorst der Bild.

Herthas Anspruch, die Nummer eins der Stadt zu sein, sagte Union-Geschäftsführer Ruhnert, sei "legitim". Am Samstag wird das Kräfteverhältnis auf die Probe gestellt.

SID re tl

(lt/sid)
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