"Vizekusen" Bayers Angst vor dem nächsten Haching

Düsseldorf (RPO). Stefan Kießling hatte eine Ahnung. "Jetzt spekulieren die Medien bestimmt eine Woche lang, ob Bayer Leverkusen die Luft ausgeht", meinte der Stürmer der Werkself, nachdem sein Team per 1:1 gegen dem Hamburger SV am vergangenen Samstag den Matchball zur direkten Champions-League-Qualifikation vergeben hatte.

Bundesliga 10/11: Bayern - Leverkusen
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Kießling wurde nicht enttäuscht. Natürlich ist die Erinnerung an das "Haching-Drama" rund um die BayArena in diesen Tagen allgegenwärtig. Der Mythos "Vizekusen" lebt - auch wenn Leverkusen diesmal Gefahr läuft, nicht die Tabellenführung, sondern nur den zweiten Platz zu verspielen.

Die Vize-Meisterschaft wäre in dieser Saison nachweislich ein Erfolg. Fallen die Leverkusener nach ihrem ehemals luxuriösen Vorsprung aber noch auf den dritten Rang zurück, würden sie sich extrem ärgern. Dann müsste sich Leverkusen die Champions-League-Teilnahme erst noch in der Qualifikation im Sommer verdienen.

Der 20. Mai 2000

Und diesmal wird Leverkusen wieder von den Bayern gejagt. Ganz so wie am 20. Mai 2000, als der Mythos "Vizekusen" begründet wurde. Damals wie heute hatte Leverkusen vor dem 34. Spieltag drei Punkte Vorsprung auf den FC Bayern. Bayer brauchte im Match gegen Unterhaching nur einen Zähler, um sich den Meistertitel zu sichern.

Doch Michael Ballack und Co. versagten die Nerven. Ballack leitete die 0:2-Pleite durch ein Eigentor ein, ehe sie Patrick Oberleitner vollendete. Die Bayern besiegten Werder Bremen 3:1 und feierten den Umsturz an der Tabellenspitze. Bayers damaliger Trainer Christoph Daum, Manager Reiner Calmund und ganz Leverkusen weinten bittere Tränen.

2002 wurde der Mythos "Vizekusen" quasi gefestigt. Die Endspiele der Champions League und im DFB-Pokal wurden verloren, ebenso ließ sich Leverkusen im Schlussspurt der Bundesliga auf dem ersten Platz von Borussia Dortmund überholen.

Steigt in Freiburg das nächste "Haching-Drama"?

Jubeln jetzt wieder die Bayern? Steigt in Freiburg das nächste "Haching-Drama" des Werksklubs? Ballack ist der einzige Spieler, der bereits 2000 dabei war und jetzt wieder für Leverkusen auf dem Rasen steht. Am Samstag (15.30 Uhr/Live-Ticker) tritt Bayer zum Saisonabschluss im Breisgau an. Verliert die Elf von Trainer Jupp Heynckes und besiegt Bayern München zugleich den VfB Stuttgart, würde sich der ewige Rivale auf den zweiten Platz schieben.

Das wiederum hätte die pikante Note, dass Heynckes in der kommenden Saison mit seinem neuen Klub Bayern München direkt für die Champions League qualifiziert wäre. Leverkusen müsste dann mit dem jetzigen Freiburg-Trainer Robin Dutt in die Qualifikation für die Königsklasse.

Keine Frage, diese Konstellation geht an die Nerven. Die Angst, es wieder zu versemmeln, dürfte - auch wenn die Leverkusener äußerlich cool bleiben - in den Trikots stecken. Kann Bayer das aus den Kleidern schütteln? Immerhin: Diesmal würde Bayer weicher fallen als im Mai 2000. Kießling und Co. dürfte das zumindest am Samstag aber nur wenig trösten.

(rl)