Zehn Hingucker des Bundesliga-Spieltags Egoistischster Doppelpacker, erfolgreicher Standfußballer

Ein Stürmer trifft doppelt und steht doch am Pranger, ein "Standfußballer" wird vom Kaiser zu seinem Debüt-Tor inspiriert und ein Trainer-Rücktritt erschüttert seinen Verein in den Grundfesten: die zehn Hingucker des Bundesliga-Spieltags.

VfL Wolfsburg: Bas Dost macht Doppelpack – Kritik von Dieter Hecking
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Joker Dost macht Doppelpack – und erntet Kritik

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Foto: afp, oa/dg

Die Mitteilung kam nicht vom Verein, sondern von Lucien Favre selbst. In einer Erklärung informierte er die Öffentlichkeit über seinen Rücktritt als Trainer von Borussia Mönchengladbach — und traf seinen Verein bis ins Mark. Bis zuletzt hatten die Verantwortlichen noch versucht, Favre umzustimmen. Dann schuf der Schweizer Fakten. Borussia steht nun mitten in der Englischen Woche ohne Trainer da. Und Favres Image bekommt Risse.

Als bei der Pressekonferenz die Frage nach Bas Dost aufkam, erwartete jeder der Journalisten von Dieter Hecking ein Sonderlob für die Joker-Qualitäten des Niederländers. Doch weit gefehlt. Beim Trainer des VfL Wolfsburg hatte sich in den vergangenen Tagen viel Frust über Dost angestaut, und der entlud sich in einer verbalen Ohrfeige für seinen Topstürmer. "Wie er die letzten drei Tage rumgelaufen ist, als hätte man ihm das Spielzeug weggenommen, das geht nicht. Das ist Egoismus, den wir nicht brauchen", sagte Hecking nach dem 2:0 (0:0) im Heimspiel gegen Hertha BSC. Doch dabei beließ es Hecking nicht, der 51-Jährige schob auch eine überdeutliche Warnung hinterher: "Wenn er meint, dass das der Weg ist, den er gehen will, dann ist er hier in Wolfsburg falsch." Hecking war verärgert, weil Dost den Frust über seine Auswechslung im Champions-League-Spiel gegen ZSKA Moskau (1:0) im Training offen zur Schau gestellt hatte. Die Strafe dafür war die Verbannung auf die Bank gegen Berlin. Dass Dost die Wolfsburger nach seiner Einwechslung mit einem Doppelpack (76. und 88., Foulelfmeter) zum Sieg geschossen hatte, konnte Hecking nicht besänftigen: "Es freut mich für die Mannschaft, dass er zwei Tore gemacht hat." Die harte und in aller Öffentlichkeit vorgetragene Kritik kommt vor dem Spitzenspiel am Dienstag bei Rekordmeister Bayern München zu einem denkbar schlechten Zeitpunkt. Doch Hecking denkt gar nicht daran, die Wogen zu glätten: "Ich lasse ihn jetzt drei Tage in Ruhe, so wie er das mit der Mannschaft auch getan hat."

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Die meisten Sorgen machte sich Yunus Malli um den Spielball, den er fest in seinen Händen hielt. "Ich habe Angst, dass er mir von jemandem weggenommen wird", sagte der 23-Jährige in Diensten des FSV Mainz 05 nach seiner ersten Drei-Tore-Gala in der Bundesliga. Am Ende nahm der Deutsch-Türke, der 1899 Hoffenheim mit seinen Treffern (13., 61. und 68.) beim 3:1 (1:1) nahezu im Alleingang besiegt hatte, das Spielgerät natürlich mit nach Hause. Dort wurden Malli, der die zurückliegenden fünf Tore der Rheinhessen erzielt hat, und der Ball von seiner frisch angetrauten Ehefrau Hatice erwartet. "Die Heirat hat ihm gutgetan - und damit auch uns", sagte Trainer Martin Schmidt mit Blick auf die standesamtliche Hochzeit seines Spielmachers am vergangenen Montag. In der Tat scheint dem gläubigen Moslem im fünften Jahr beim FSV der Durchbruch zu gelingen. Dabei war vor ein paar Monaten noch gar nicht klar, ob der frühere deutsche U21-Nationalspieler — an dem angeblich der türkische Verband baggert — überhaupt in Mainz bleiben wird. Schließlich lief im Sommer der Vertrag aus.

Die Rückkehr in sein geliebtes "Wohnzimmer" hatte sich Claudio Pizarro anders vorgestellt. Statt mit den Fans eine rauschende "Piza-Party" und den dritten Werder-Sieg in Serie zu feiern, bliesen Fans, Verantwortliche und Spieler am Ende seines ersten Arbeitstages für Grün-Weiß im Weserstadion seit 1232 Tagen Trübsal. "Auf dem Platz haben wir nicht unsere Aufgaben erledigt", sagte Pizarro angefressen und sprach nach der Last-Minute-Pleite (0:1) gegen den Liga-Neuling FC Ingolstadt von einer "verdienten Niederlage". Von einem Europacup-Platz, mit dem der Peruaner nach dem überzeugenden 3:1 bei 1899 Hoffenheim vor Wochenfrist noch öffentlich geliebäugelt hatte, ist Werder in dieser Form doch noch ziemlich weit entfernt. Dabei hatte der Rahmen für den dritten Saisonerfolg eigentlich gestimmt. Pizarro, der sich kurz vor der Partie noch einmal per Videobotschaft an die Werder-Anhänger wandte und bereits vor dem Anpfiff frenetisch gefeiert wurde, hatte sich mit einer Torvorlage in Hoffenheim perfekt zurückgemeldet. Doch anders als bei seinem bis dato letzten Bremer Heimauftritt, als er sich am 5. Mai 2012 mit zwei Treffern zum FC Bayern verabschiedete, wollte ihm gegen Ingolstadt nicht viel gelingen. Pizarro versuchte nach seiner Einwechslung auf ungewohnter Spielmacher-Position zur zweiten Halbzeit zwar alles, er konnte der zerfahrenen Partie aber nicht wie in der vergangenen Woche, als er als Edeljoker den Siegtreffer vorbereitete, die entscheidende Wende geben.

Acht Minuten hatte Sebastian Rode in dieser Bundesliga-Saison bisher gespielt, und viele fragten sich schon, ob ein Wechsel im Sommer nicht doch besser gewesen wäre für den Ex-Frankfurter. Nach dem 3:0 (1:0) von Bayern München beim Aufsteiger SV Darmstadt 98 stand der Mittelfeldspieler am Samstag plötzlich vor allen Kameras. "Wenn man ein Tor vorbereitet, eines selber macht und mit drei Punkten nach Hause fährt, ist man natürlich überglücklich. Auf diese Chancen muss ich warten", meinte der 24-Jährige, der einst in der Jugend bei den "Lilien" kickte. "Es ist nicht einfach, wenn man immer auf der Bank sitzt, immer positiv zu bleiben." Trainer Pep Guardiola hörte in der Pressekonferenz gar nicht mehr auf, Rode zu loben. Und auch vom Ex-Leipziger Joshua Kimmich, der wie Rode erstmals in dieser Saison in der Startelf stand: "Beide verdienen mehr Minuten, als wir Trainer ihnen bisher gegeben haben." Auch Sportvorstand Matthias Sammer schwärmte: "Das sind einfach Mentalitätsmonster." Zu Rode müsse man sagen, "dass die Geschichte des FC Bayern gezeigt hat, dass es auf solche Spieler ankommt. Auch wenn die Vergleiche zu Jens Jeremies oder Hasan Salihamidzic hinken - aber solche Spieler braucht eine Mannschaft. Sie sind der Kitt zwischen den Elementen, der alles zusammenhält."

SV Werder Bremen: Assani Lukimya verschuldet Elfmeter in der Nachspielzeit
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Lukimya verschuldet Elfmeter in der Nachspielzeit

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Die Euphorie um Claudio Pizarro war zu spüren — schon vor dem Spiel und vor allem bei der Einwechselung. Doch der ungeschickte Patzer von Verteidiger Assani Lukimya ließ die Begeisterung über das Heim-Comeback des Bremer Torjägers kurz vor dem Abpfiff ersterben. Ernüchtert stellte Werder-Kapitän Clemens Fritz nach dem 0:1 gegen den FC Ingolstadt fest: "Pizza ist nicht der Heilsbringer, und die Punkte fliegen uns nur so zu." Dabei schien alles bereit für die perfekte Geschichte. Schon beim Warmmachen wurde der zurückgekehrte Peruaner mit Sprechchören gefeiert. Noch lauter wurde es, als Pizarro direkt nach der Pause ins Spiel kam. Der 36-Jährige übernahm zunächst die Position hinter den beiden Angreifern und setzte als Zehner mit einigen schönen Pässen Akzente. Später wechselte Pizarro in den Angriff, blieb aber ohne Erfolg und vergab kurz vor Schluss eine Kopfball-Chance. Stattdessen musste er erleben, wie das unnötige Foul von Lukimya zum entscheidenden Elfmetertor der Ingolstädter führte.

Kaiser Franz Beckenbauer hat 37-Millionen-Mann Arturo Vidal offenbar mit seiner Kritik anlässlich des Champions-League-Spiels bei Olympiakos Piräus ("Standfußballer") gekitzelt und eine Torreaktion ausgelöst. Am Samstag erzielte der Chilene beim 3:0-Erfolg von Bayern München bei Aufsteiger Darmstadt 98 seinen ersten Bundesligatreffer (20.) für den Rekordmeister. "Beim Piräus-Spiel habe ich mich halt geärgert, dass Vidal in einigen Situationen ein bissl wenig gelaufen ist. Diesen Satz habe ich aus der Emotion heraus gesagt", sagte Beckenbauer der Bild am Sonntag. Der 70 Jahre alte Ehrenpräsident des FC Bayern weiter: "Natürlich ist Vidal ein wertvoller Spieler. Aber wenn ich ihn mit der Bemerkung gereizt habe, sodass er trifft, dann ist doch alles in Ordnung." Bayern-Sportvorstand Matthias Sammer betonte: "Ich habe das Arturo erklärt. Dass der Franz alles gewonnen hat und ihm diese Kritik zusteht. Aber hier liegt Franz falsch. Arturo hat die Copa America gespielt und trotz wenig Pause überragende Laufwerte."

Mehr als ordentlich ist bisher die Ingolstädter Bilanz. Dank des Elfmetertores von Moritz Hartmann in der Nachspielzeit landete der Aufsteiger aus Bayern bei Werder Bremen bereits den dritten 1:0-Auswärtssieg und sorgte für einen Bundesliga-Rekord. Noch nie hat ein Neuling die ersten drei Spiele in der Fremde gewonnen. Auch wenn der Erfolg erst durch eine ungeschicktes Foul von Werder-Verteidiger Assani Lukimya an Stefan Lex möglich wurde, war die Freude von Trainer Ralph Hasenhüttl ungetrübt. "Da muss der kleine FC Ingolstadt kommen und hier Geschichte schreiben." Der Coach konnte beim Elfmeter nicht hinsehen, so groß war die Anspannung. Hasenhüttl versteckte sich inter der Trainerbank, kam erst nach dem verwandelten Elfer wieder aus seinem Versteck hervor.

Anthony Modeste kam mit einem breiten Grinsen aus der Kölner Kabine. Mit seinem Siegtor zum 1:0 war der Franzose der Matchwinner im Derby gegen Borussia Mönchengladbach. "Für mich läuft es im Moment richtig gut. Alles ist perfekt", sagte der Angreifer am Samstag und lächelte. Gegen Mönchengladbach erzielte Modeste bereits sein viertes Saisontor und traf im dritten FC-Spiel in Serie. Sein Tor bejubelte der 27-Jährige mit seinem Kollegen Kevin Vogt, der seinen Arbeitstag bereits nach 45 Minuten beendet hatte. "Für einen Spieler ist es nicht gut, wenn er zur Halbzeit ausgewechselt wird. Kevin ist ein guter Teamkollege und deshalb wollte ich mit ihm feiern", erklärte der Derby-Held. Modeste war erst im Juli aus Hoffenheim in die Domstadt gewechselt. "Der Derbysieg war wichtig für die Mannschaft", erklärte er. Für ihn persönlich sei ein Treffer gegen den Erzrivalen des FC dagegen nichts Besonderes. "Für mich ist es ein normales Tor. Dafür gibt es auch nur drei Punkte", stellte Modeste fest. Ein Sonderlob erhielt er von seinem Trainer Peter Stöger: "Er hat die Qualität und die Schnelligkeit. Er kann sich in Eins-gegen-Eins-Duellen in der Luft durchsetzen. Was er abliefert, ist sehr gut."

Rekordverdächtige Ausmaße nimmt die Krise von Borussia Mönchengladbach an. Mit dem 0:1 im Rhein-Derby beim 1. FC Köln kassierte der Champions-League-Teilnehmer am 5. Spieltag die fünfte Niederlage. "Das ist ein unfassbarer Negativlauf", sagte Sportdirektor Max Eberl zum prekären Absturz, der fatal an den von Borussia Dortmund in der Vorsaison erinnert. Ein wenig verzweifelt bemühte Eberl die griechische Mythologie, um die Lage zu beschreiben. "Es ist ein bisschen Sisyphusarbeit." Zumindest ist die Borussia mit dem Fehlstart nicht allein: auch der VfB Stuttgart hat nach fünf Spieltagen noch keinen Punkt auf dem Konto. Beide werden nun versuchen, den absoluten Rekord zu vermeiden. In der Bundesliga-Geschichte startete erst eine Mannschaft mit sechs Niederlagen in Folge: Fortuna Düsseldorf in der Saison 1991/1992. Damals folgte am 7. Spieltag ein 4:3 gegen Wattenscheid 09.

(sid/dpa)
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