Ex-Nationalspieler schreibt über sein Leben Asamoah: "Es war kein leichter Weg"

Düsseldorf · Der Fußballer ist als Zwölfjähriger mit seinen Geschwistern aus Ghana nach Hannover gekommen. Dort musste er mit vielen Vorurteilen kämpfen. Er hat sich als Profi durchgesetzt und nun über sein Leben ein Buch geschrieben.

 Die erste Geburtstagsfeier in der neuen Heimat: Asamoah am gedeckten Tisch mit Familie, Freunden und Nachbarn in Hannover.

Die erste Geburtstagsfeier in der neuen Heimat: Asamoah am gedeckten Tisch mit Familie, Freunden und Nachbarn in Hannover.

Foto: Asamoah, Herbig-Verlag

Gerald Asamoah arbeitet tapfer alle Klischees ab, die über ihn existieren. Der 34-Jährige bedient sich dazu auch der einschlägig bekannten Zitate. Eins davon ist von Rudi Assauer überliefert, dem langjährigen Manager von Schalke 04, und das geht so: "Der steht morgens auf und lacht, der geht abends ins Bett und lacht, den ganzen Tag lacht der, du siehst nur seine weißen Zähne." Das ist das Bild von Asamoah in der Öffentlichkeit. Immer gut drauf, ein Spaßvogel. Ein Malocher auf dem Platz. Natürlich ist das nur ein ganz kleiner Teil seiner Lebensgeschichte, in der es für ihn nicht immer etwas zu lachen gab.

In kollektiver Erinnerung ist Asamoah als DJ geblieben. Bei der Fußball-Weltmeisterschaft 2006 hatte er eine besonders tragende Rolle — und für den Soundtrack eines Turniers gesorgt. Er hat dazu einen Titel ausgesucht, der auf besondere Weise sein Leben beschreibt. "Dieser Weg wird kein leichter sein" von Xavier Naidoo legte er in der Mannschaftskabine auf, und eine ganze Nation war angetan. "Als erster Schwarzafrikaner überhaupt war ich Fußballnationalspieler und zudem Teil des Teams, als Deutschland ein Sommermärchen feierte. Ich der DJ für diejenigen, die den Adler trugen, hatte immer gute Laune und war stolz wie Bolle", berichtet der Angreifer. "Schließlich war ja auch ich ein Adler! So manchen Moment wollte man für immer festhalten, nicht mehr loslassen. Ein großes Ziel war erreicht. Beinahe wären wir Weltmeister geworden. Wir! Deutschland mit mir."

"Blondie" hat viel zu erzählen

Asamoah ist ein Ashanti. Von dem ghanaischen Stamm heißt es, er habe in der Vergangenheit stolze Krieger hervorgebracht. Er ist in Mampong bei seiner Großmutter aufgewachsen. Seine Eltern waren über Umwege nach Deutschland geflohen, politische Unruhen hatten sie aus dem Land getrieben. Asamoah hat mit dem TV-Moderatoren Peter Großmann über sein Leben ein Buch geschrieben. Es ist nicht das klassische Werk eines Fußballers, dafür hat der Profi, der liebevoll "Asa" oder "Blondie" genannt wird, einfach zu viel zu erzählen. Einiges ist leider nur etwas zu knapp geraten. Wenn er vom Tod seines älteren Bruders berichtet, der als Dreijähriger von der Ladefläche eines Lasters gefallen war und an einer Kopfverletzung verstarb, bleiben nur ein paar klägliche Zeilen übrig. Schon geht er zum nächsten Thema über.

Das ist etwas schade — und doch kann man nicht loslassen von dieser aufwühlenden Geschichte. Asamoah ist vergleichsweise behütet aufgewachsen. Vier Kinder in einem Zimmer — für ghanaische Verhältnisse fast Luxus. Nana, so nennt er seine Oma, schlief als Einzige im Bett, alle anderen auf dem Boden. Gekocht wurde im Innenhof, eine eigene Toilette gab es in dem Haus nicht. Im Dorf waren immerhin zwei Plumpsklos.

Mit zwölf Jahren folgte er mit den beiden Schwestern seinen Eltern nach Deutschland. Im November 1990 war die Familie in Hannover wieder vereint. Seine Mutter war erst strikt dagegen, dass Gerald in der Freizeit auf den Bolzplatz rannte. Er spielte zunächst beim BV Werder Hannover. Weil die Eltern die Unterstützung verweigerten, musste er das Geld für den ersten Jahresbeitrag bei seinen Tanten einsammeln. Weil er beim Laufen im Verein konstant Letzter war, bastelte er an seinem eigenen Trainingsprogramm. Um vier Uhr morgens stand er auf und joggte. "Wenn ich besser werden wollte, musste ich etwas tun. Sobald ich wieder zu Hause war, habe ich geputzt, meinen kleinen Bruder geweckt und für die Schule fertig gemacht, seine Brote geschmiert", schreibt Asamoah.

Kultfigur im Pott

Asamoah ist seinen beruflichen Weg erfolgreich gegangen. Er hat den Sprung über Hannover 96 zum FC Schalke 04 geschafft. Im Pott ist er zur Kultfigur aufgestiegen, hat 279 Partien für die Knappen in der höchsten Klasse bestritten. Er hat kurz bei St. Pauli gespielt und rackert nun für Greuther Fürth. Nur wenige hatten ihm zugetraut, überhaupt Profi zu werden. Nachdem ein Herzfehler bei ihm diagnostiziert worden war, stand er vor dem Karriereende. Er kämpfte weiter und durfte schließlich wieder auf den Rasen. An der Seitenlinie steht ein Defibrillator immer griffbereit. Nicht einmal eine Versicherung würde zahlen, wenn Asamoahs Herz auf dem Platz nicht mehr mitmachen sollte. Er spielt auf persönliches Risiko.

Asamoah gewährt einen erfrischend anderen Blick hinter die Fußballkulissen. Er hatte mit vielen Vorurteilen zu kämpfen und wurde oft wegen seiner Hautfarbe beschimpft. Roman Weidenfeller soll ihn im Derby gegen Borussia Dortmund als "schwarzes Schwein" beschimpft haben. Aber auch Asamoah geht mit sich und seinem Verhalten durchaus kritisch um. Er geißelt einen Torjubel, bei dem er Dortmunder Fans provozierte, als Dummheit. Er gewährt Einblicke in sein Seelenleben — eingeschlossen jene Momente, in denen er die Emotionen nicht zurückhalten konnte. Vor seinem ersten Einsatz mit dem Nationalteam kullerten die Tränen. "Es hatte sich einfach unendlich viel angestaut. Irgendwann kommt raus, was raus muss."

Asamoah sagt über Asamoah, er sei deutscher als viele Deutsche. In seiner Freizeit fläzt er sich am liebsten auf ein Sofa oder sitzt mit seiner Frau Linda ruhig im Garten. Manchmal laden sie Freunde ein und grillen Würstchen. Wenn jemand die "deutschen Tugenden" verkörpert, dann der eingedeutschte schwarze Mann.

(RP/seeg)
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