Diskussion mit Schumacher und Grindel "Das System Fußball ist krank"

Neuss · DFB-Präsident Reinhard Grindel und Toni Schumacher, Vizepräsident des 1. FC Köln, diskutieren in Neuss über die Branche.

 Toni Schumacher bei einer Podiumsdiskussion in Neuss.

Toni Schumacher bei einer Podiumsdiskussion in Neuss.

Foto: Woitschützke Andreas

Toni Schumacher macht sich Sorgen um die Liga. "Der Fußball hat ein Problem. Die Entwicklung macht uns große Sorgen", sagt der Vizepräsident des 1. FC Köln. "Der FC Bayern spielt in einer eigenen Liga. Dahinter kommt lange nichts, dann Borussia Dortmund, die ganzen Werksklubs, vielleicht noch Borussia Mönchengladbach und Schalke. Wir haben überhaupt nur eine Chance auf die vorderen Plätze, wenn ein paar von den Großen abstürzen." Gelächter im Publikum. Reinhard Grindel, der Präsident des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) blickt ein wenig irritiert zu ihm auf dem Podium hinüber. Einmal auf Betriebstemperatur, sagt "Toni" Schumacher auch zu ein paar anderen Themen der Branche seine Meinung bei der Diskussionsrunde, moderiert von Sportjournalist Alfred Draxler, der Konrad-Adenauer-Stiftung in der Neusser Medicoreha. Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe hatte die Schirmherschaft übernommen.

Wohin entwickelt sich der Sport? Entfernt er sich immer mehr von der Basis? Grindel ist bemüht, das Lager der Besonnenen zu vertreten. Er sagt, der DFB würde sich für Chancengleichheit einsetzen, und man sei darum bemüht, den Spielern auch Regenerationsphasen zu verschaffen. "Es muss auch mal Zeit zur Erholung sein", findet er. "Beim Confed Cup im kommenden Jahr in Russland sollen auch ein paar Nationalspieler eine Pause bekommen. Das ist auch mal wichtig." Ein paar Sätze weiter ist es dann aber mit der Zurückhaltung auch schon wieder vorbei und Grindel macht sich über Expansionsmöglichkeiten so seine Gedanken. "Es muss doch unser Ziel sein, mit der Bundesliga wettbewerbsfähig zu sein", sagt der 54-Jährige. "Ich kann mir schon vorstellen, dass die Begegnung Bayern gegen Dortmund im Supercup in ein paar Jahren zum Beispiel in Shanghai oder einer anderen asiatischen Metropole ausgetragen wird." Letztlich müsse darüber aber natürlich die Deutsche Fußball Liga (DFL) abstimmen.

Schumacher findet es schade, dass Fußball vor allem nur noch ein Geschäft ist. "Gucken wir doch mal nach England. Da bekommt ein Spieler pro Woche 250.000 Euro. Das kann man nicht vermitteln, da kann er noch so gut sein", sagt der ehemalige Nationaltorwart. "Das System ist schon krank. Das ist einfach alles nicht mehr normal. Ich habe zu meiner Zeit auch viel Geld verdient — 120.000 Mark brutto (61.400 Euro, Anm. der Red.) im Jahr. Das hört sich heute wenig an, mein Vater hatte 300 Mark in der Woche in der Lohntüte. Von daher war ich ein superreicher Fußballspieler. Das konnte man noch irgendwie vermitteln. Heutzutage musst du ein guter Profi sein, darfst dir nichts zu Schulden kommen lassen, und du musst dich sozial engagieren, weil du auf der Seite der Sonne stehst und denen etwas geben solltest, denen es nicht so gut geht."

Und dann gibt es noch das Thema Franz Beckenbauer. Seine Rolle wird immer dubioser. Der DFB-Präsident wolle sich weiter um Transparenz bei der Aufklärung der noch offenen Fragen rund um das Sommermärchen 2006 bemühen. "Es sollte ein Bewusstsein für Recht und Gesetz geben", sagt er. Den Namen Beckenbauer nimmt er dabei nicht in den Mund. Grindel stellte in Richtung der Basis indes fest, dass die aktuellen Entwicklungen nicht förderlich für den Verband sind: "Das größte Problem, das der DFB hat, sind Menschen zu finden, die sich ehrenamtlich engagieren."

(gic)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort