Borussia Mönchengladbach Faire Fohlen und "ein Leben ohne Arango"

Mönchengladbach · Borussia Mönchengladbach hat in der abgelaufenen Bundesliga-Saison am seltensten zugelangt. Raffael hat zum Schluss zumindest in der Torjägerliste nicht mehr zugelangt – aber dennoch eine überragende Saison gespielt. Die "Zehn vom Niederrhein" zückt nach dem letzten Spieltag den Kalender und blickt schon auf den August.

Borussias Schlüsselspiele der Saison 13/14
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Foto: Dieter Wiechmann

Borussia Mönchengladbach hat in der abgelaufenen Bundesliga-Saison am seltensten zugelangt. Raffael hat zum Schluss zumindest in der Torjägerliste nicht mehr zugelangt — aber dennoch eine überragende Saison gespielt. Die "Zehn vom Niederrhein" zückt nach dem letzten Spieltag den Kalender und blickt schon auf den August.

1.) Neun Minuten CL-Träume Trainer Lucien Favre und Co. hatten für ihre Verhältnisse regelrecht forsch mit dem vierten Platz geliebäugelt. Zwar beendet Gladbach die Saison mit sechs Punkten Rückstand auf Bayer Leverkusen. Von der 21. bis zur 30. Minute war die Mannschaft jedoch nur ein Tor entfernt von den Play-offs zur Champions League. Theodor Gebre Selassie hatte Werder Bremen in Leverkusen in Führung gebracht. Dieser Umstand brachte das vorletzte Aufhorchen der Saison. Das letzte gab es nach dem 1:1 durch Christoph Kramer, als Rang fünf wieder in Reichweite schien — für exakt vier Minuten.

Diese Leistungsträger verließen Gladbach
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2.) Abrechnung Gegen vier Mannschaften hat die Borussia beide Saisonspiele gewonnen — gegen die Champions-League-Teilnehmer Dortmund und Schalke sowie gegen die Kellerkinder Hamburg und Nürnberg. Keinen Sieg gab es gegen Bayern, Leverkusen, Wolfsburg, Augsburg und Hoffenheim. Gladbachs Werks- und Retortenklub-Allergie war vor allem gegen Bayer fatal, weil die damals noch von Sami Hyypiä trainierte Elf ihren Sechs-Punkte-Vorsprung allein in den direkten Duellen herausspielte.

3.) Flaute des Überfliegers Beim 1:3 in Wolfsburg lief es für die Borussia nur minutenweise rund. Raffael, der "Spieler des Jahres", lieferte immerhin seine achte Vorlage, ansonsten setzte er seine Torflaute fort. Zum Saisonende blieb der Brasilianer 530 Minuten ohne eigenen Treffer. Zuvor waren 323 Minuten zum Saisonbeginn Raffaels längste Durststrecke gewesen. Die Statistik macht seine Spielzeit jedoch noch beeindruckender: Im Mittelteil erzielte der 29-Jährige 15 Tore in 25 Spielen.

4.) Juan von Bülow Seine Zeit bei der Borussia endete standesgemäß: Um 16.59 Uhr zog Juan Arango einen letzten Freistoß aufs Tor, um 17 Uhr trabte er vom Platz. Dass Schiedsrichter Wolfgang Stark die Freistoßszene abpfiff war irgendwie ja auch standesgemäß. Schließlich hat Arango in fünf Jahren Mönchengladbach mehr Standards vergeben als im Tor untergebracht — obwohl es sich zeitweise anders anfühlte. Zehn Freistoßtore hat der Venezolaner beigesteuert. Die Suche nach dem schönsten ist vor allem eine Geschmacksfrage. Der Autor hat ein Faible für Arangos 3:2 damals in Hannover: gefühlvoll, hinterlistig in die kurze Ecke und siegbringend nach 0:2-Rückstand. Zu 100 Prozent steht der Abgang immer noch nicht fest. Eine klare Meinung äußerte ein Borussenfan auf einem Stück Pappe frei nach Loriot: "Ein Leben ohne Arango ist möglich, aber sinnlos."

5.) Stranzl darf spielen Martin Stranzl wird bleiben, der Österreicher hat noch einmal um ein Jahr verlängert. Verblüfft hat der 33-Jährige auch mit seiner Kartenbilanz. Am elften Spieltag sah er die vierte Gelbe, disziplinierte sich anschließend fast 30 Stunden lang — und sah nun am letzten Spieltag doch noch die fünfte. Paragraf 15.3 der DFL-Spielordnung bewahrt Stranzl vor einer Sperre, wie Twitter-User @Neun_Drei nachgeschlagen hat: "Eine Übertragung auf das neue Spieljahr ist ausgeschlossen."

Das Zeugnis der Spieler von Borussia Mönchengladbach 13/14
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6.) Faire Fohlen Und so beendet Gladbach die Saison mit 50 Gelben Karten, nur Bayern München (45) und Borussia Dortmund (43) haben weniger gesehen. Granit Xhaka (10), Christoph Kramer (8) und Julian Korb (6) kassierten zusammen beinahe die Hälfte. Im Foul-Ranking hat der VfL die beiden Topklubs aus München und Dortmund jedoch deutlich unterboten. Nur 352 Fouls in 34 Spielen sind der fairste Wert der Bundesliga. Im Auswärtsspiel auf Schalke gab es einen Rekord, obwohl Roel Brouwers in der 90. Minute doch einmal hinlangte. Am häufigsten foulte Gladbach in Nürnberg (16-mal). Zum Vergleich: Die Foulkönige aus Hoffenheim sind in 34 Spielen überhaupt nur siebenmal mit weniger Fouls ausgekommen.

7.) Ohne Feuer "Apropos Foul" wäre kein besonders eleganter Übergang, aber ein möglicher. Auch Borussias Fans hielten sich zumeist an die Regeln. Lediglich beim Auswärtsspiel in Stuttgart zündeten Gladbach-Anhänger Pyrotechnik im Gästeblock. Zudem gelangten beim Pokalspiel in Darmstadt Fans in den Innenraum und es gab einen Böllerwurf, der sanktioniert wurde — machte unterm Strich 9000 Euro Strafe. So diszipliniert darf sich die Fanszene gerne auch in Europa präsentieren.

8.) Zum 20. Mal international Für ihre Verhältnisse feierten die Fans des VfL Wolfsburg den fünften Platz recht lautstark. Die mitgereisten Gladbach-Anhänger feuerten ihnen wie schon den Mainzern in der Vorwoche entgegen: "In Europa kennt euch keine Sau." Einem Rentner auf der Haupttribüne nötigte diese Frechheit nur ein pikiertes Kopfschütteln ab. Doch während Mainz zum zweiten Mal international dabei ist und Wolfsburg zum fünften Mal, feiert die Borussia mit der 20. Europacup-Teilnahme ein Jubiläum.

9.) Sommerplanung Spätestens nach dem dritten Wolfsburger Treffer in der 81. Minute konnte man den Kalender zücken und drei Termine eintragen: Die Auslosung der Play-offs zur Europa League am 8. August, das Hinspiel am 21. August und das Rückspiel am 28. August. Die Borussia ist gesetzt, das Heimrecht wird ausgelost. Damit eröffnet Gladbach in diesem Jahr definitiv nicht die Bundesliga, sondern steigt an einem Sonntag in die Saison ein.

10.) Nachlassend Im dritten Jahr in Folge hat sich der VfL in der Rückrunde verschlechtert. 2011/12 folgten auf 33 Punkte noch 27, 2012/13 waren es 25 und 22, diesmal 33 und 22. Dafür war im Relegationsjahr der Sprung von zehn auf 26 Punkte bemerkenswert. Überbietet Favre demnächst seine beste Hin- und seine beste Rückrunde in einer Spielzeit, wären mehr als 61 Punkte drin. Aber auch die Erwartungshaltung hat jetzt Urlaub.

(seeg)
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