Borussias Frauen-Trainer im Interview "Wir wollen forsch und mutig sein"

Mönchengladbach · Borussias Trainerteam spricht über die Ziele und Anforderungen in Borussias erster Saison in der Frauen-Bundesliga sowie den Start im DFB-Pokal.

 Trainergespann für die Bundesliga: Mike Schmalenberg und René Krienen wollen mit Aufsteiger Borussia in der Bundesliga bleiben.

Trainergespann für die Bundesliga: Mike Schmalenberg und René Krienen wollen mit Aufsteiger Borussia in der Bundesliga bleiben.

Foto: Thomas Grulke

Bis zum Start in der Frauen-Bundesliga sind es zwar noch zwei Wochen, doch am Sonntag um 11 Uhr bestreitet Borussia im DFB-Pokal beim Karlsruher SC bereits ihr erstes Pflichtspiel. Fühlen Sie sich gut gerüstet für die Saison?

Krienen Jedem in unserem Team und in der gesamten Abteilung ist bewusst, dass es eine schwere Aufgabe wird in der Bundesliga. Wir wollen vor allem die Philosophie weiterführen, mit jungen Spielerinnen zu arbeiten und eigene Talente zu fördern. So sind jetzt Michelle Wassenhoven, Paula Petri und Kelsey Geraedts aus der U 17 in die Frauenmannschaft hochgezogen worden. Zudem haben wir das Aufstiegsteam - mit sechs Verstärkungen - beibehalten. Das Ziel wird sein, in jeder Partie das Beste zu geben und möglichst ein weiteres Erstligajahr zu sichern.

Die Abschlusstabellen der vergangenen Jahre zeigen, dass es die Aufsteiger zumeist sehr schwer hatten und direkt wieder abgestiegen sind. Sorgt so eine Bilanz für zusätzlichen Respekt oder sollte es für zusätzliche Motivation sorgen?

Krienen Wir wollen forsch und mutig sein. Man kann sich als Aufsteiger auch hinten reinstellen, doch das entspricht nicht unserer Art. Wir wissen, dass Wolfsburg, Bayern, Potsdam und Frankfurt uns weit voraus sind, aber auch diese Mannschaften kann man schlagen, wenn man an diesem Tag vieles richtig macht. Unser Hauptaugenmerk wird aber natürlich sein, gegen die direkten Konkurrenten zu punkten, um über dem Strich zu bleiben.

Forsch zu sein, war auch das Erfolgsrezept des Vorjahres, als der direkte Durchmarsch durch die Zweite Bundesliga gelang.

Schmalenberg Definitiv. Eine gewisse Bodenständigkeit gehört immer dazu. In den vergangenen Jahren hat sich aber ein gewisser Spielstil herauskristallisiert, und im Winter haben wir nochmals einen Umbruch gemacht, was die taktische Ausrichtung angeht, und neue Reize gesetzt. Wir wollen uns von Woche zu Woche weiterentwickeln, nur wird das jetzt auf einem anderen Niveau stattfinden. Und wir gehen nicht in ein Spiel, um es nur möglichst knapp zu verlieren, das ist etwas, was man den Spielerinnen doch gar nicht vermitteln kann. Wir sind Sportler, wir wollen so erfolgreich wie möglich sein. Und mit dieser Einstellung gehen wir in jede Trainingswoche und in jedes Spiel rein. Wir brauchen nicht im Voraus die weißen Fahnen schwenken. Wir verkaufen uns so teuer wie möglich, und dann werden wir sehen, was wir uns am Ende verdient haben.

Haben Sie bewusst das Aufstiegsteam nicht zu stark verändert?

Krienen Diese Mannschaft hat es von der Regional- bis in die Bundesliga geschafft. Deswegen hat sie es auch verdient, sich jetzt in der höchsten Spielklasse zu zeigen. Natürlich war klar, dass wir uns in jedem Mannschaftsteil noch mal punktuell verstärken, um quantitativ und qualitativ eine gewisse Breite im Kader zu haben, damit wir auf Verletzungen und Ausfälle auch reagieren können. Borussias Weg wird jedoch weiterhin sein, mit jungen Spielerinnen aus der Region zu arbeiten und diese auszubilden. Dieser Weg kann auch dazu führen, dass wir in der kommenden Saison wieder in der Zweiten Liga spielen. Doch dann haben die Spielerinnen wichtige Erfahrungen gemacht, sind noch gefestigter und können vielleicht direkt wieder neu angreifen. SCHMALENBERG Es ist auch wichtig, dass wir Spielerinnen aus unserer U 17 die Möglichkeit bieten, sich in den Bundesligakader hineinzuspielen, als wenn alle Plätze durch externe Zugänge besetzt wären. In den vergangenen Jahren haben unsere Spielerinnen immer wieder den Schritt nach vorne gemacht. Doch wir sind der Meinung, dass sie immer noch Entwicklungspotenzial haben. Insofern haben wir die Mannschaft nur punktuell verstärkt.

Herr Krienen, Sie sind als Nachfolger von Kyle Berger nicht nur neuer Koordinator Frauen- und Mädchenfußball, sondern auch Cheftrainer der Ersten Mannschaft. Wie war der Start in neuer Funktion?

Krienen Gerade am Anfang gab es auf jeden Fall viel Arbeit. Vor allem im organisatorischen Bereich war zunächst sehr viel zu tun, denn es mussten die Gespräche mit den Zugängen geführt werden, zudem das ganze Drumherum, das die Bundesliga mit sich bringt, geregelt werden. Und irgendwann ab dem Nachmittag stand dann der sportliche Teil der Arbeit im Fokus.

Angesichts der Tatsache, dass Sie zuvor Mädchencheftrainer waren und Kyle Berger als Juniorentrainer weiterhin bei Borussia arbeitet, bestand die Chance, einen nahtlosen Wechsel an der Spitze der Abteilung zu vollziehen. Hat dies in der Praxis gut funktioniert?

Krienen Das hat sehr gut funktioniert und war problemlos. Kyle und ich waren zuvor schon im stetigen Austausch, was die Frauenmannschaften anging. Die Übergangszeit haben wir dann genutzt, um viele Dinge nochmals zu präzisieren. Und wenn noch etwas sein sollte, hätte Kyle immer ein offenes Ohr. Er hat lange hier gearbeitet und viele Strukturen aufgebaut, die wir weiterführen wollen. Das wird uns auch gelingen.

In den vergangenen Jahren gab es in fast allen Mannschaften fast nur Erfolge zu vermelden. Wo sind da noch die Verbesserungspotenziale?

Krienen Man braucht gar keinen Druck aufzubauen, sondern sollte da positiv rangehen. Das ist eine Chance für die Spielerinnen, sich zu präsentieren. In Bezug auf die Erste Mannschaft wird das nun die Bundesliga sein. Wir werden unser Bestes geben. Und wenn es am Ende nicht reichen sollte, können wir aber ruhigen Gewissens sagen, dass wir alles versucht haben. Wir machen uns da keinen negativen Druck.

Den Sprung von der Regional- in die Zweite Bundesliga hat die Mannschaft bravourös gemeistert. Wie groß wird nun in der Bundesliga der Sprung sein?

Schmalenberg Das kann man wahrscheinlich gar nicht in Worte fassen. Ich denke, dass schon die Vorbereitung gezeigt hat, dass die Mannschaft grundsätzlich in den vergangenen Jahren einen Riesenschritt gemacht hat, wenn man sieht, wie sie Spiele wie beispielsweise gegen Gütersloh oder Herford dominiert. Das war vor wenigen Jahren noch nicht so. Die Weiterentwicklung war enorm positiv. Aber die Bundesliga ist einfach noch mal etwas ganz Anderes. Auf dem Papier werden wir wahrscheinlich für viele der erste Absteiger sein, doch warum sollen wir nicht dieses gallische Dorf sein, das sein Ziel Klassenerhalt erreicht. Wir brauchen uns nicht zu verstecken und haben keine Angst vor dem, was da kommt. Wir müssen eben im Training sehr gut arbeiten und den Spielerinnen viel mitgeben, um immer top vorbereitet in die Spiele zu gehen.

Haben Sie den Eindruck, dass Sie eventuell im Laufe der Saison dem Team helfen müssen, mit Negativerlebnissen fertig zu werden, da es dies seit ein paar Jahren praktisch gar nicht mehr kennt?

Schmalenberg Die Spielerinnen sind realistisch und haben auch Demut vor der Aufgabe. Wir dürfen nur nicht vor Ehrfurcht erstarren und schwere Beine bekommen. Ich denke, dass die eine oder andere erst einmal ankommen muss in der Bundesliga. Ich hoffe, dass wir nicht zu lange dafür brauchen, denn wir wissen, dass es nicht so lange dauern darf. Doch die Mannschaft macht einen sehr, sehr guten Eindruck. Jeder weiß, woher wir kommen und was unsere Aufgabe ist. Wir dürfen uns auch nicht zu sehr mit der ganzen Euphorie beschäftigen. Und es darf uns nicht erdrücken, wenn in Frankfurt plötzlich 3000 Zuschauer da sind. Ansonsten mache ich mir da keine Gedanken. Die Mannschaft hat schließlich schon im vergangenen Jahr Neuerungen sehr gut angenommen. Und wenn wir als Trainer voll hinter einer Sache stehen, wird das auch von der Mannschaft schnell akzeptiert. Erfolge geben dir dabei auch die nötige Sicherheit.

Worauf liegt der Fokus in den letzten beiden Wochen vor dem Start?

Schmalenberg Wir werden uns natürlich mit unserem ersten Gegner, dem 1. FFC Frankfurt beschäftigen, doch wichtig ist vor allem, dass man auf sich selbst schaut. Wir haben in den vergangenen Wochen sehr intensiv gearbeitet, jetzt muss die nötige Spritzigkeit dazukommen. Wir müssen in den Beinen und im Kopf frisch sein im ersten Spiel. Gewisse Dinge wie das Herausspielen von Torchancen oder Standards werden nochmals forciert, doch letztlich geht es in jedem Training darum, das Maximale zu fordern.

Das große Ziel ist der Verbleib in der Bundesliga. Welche Rolle spielt der DFB-Pokal, in dem am Sonntag die Erstrundenbegegnung beim Oberligisten KSC ansteht?

Krienen Das beste Beispiel, was für eine Aufmerksamkeit und Euphorie der Pokal einem bescheren kann, ist der letztjährige Finalist SC Sand. So etwas kann man schon für sich nutzen. Wir nehmen den KSC ernst und wir wollen natürlich eine Runde weiterkommen, der Fokus liegt jedoch ganz klar auf der Bundesliga.

(RP)
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