Borussia Mönchengladbach "Wir verkaufen kein Tafelsilber"

Borussia Mönchengladbachs Führung spricht nach dem Erfolg in der Relegation über die Saison, Marco Reus, die Ziele fürs nächste Spieljahr, wirtschaftliche und sportliche Perspektiven und die Mitgliederversammlung morgen im Borussia-Park.

 Borussias Präsident Rolf Königs (rechts) in der RP-Redaktion, neben ihm Vizepräsident Rainer Bonhof (Mitte) und Manager Max Eberl.

Borussias Präsident Rolf Königs (rechts) in der RP-Redaktion, neben ihm Vizepräsident Rainer Bonhof (Mitte) und Manager Max Eberl.

Foto: rpo, Andreas Bretz

Wenn man so gerade im Relegationsspiel den Klassenerhalt schafft, ist das dann nur noch ein gelungener Reparaturversuch der Saison?

Rolf Königs Wir fühlen uns schon als Gewinner, aber wir können das realistisch einschätzen. Nach der katastrophalen Hinrunde haben wir alle Kräfte mobilisiert und gesagt: Jetzt erst recht. Wir sind gut vorbereitet in die Rückrunde gegangen, haben nach ausgiebigen internen Diskussionen beschlossen, an Michael Frontzeck festzuhalten. Nach den Niederlagen gegen Stuttgart und St.Pauli haben wir doch den Trainer gewechselt. Lucien Favre war für uns ein beschriebenes Blatt, er hat uns dennoch überrascht, wie genau er unsere Mannschaft analysieren konnte. Er hat uns gesagt: Ich bin überzeugt, dass wir es mit diesem Team schaffen können. Dass wir die Klasse gehalten haben, war eben auch ein Ergebnis einer Strategie.

Sie sind früh in eine Krise geraten, welche Fehler haben Sie gemacht?

Max Eberl Am Kader hat es nicht gelegen. Denn wir hatten eine sehr gute Vorbereitung und sind gut gestartet. Dann haben zeitweise neun länger verletzte Spieler gefehlt. So etwas können wir nicht wegschieben. Ich habe den Fehler gemacht, vielleicht zu sehr auf junge Spieler zu setzen. Das war bei den vielen Verletzten für unser riskantes offensives Spiel nicht zu verkraften.

Warum haben Sie dann doch so lange an Trainer Frontzeck festgehalten?

Eberl Wir wollten versuchen, hier etwas aufzubauen. Es wurde ja gerade unserem Präsidium oft vorgeworfen, zu viele Wechsel vorzunehmen. Und wir waren davon überzeugt, dass es richtig war, Michael Frontzeck die Chance zu geben, die Mannschaft nach der Rückkehr der verletzten Spieler und mit den Neuverpflichtungen des Winters in die Rückrunde zu führen.

Sie haben zumindest mal angedeutet, dass Sie Ihr Schicksal mit dem von Frontzeck verbinden würden. Sind Sie nicht gemeinsam mit dem Projekt Frontzeck gescheitert?

Eberl Wenn bei jeder Krise Trainer und Sportdirektor gehen müssen, dann haben wir das Modell Magath. Es war ja nicht so, dass das Projekt Frontzeck direkt gescheitert war. In der ersten Saison mit ihm haben wir mit sehr gutem Fußball Platz 12 erreicht.

Sie werden hart kritisiert. Gemeinsam mit Präsident Königs sind Sie das Feindbild.

Eberl Das hat mich hart getroffen. Aber jetzt haben wir durch den Verlauf der Rückrunde eine extrem positive Stimmung. Wenn wir von extremen Rahmenbedingungen wie in der Hinrunde verschont bleiben, warum sollten wir nicht etwas erleben wie Hannover in diesem Jahr? Überraschungen wie in dieser Saison wird es wieder geben. Warum soll nicht das scheinbar Unmögliche mal für uns laufen?

Königs Vielleicht war es vor der Saison ein Fehler zu sagen, dass wir das Wort Abstieg aus dem Vokabular streichen wollen. Aber man hat mir früher vorgeworfen, zu schnell zu hohe Ziele zu setzen. Nun werde ich kritisiert, weil ich sage, dass wir ein Verein mit begrenzten Möglichkeiten sind. Wir können nur ausgeben, was wir einnehmen. Aber wir sparen uns natürlich auch nicht kaputt.

Warum nehmen Sie dann nicht das 15-Millionen-Kaufangebot für Marco Reus an?

Königs Weil wir ihn brauchen. Wir verkaufen unser Tafelsilber nicht. Er ist unsere Entdeckung — wie im Übrigen die inzwischen 18 Jugendnationalspieler. Als wir 1999 anfingen, war es gerade mal einer.

Die Fans erwarten von einem Klub mit der Gladbacher Geschichte aber mehr als Abstiegskampf.

Stephan Schippers Wir wollen den Klub nachhaltig entwickeln. Das geht nur Schritt für Schritt. Wir werden den Mitgliedern den für uns machbaren Weg zeigen. Es hilft nicht, von der Champions League zu träumen.

Rainer Bonhof Ich bin zwar erst seit zwei Jahren dabei, aber ich kann feststellen, dass wir auf einem richtig guten Weg sind.

Was für Ziele können Sie sich denn setzen?

Königs Als wir 1999 hier anfingen, war die Lizenz weg. Wir haben mit privaten Bankbürgschaften alles abgearbeitet, unsere Rechnungen bezahlt, unsere Rechte wieder erworben, ein Stadion gebaut. Das hat uns erst handlungsfähig gemacht.

Eberl Ich stell mich nicht hier hin und sage: Freibier für alle und nächstes Jahr internationaler Fußball. Wir wollen ein beständiges Mitglied der Bundesliga sein und attraktiven Fußball spielen. Mit unserer Mannschaft sind wir in der Lage, im Mittelfeld um Platz 10 bis 13 zu spielen. Was alles passieren kann, haben wir in dieser Saison bei Hannover und Mainz.

Wo gibt es Handlungsbedarf?

Eberl Wir schauen uns um im Offensivbereich, in der Defensive. Dabei muss man wissen, dass Nationalspieler vom Gehalt einfach nicht zu finanzieren sind. Aber die Jungen, die wollen zu uns, weil sie die Durchlässigkeit nach oben sehen. Wir suchen nach Spielern, die nicht auf eine Position festgelegt, sondern flexibel sind.

Im Tor setzen Sie auf einen ganz jungen Mann, ter Stegen?

Eberl Bewusst, wir sind von ihm überzeugt. Darüber hinaus wollen wir ein Team um unsere Stützen Dante, Stranzl, Arango, Reus, de Camargo bauen.

Dante kokettiert mit Angeboten.

Eberl Ich bin nicht bereit, dauernd Qualität zu verkaufen.

Qualität als Spieler kann ein anderer nachweisen, der Sonntag in der Mitgliederversammlung den Sturz des Präsidiums plant und Sie, Herr Königs, mit dem Sonnenkönig vergleicht.

Königs Was Stefan Effenberg da sagt, ist meilenweit von der Realität entfernt. Wir sind ein Team, das seine Entscheidungen gemeinsam trifft.

Siegfried Söllner Die Entscheidungen liegen immer auf allen Schultern, aber in der Öffentlichkeit wird der Präsident stellvertretend attackiert.

Hat der Angriff Chancen auf Erfolg?

Königs Die Opposition verbreitet den Eindruck, als werde eine Wahl stattfinden. Es wird nur über einen Antrag abgestimmt, die Satzung zu ändern, weil damit angeblich die Struktur verbessert wird. Die Initiative sieht den Zeitpunkt, eine feindliche Übernahme vorzunehmen.

Bonhof Die Opposition ist mit dem Ziel angetreten, Vereinsanteile zu verkaufen. Dann gab es Personenkult um Effenberg. Und nun ist es eine Job-Beschaffungsmaßnahme.

In der Ihr alter Mitspieler Horst Köppel als Präsident gehandelt wird.

Bonhof Es hat mich menschlich sehr enttäuscht. Da sind Leute, die sprechen davon, die Raute im Herzen zu tragen, aber die hat man bei den entscheidenden vier Spielen der Saison nicht mehr gesehen.

Wann ist der 29. Mai ein guter Tag gewesen?

Königs Das wird ein guter Tag, ich bin überzeugt, dass unsere Mitglieder den Antrag der Opposition nicht annehmen. Dann kann nicht kaputtgemacht werden, was Borussia aufgebaut hat.

Robert Peters fasste das Gespräch zusammen

(RP)
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