Borussia Versuche, die anderen mitzureißen

Borussias Hoffnungsträger Marcell Jansen steigt heute wieder ins Mannschaftstraining ein

Sind Sie gut ins neue Jahr gekommen?

Jansen Ja. Ich habe mit meiner Freundin Julia Goedicke und meiner ganzen Familie bei Bonert in Lürrip gefeiert.

Marcell Jansen, Borussias Shootingstar, für den der HSV im vergangenen Jahr 10 Millionen Euro bot, der WM-Held aus dem Sommermärchen, feiert in der Kneipe um die Ecke?

Jansen Ich bin der Junge von nebenan geblieben, das habe ich immer gesagt. Und meine Familie und meine Freunde sind mir sehr wichtig. Wir hatten viel Spaß. Julia und ich haben sogar gemeinsam gezapft und gekellnert.

Heute geht für Sie die Zeit des Wartens nach fast 100 Tagen zu Ende. Sie steigen erstmals nach Ihrer Meniskus-Operation wieder ins Training ein.

Jansen Ich habe in den vergangenen Wochen ja schon viel mit unserem Physiotherapeuten Michael Risse und in der Reha gemacht. Zuletzt kam auch der Ball ins Spiel. Das hat sehr gut getan. Ich muss zugeben, dass es sehr schwierig war, da oben auf der Tribüne zu sitzen und zuzusehen. Gerade in den letzten Wochen, als es nicht so gut lief. Ich war heiß, es juckte im Fuß. Aber ich wusste, dass ich nichts machen konnte. Das war kein gutes Gefühl, ganz ehrlich.

Sie gelten als einer der großen Hoffnungsträger für die Rückrunde. Die Statistik belegt, warum: Vor Ihrer Verletzung gewann Borussia vier von sieben Spielen, als Sie fehlten nur noch ein von zwölf. Verspüren Sie deswegen großen Druck?

Jansen Nein. Ich setze mir meine Ziele erstmal kurzfristig. Ich bin bereit und weiß, dass ich immer alles gebe. Ich versuche, die anderen mitzureißen. Ob es anders gelaufen wäre, wenn ich gespielt hätten, weiß ich natürlich nicht. Durch die Krise ist das Selbstvertrauen der Mannschaft im Keller. Das muss sich ändern.

Hat einer, der die Initiative ergreift, in der Hinrunde gefehlt?

Jansen Aus der Warte des Zuschauers war auffällig, dass die Mannschaft zusammen gut gespielt hat, wie beispielsweise gegen Wolfsburg, als sie einen Rückstand umgebogen hat, oder in München. Oder sie ging gemeinsam unter. Wir brauchen Kämpfer, eben Leute, die die Initiative ergreifen, auch wenn es nicht läuft.

Kann Jupp Heynckes das Ruder rumreißen?

Jansen Man kann eine Krise doch nicht immer am Trainer festmachen. Jeder Spieler muss wissen: Wo will ich hin und gebe ich alles dafür? Jeder muss sich hinterfragen. Wir haben in den letzten Jahren oft den Trainer gewechselt, es hat nicht viel gebracht. Wichtig ist es, Konstanz reinzubringen. Die Mannschaft muss sich finden, wir brauchen eine klare Linie. Die Qualität ist da, es lief einfach nicht gut. Ich denke aber, wir sind gut genug, um aus der Krise rauszukommen. Wichtig ist, dass wir jetzt eine gute Vorbereitung machen und alle mitziehen. Das war auch bei der WM so. Da wurde endlich mal positiv gedacht. Das muss bei Borussia auch so sein. Wenn der Wille und die Euphorie da sind, kommt der Erfolg von selbst.

Jupp Heynckes sagt, die Mannschaft müsse ein verschworener Haufen werden. Bringt das wirklich Punkte?

Jansen Wir dürfen nicht nur vom Wir-Gefühl sprechen, sondern müssen davon absolut überzeugt sein. Und wir müssen aus unseren Fehlern lernen. Das ist nicht Sache das Trainers, da sind die Spieler gefordert. Jeder muss seine persönlichen Eitelkeiten überwinden, dann klappt das auch.

Werden Sie vor der Mannschaft diese Dinge ansprechen?

Jansen Ich bin jemand, der die Dinge ehrlich anspricht, aber immer positiv. Es geht ja nicht um mich, sondern um den Erfolg des Klubs. Borussia ist mein Traumverein, ich lebe dafür. Natürlich muss ich erstmal wieder meine Leistung bringen. Ich will wieder zeigen, was ich kann.

Wo steht Borussia am Saisonende?

Jansen Auf jeden Fall auf einem Nichtabstiegsplatz. Mit positiver Energie kann man vieles gerade rücken. Was dann noch drin ist, wird sich zeigen.

(RP)
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