Borussia Mönchengladbach Traore: "Ich wollte eigentlich Schriftsteller werden"

Mönchengladbach · Ibrahima Traore, Borussias Zugang aus Stuttgart, spricht über seinen Wechsel nach Gladbach, seine Erwartungen und seine Interessen jenseits des Fußballs.

 Borussias neue Nummer 8: Ibrahima Traore, 26, kommt vom VfB Stuttgart. Er wurde in Frankreich geboren, ist aber Nationalspieler von Guinea.

Borussias neue Nummer 8: Ibrahima Traore, 26, kommt vom VfB Stuttgart. Er wurde in Frankreich geboren, ist aber Nationalspieler von Guinea.

Foto: Wiechmann

Herr Traore, Ihr Vertrag beim VfB Stuttgart lief im Sommer aus. Sie haben sich dann für Borussia entschieden. Warum?

Traore Ich war in einer komfortablen Situation, weil der Vertrag endete. Es gab einige Optionen in der Bundesliga und auch in England. Und die, beim VfB zu bleiben. Aber wir konnten uns nicht einigen. Gladbach stand zunächst nicht zur Debatte. Aber mir hat Borussias Spiel beim VfB in der letzten Hinrunde sehr gefallen. Die Gladbacher haben so gespielt, wie ich es mag. Dann kam der Anruf von Sportdirektor Max Eberl. Wir haben uns getroffen und offen geredet über Ziele und die Spielweise. Und die Borussen haben mir gesagt, wie sie mit mir planen. Danach habe ich zu meinem Berater gesagt: Ich gehe zu Borussia. Wir haben den Wechsel für den Sommer verabredet, dann fragte Borussia an, ob ich schon im Winter kommen könne. Doch der VfB hat das abgelehnt. Aber jetzt bin ich hier, habe einen langfristigen Vertrag und freue mich auf Borussia.

Welchen Plan hat Borussia mit Ihnen?

Traore Ich und André Hahn sind sehr schnelle Spieler, und das ist es, was wir ins Borussen-Spiel einbringen sollen: Tempo und Tiefe. Allerdings haben wir beide in Augsburg und Stuttgart anders gespielt, also müssen wir uns an das Gladbacher Spiel anpassen. In Stuttgart bin ich oft ins Eins gegen Eins gegangen. Solche Situationen gibt es bei Borussia weniger, weil es um viel Ballbesitz geht.

Trotzdem ist zu erwarten, dass sich Borussias Spiel verändern wird. Auch bei der WM hat sich gezeigt, dass es weniger um Ballbesitz als viel mehr um Schnelligkeit geht.

Traore Bei einer WM zeigen alle Länder ihre Qualitäten. Das ist normal. Aber entscheidend ist, dass das Spiel einer Mannschaft zu den Spielern passt. Lucien Favre hat eine klare Vorstellung und wir müssen sie umsetzen. Dazu gehört für die Offensivspieler auch, nach hinten zu arbeiten. Aber das mache ich ganz gut, denke ich. Ich will dem Team helfen, und da gehört das dazu.

Mancher sagt, Sie könnten der Nachfolger von Juan Arango sein.

Traore Juan Arango hat unglaubliche Tore hier geschossen, das war klasse. Aber ich bin nicht Juan Arango, sondern Ibrahima Traore. Ich bin ein anderer Typ. Das weiß Lucien Favre, und ich denke, niemand erwartet von mir, der neue Arango zu sein. Ich will meine eigene Geschichte mit Borussia schreiben.

Eine allerdings können Sie einbringen, mit dem auch Arango glänzte: gefährliche Freistöße. Sie haben das im Borussia-Park gezeigt, als Sie zuletzt mit dem VfB dort gespielt haben. Der Ball flog an die Querlatte.

Traore Ehrlich gesagt habe ich beim VfB gar nicht so viele Freistöße geschossen. In der Nationalmannschaft von Guinea habe ich drei meiner sieben Tore per Freistoß erzielt, aber im Verein habe ich noch nicht getroffen. Trotzdem kann ich ganz gute Freistöße schießen - und vielleicht bekomme ich in Gladbach ja öfter die Gelegenheit dazu.

Sie sind 1,72 Meter groß - ein klassischer Flügelstürmer also.

Traore (grinst) Ja, Flügelstürmer sind oft klein und wendig. Und von Haus aus bin ich Linksaußen. In der Nationalmannschaft spiele ich aber rechts - und beim VfB im rechten Mittelfeld.

Apropos Größe: Sie waren im Urlaub in Miami und haben dort Shaquille O'Neal getroffen. Der ist 216 Zentimeter lang - Sie haben ein Foto bei Twitter gepostet.

#shaq#oneal#legend#miami#amazing pic.twitter.com/Rv6bCN9Urv

Traore (lacht) Ja, das war klasse. Ich war mit meinem Bruder und meinem Kumpel Antonio Rüdiger in Miami. Wir waren dann in der Stadt, dort trifft man viele Stars. Plötzlich stand dann Shaq neben uns. Wahnsinn, der ist echt ein Tier. Antonio ist 1,90 Meter groß und ging neben ihm unter. Es ist doch klar, dass man da auch ein Foto macht.

Normalerweise werden Sie als Fußball-Star fotografiert.

Traore Ach, wissen Sie, ich glaube, dass der Fußball manchmal echt überbewertet wird. Es ist ein Spiel, an dem man Spaß haben soll, aber es gibt Dinge in der Welt, die man wichtiger nehmen sollte. Ich bin Profi, es ist mein Beruf, den ich sehr ernsthaft betreibe - und bei dem ich natürlich auch Spaß haben will. Aber es gibt sicherlich größere Stars als Fußballer.

Zum Beispiel?

Traore Barak Obama oder Muhammed Ali. Das sind zwei große Persönlichkeiten mit Charisma. Und beide haben viel für die Schwarzen getan. Wer hätte denn vor ein paar Jahren gedacht, dass es einen dunkelhäutigen US-Präsidenten gibt? Beide zeigen, was mit Arbeit, Fleiß und Selbstvertrauen möglich ist. Allerdings kann man auch vom Fußball viel lernen. Es spielen viele verschiedene Menschen aus vielen Ländern in einem Team und es funktioniert.

Wollten Sie schon immer Fußballprofi werden?

Traore Als Kind schon. Mit 17, 18, habe ich nicht mehr daran geglaubt, es zu schaffen. Ich habe in der Schule in Paris das Fach Literatur belegt und wollte eigentlich Schriftsteller werden. Dann kam aber die Lust am Fußball wieder und ich bin doch Profi geworden.

Was für Bücher hätten Sie geschrieben als Schriftsteller?

Traore Da kann ich so genau nicht sagen. Aber es war eben zwischenzeitlich mein Traum. Ich lese in meiner Freizeit immer noch gern, vor allem französische Schriftsteller wie Francois Sagan.

Was machen Sie sonst außerhalb des Fußballs?

Traore Ich bin ein Familienmensch. Ich muss zugeben, dass ich nicht gut allein sein kann. Wir waren früher zu Hause immer sehr viele, ich habe zwei Brüder, zwei Schwestern, vier Cousinen und zwei Cousins. Ich mag es, wenn viele Leute um mich sind, damit bin ich aufgewachsen. Darum sind auch immer Leute aus meiner Familie bei mir. Das gibt mir Ruhe und Sicherheit. Bald kommt auch meine Mutter. Sie lebt in Paris und ist fußballverrückt.

Sie hält es mit Paris St. Germain?

Traore Nein, das ist mein Klub. Mein Mutter ist Fan von Olympique Marseille.

Dann war Sie nicht erfreut, als Borussia Marseille vor zwei Jahren in der Europa League geworfen hat.

Traore (grinst) Gefallen hat ihr das nicht. Aber sie freut sich trotzdem, dass ich jetzt bei Borussia bin.

In Gladbach treffen Sie Lucien Favre wieder, der Ihnen früher bei Hertha BSC Berlin zum ersten Bundesligaspiel verhalf.

Traore Richtig. Das vergisst man einem Trainer natürlich nicht. Und jetzt bin ich wieder sein Spieler. Der Fußball ist wie ein Kreis, man trifft sich immer wieder.

Sie haben damals aber nur ein Spiel gemacht. Woran lag das?

Traore Ich war damals noch sehr jung. Ich kam als Straßenfußballer und war plötzlich Profi. Ich habe alles in Frankreich hinter mir gelassen, das war ein großer Schritt. Ich musste mich erst an alles gewöhnen. Das ist mir in Berlin nicht so recht gelungen und auch danach in Augsburg nicht. Da hatten wir aber Erfolg. Erst in Stuttgart hat es richtig Klick gemacht. Da habe ich gemerkt, worauf es ankommt, wenn man im Konkurrenzkampf bestehen will. Ich bin weniger um die Häuser gezogen und früher schlafen gegangen. Wichtig war, dass ich schnell Deutsch gelernt habe.

War Favre ein Grund, sich jetzt für Gladbach zu entscheiden?

Traore Ja. Jeder weiß, dass er ein Trainer ist, der Spieler und Mannschaften besser machen kann. Ich weiß, dass die Konkurrenz in Gladbach groß ist. Aber ich sehe meine Kollegen erst mal nicht als Konkurrenten, sondern als Mitspieler. Konkurrenzkampf treibt jeden an, alles zu geben. Das ist positiv.

In Stuttgart waren Sie in der Kabine der DJ. Bei Borussia ist das der Job von Oscar Wendt. Auch da gibt es einen Konkurrenzkampf?

Traore (grinst) Nein. Oscar macht das gut und ich mag vieles von dem, was er spielt.

(RP)
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