Borussia Mönchengladbach Selbstbewusste Töne aus Gladbach

Belek · Borussia Mönchengladbachs Mittelfeldspieler Christoph Kramer erklärt im Trainingslager im türkischen Belek: "Wir sind nicht nur Gejagte, wir sind auch Jäger."

 Christoph Kramer gibt sich im Trainingslager der Borussia in Belek selbstbewusst.

Christoph Kramer gibt sich im Trainingslager der Borussia in Belek selbstbewusst.

Foto: Dieter Wiechmann

Es gibt wohl wenige Fußball-Profis, die eine Dauerkarte eines anderen Vereins besitzen. Christoph Kramer ist so einer. Er spielt für Borussia Mönchengladbach, doch er hat ein Saisonticket beim VfL Bochum. Dort spielte er bis zum Sommer zwei Jahre. Dann kam der Wechsel.

Kramer ist die wohl größte Überraschung in der Gladbacher Hinrunde. Er kam aus der Zweiten Liga und wurde prompt zum Stammspieler im Borussia-Park. Er vergisst aber nicht die Stationen auf seinem Weg. Immer dann, wenn er Zeit hat, fährt er in den Ruhrpott. Stehplatz, Bochum-Fanblock. "Es ist ein Verein, der mir immer noch viel gibt, obwohl ich dort nicht mehr spiele", sagt er. "Ich habe immer was dabei. Selbst wenn ich in einem VfL-T-Shirt schlafe." Dieses Jahr stand er bereits bei drei Spielen im Fanblock. "Sich mal ein Spiel ohne Druck anzuschauen, ist auch mal nett. Da kann ich auf dem Stehplatz wenigstens ein bisschen mit meinen Freunden grölen."

In Zeiten, in denen Fußball-Profis immergleiche Sätze von sich geben, die meist die Phrasen "hart arbeiten" und "wir müssen von Spiel zu Spiel schauen" beinhalten, hebt sich Kramer wohltuend ab. Er gibt nichts auf die sonst übliche defensive Grundhaltung in Interviews. So stark er seine Mannschaft auf dem Platz absichert, so offensiv sind die Aussagen des gebürtigen Solingers. Auf die Frage, ob Borussia in der Rückrunde als Tabellendritter angesichts der prominenten Verfolger nun zum Gejagten wird, guckt er skeptisch. "Es stehen noch zwei Mannschaften über uns. Wir sind nicht nur Gejagte, sondern auch Jäger." Ein sehr selbstbewusster Satz. Denn vor Gladbach stehen Leverkusen und die Über-Bayern.

"Ich muss nicht nach Leverkusen wechseln, um glücklich zu sein"

Ob Borussia in der Champions League mithalten könnte? "Warum nicht? Wir können ja auch Bundesliga — und man sollte sich auch international mit den Besten messen wollen." Je mehr Kramer im Gladbacher Erfolg mitmischt, desto größer dürfte der Frust in der Führungsetage des Vereins sein. Denn es ist eine Geschichte auf Zeit. Zwei Jahre hat Borussia den Defensivspezialist von Bayer Leverkusen ausgeliehen, das die Transferrechte an dem Spieler hält. Sportdirektor Max Eberl hatte alles versucht — doch Bayer ließ sich nicht erweichen: 2015 soll Schluss sein. Schließlich hat sich auch in Leverkusen herumgesprochen, wie stark der extrem lauffreudige Spieler in Gladbach auftritt. Kramer beschäftigt sich noch nicht mit diesem Datum. "Ich bin ja noch anderthalb Jahre hier", sagt er. "Das ist noch so weit weg. Aber ganz ehrlich: Ich muss 2015 nicht nach Leverkusen zurück wechseln, um glücklich zu sein."

Eine Bewerbung Richtung Gladbach? Kramer fühlt sich am Niederrhein jedenfalls pudelwohl. Hier hat er sogar seine erste richtige Fußballerfreundschaft geschlossen. Seit er sich bei seinem ersten Trainingslager am Tegernsee im Sommer zusammen mit Max Kruse ein Zimmer teilte, sind die beiden dicke Kumpels. Über Silvester flogen sie zusammen nach Sydney. Dort hatten sie viel Spaß, auch wenn Kramer sich manchmal über seinen Freund wunderte. "Die Fummel, in die er sich manchmal zwängt, damit würde ich mich nicht auf die Straße trauen. Aber er kann es tragen."

Dass sie grundverschiedene Typen sind, stört Kramer dabei nicht. Ganz im Gegenteil. "Natürlich haben wir unterschiedliche Charaktere", sagt er. "Aber ich finde es wichtig, dass du im Freundeskreis nicht nur Leute hast, die so ticken wie du selbst."

Dass Kruse oft so mürrisch wirkt, bringt seinen Kumpel zum Lachen. "Er ist privat nicht so ein Stinkstiefel, wie er manchmal rüberkommt. Ich hatte es im Fußballgeschäft jedenfalls noch nie, dass man sich so schnell so gut versteht." Wenn man Christoph Kramer so erlebt, weiß man sofort: Es wird nicht die letzte Freundschaft sein.

(RP)
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