Borussia Mönchengladbach Schippers: "Würden alles tun für EM-Spiele im Borussia-Park"

Mönchengladbach · Im ersten Teil des RP-Interviews spricht Borussias Geschäftsführer über Realismus und Euphorie, ein Europokal-Finale und EM-Spiele in Gladbach, den Stadionausbau und das Prinzip der Selbstregulierung.

 Stephan Schippers (47) ist Borussias Geschäftsführer und Mitglied des Aufsichtsrats der Deutschen Fußball-Liga.

Stephan Schippers (47) ist Borussias Geschäftsführer und Mitglied des Aufsichtsrats der Deutschen Fußball-Liga.

Foto: dpa, os jai

Herr Schippers, Haben Sie nach dem 2:0-Sieg bei den Bayern und angesichts der Tabellensituation schon mal durchgerechnet, was Borussia in der nächsten Saison eventuell in der Champions League verdienen kann?

Schippers (schmunzelt) Wir alle sind so realistisch, dass wir das Spiel in München und das Ergebnis genossen haben, aber ich glaube, dass wir jetzt alle wieder auf dem Boden angekommen sind. Wir bleiben bei dem Motto Spiel für Spiel und fangen nicht an zu träumen. Die Fans dürfen träumen, aber bei uns ist Realismus angesagt. So gehen wir jetzt die Spiele an — als erstes das in Hoffenheim am Ostersamstag.

Wie anstrengend ist es, Ihr Umfeld immer wieder einzufangen?

Schippers Es ist natürlich eine riesengroße Euphorie, die nach dem Sieg in München hier um den Verein schwingt. Das nehmen wir mit, ja. Aber wir haben im Großen und Ganzen sehr realistische Fans hier in Mönchengladbach und wir kennen auch andere Zeiten. Darum ist Realismus wichtiger als alles andere. Ich verstehe die Euphorie, aber wenn man mal die Augen aufmacht und sich anguckt, wo andere Vereine stehen, sieht man, dass wir uns heute oberhalb unserer natürlichen Grenzen befinden. Das freut uns total und darum arbeiten wir auch hart dafür. Wir sind Dritter und trauen uns das auch zu — aber nur in dem Rahmen totaler Konzentration. Denn es ist noch ein langer Weg.

Immerhin: Absteigen wird Borussia sicher nicht mehr.

Schippers (lacht) Mir wird ja immer attestiert, sehr konservativ zu planen, aber damit rechne ich jetzt nicht mehr.

Trotz allen Realismus und Von-Spiel-zu-Spiel-Denken gibt es auch Planungen über größere Zeiträume. Hat Borussia schon einmal darüber nachgedacht, sich für die Austragung eines Europapokal-Finales zu bewerben?

Schippers Nein, das haben wir nicht getan. Unser Stadion ist allerdings von der Uefa zertifiziert und hat den Status 'Elitestadion', das ist die höchste Kategorie. Darüber hinaus muss man auch da realistisch sein und sagen, dass bei der Vergabe solcher Spiele viele Faktoren über das Stadion hinaus eine Rolle spielen.

Wie sieht es mit der EM 2024 aus, für deren Ausrichtung Deutschland ein aussichtsreicher Kandidat ist. Wie schätzen Sie die Chancen ein, dass der Borussia-Park ein Spielort sein wird?

Schippers Das muss der DFB beantworten. Aber im Falle einer Vergabe an Deutschland bin ich guter Dinge, dass wir uns mit dem Borussia-Park der Konkurrenz stellen können. Bei der WM 2006 wurden wir nicht berücksichtigt, so dass wir als Borussia sagen: Wenn Deutschland die EM bekommt, freut uns das riesig, und wir werden alles dafür tun, dass hier Spiele stattfinden.

Gibt es eigentlich einen Zeitpunkt, an dem man sagt: Das Stadion ist fertig?

Schippers Nein, das glaube ich nicht. Auch wenn das Stadion ja an sich fertig ist, geht es darum, den Borussia-Park als Ganzes weiterzuentwickeln. Wir machen uns Gedanken über unseren Fanshop, über eine Erlebniswelt und auch ein Hotel, um Fragestellungen der Zukunft beantworten zu können. Gerade wenn wir auf die mögliche EM 2024 schauen, wird es, was die Technik angeht, weitere Entwicklungen geben, um den Komfort zu steigern.

Das Thema technische Ausrüstung des Stadions haben Sie gerade angesprochen. Die BayArena in Leverkusen wird ein Hightech-Stadion mit freiem WLAN für alle. Wie sehr verfolgen Sie solche Projekte?

Schippers Natürlich verfolgen wir die Entwicklungen in diesem Bereich. Wir fragen uns auch, wo die Zukunft liegt. Aber ehrlich gesagt sind es nicht die Themen, die ganz oben stehen, wenn wir mit unseren Fans reden. Weil das Spiel und nicht die Vermarktung das Wichtigste ist.

Glauben sie, dass das sehr konkrete Urteil gegen den 1. FC Köln der richtige Weg ist, um solche Auswüchse wie den Platzsturm bei Derby in den Griff zu kriegen?

Schippers Ich bin überzeugt, dass es ein zukunftsweisendes, ausgewogenes und nachvollziehbares Urteil ist. Diese Sanktion trifft die Gruppe, die im Derby für die Probleme gesorgt hat. Pauschalstrafen wie ein Geisterspiel können nur die Ultima Ratio sein. Die Stufe, die der Verband jetzt gewählt hat, ist eine mit Augenmaß. Das hat nicht nur mit Gladbach oder Köln zu tun, sondern zielt darauf ab, die Eigenverantwortlichkeit der Fans zu stärken. Das muss das Ziel sein. Es gibt Gesetze in Deutschland, eine Stadionordnung und auch einen Ordnungsdienst. Es ist wichtig, dass es in einer Fankurve eine Dynamik gibt, die dazu führt, dass die Fans untereinander aufeinander aufpassen und sagen: Lass' das mit der Pyro, lass' das mit dem Platzsturm. Wir wollen alle die Stehplätze erhalten und darauf achten, dass die Zäune nicht zu hoch werden. Aber genau solche Ereignisse wie dieser Platzsturm konterkarieren diese Bestrebungen. Es ist das Prinzip der Selbstregulierung, auf die das DFB-Urteil abzielt.

In der vergangenen Woche war die Liga-Konferenz. Wird Borussia aufgrund der Entwicklung der vergangenen Jahre nun anders wahrgenommen im Kreis anderen Klubs?

Schippers Ich glaube schon, dass Borussia Mönchengladbach immer schon sehr positiv aufgenommen worden ist bei den Kollegen. Natürlich wird draußen wahrgenommen, wie die sportliche Entwicklung der letzten Jahre ist und auch, dass wir jetzt Spieler wie Lars Stindl verpflichten, der sich unter namhafter Konkurrenz am langen Ende für uns entschieden hat. Das lässt Fußball-Deutschland natürlich aufhorchen. Aber wir dürfen das nicht überbewerten und müssen weiter brav unsere Arbeit machen.

KARSTEN KELLERMANN UND STEFAN KLÜTTERMANN SPRACHEN MIT STEPHAN SCHIPPERS.

(RP)
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