Doppelpack im DFB-Trikot Gladbachs Reitz glänzt bei der U21 – und dürfte ein neues Ziel im Blick haben
Mönchengladbach · Eingewechselt, Gegentor verschuldet, Doppelpack – für Rocco Reitz war es am Freitag ein aufregendes Debüt im Trikot der deutschen U21-Nationalmannschaft. Was Gladbachs Eigengewächs zu seinem Auftritt sagte, welches Lob er von Youssoufa Moukoko bekam und was Reitz 2025 im Blick haben dürfte.
Falls Rocco Reitz nach dem 4:0-Sieg gegen den VfL Wolfsburg und seinem ersten Bundesliga-Tor dachte, so ein Highlight-Spiel würde so schnell nicht wieder kommen, wurde er am Freitagabend eines Besseren belehrt. Der Gladbach-Profi, der im Oktober seine erste Nominierung für die deutsche U21-Nationalmannschaft erhalten hatte, feierte beim 4:1-Erfolg in der EM-Quali gegen Estland sein Debüt – und traf als Joker per Doppelpack.
Reitz hatte gerade erst das Spielfeld bei seiner Einwechslung in der 63. Minute in Paderborn betreten, da stand er gleich im Mittelpunkt. Weil ihm der Ball bei einer Annahme versprang, war er der Hauptschuldige am 2:1-Anschlusstreffer der Esten, die Glück hatten, nicht schon zur Halbzeit hoch in Rückstand zu liegen. 17:2 Torschüsse hatte die Mannschaft von DFB-Trainer Antonio di Salvo in den ersten 45 Minuten, 40:7 hieß die Bilanz am Ende. Zwei der Torschüsse gab Reitz ab, der in der Schlussphase (88. und 90.+4 Minute) für die Entscheidung sorgte.
Etwas Glück hatte Reitz, dass sein Schuss aus der Drehung zum 3:1 von der Ecke des Fünfmeterraumes leicht abgefälscht wurde. Gladbachs Mittelfeldspieler hatte sich zuvor in den Strafraum geschlichen und völlig blank gestanden. Gedankenschnell war Reitz dann in der Nachspielzeit, als der gegnerische Torwart einen Schuss von Nick Woltemade klatschen ließ und Reitz den Ball aus kurzer Distanz zum 4:1-Endstand im Tor unterbringen konnte.
„Ich bin sehr, sehr glücklich. Dass das in meinem ersten Spiel mit zwei Toren endet, ist umso schöner. Ich stand zweimal richtig, kann man sagen“, sagte Reitz, der als Spätberufener nun genauso viele Junioren-Länderspiele (zwei; eins für die U16 vor sechs Jahren) wie Tore auf dem Konto hat. Sein Trainer di Salvo ärgerte sich über das Gegentor und verriet, dass sich Reitz nach dem Spiel entschuldigt habe. „Er hat gesagt: ‚Sorry für den einen Fehler‘, aber dafür hat er es doppelt wieder gutgemacht“, sagte di Salvo. Lob gab es auch von U21-Torjäger Youssoufa Moukoko: „Ich freue mich für Rocco. Wir alle genießen ihn. Er ist ein überragender Fußballer, ballsicher. Ich liebe es, mit ihm zu spielen.“
Dass Reitz nach seinen starken Auftritten im Gladbach-Trikot nun auch im DFB-Trikot international auf sich aufmerksam gemacht hat, ist die nächste vorläufige Krönung seiner Saison, vor der er selbst noch nicht genau wusste, wo es für ihn hingeht. „Ich bin mit meinem Kopf voll bei Borussia. Wofür es am Ende reicht, kann ich nicht vorhersagen, ich kann nur alles dafür tun, das positiv zu beeinflussen und mich bestmöglich zu präsentieren. Wenn das am Ende nicht reicht, um zu spielen, müssen wir sehen, was passiert“, hatte Reitz im Juni im Interview mit unserer Redaktion gesagt.

Borussias Eigengewächse aus dem Fohlenstall
Durch die zwischenzeitlich langen Ausfallzeiten von Manu Koné und Christoph Kramer hat Reitz die Chance genutzt, sich unter Gladbachs neuem Trainer Gerardo Seoane in den Vordergrund zu spielen. Ob in einem Dreier-Mittelfeld oder auf der Doppelsechs – Reitz fällt vor allem durch aggressives Zweikampfverhalten auf, weiß wie bei seiner Vorlage nach starkem Dribbling beim 3:3 in Darmstadt und bei seinem Tor gegen Wolfsburg aber auch fußballerisch zu überzeugen.
Für seinen Verein, für den er einst schon in der U9 auflief, ist die Reitz-Geschichte ein Aushängeschild und das wichtige Signal, dass sich ein Spieler aus der eigenen Jugend bei den Profis etablieren kann. Erst kürzlich hat Reitz einen neuen Vertrag bis 2026 unterschrieben. Dass er nach seinem Bundesliga-Debüt unter Marco Rose im Herbst 2020 irgendwann aber tatsächlich Stammspieler in Gladbach werden würde, war nicht unbedingt abzusehen.
Doch seine zweite Leihe beim belgischen Erstligisten VV St. Truiden hat er in der vergangenen Saison genutzt, sich mehr und mehr an den Erwachsenenfußball zu gewöhnen – und erfahren, dass es für junge Spieler nicht immer bergauf geht. „Das hat mich reifen lassen, ich konnte viele Dinge lernen. Wenn es bei mir von Anfang an nur steil nach oben gegangen wäre, wäre ich jetzt nicht der gleiche“, Kostenpflichtiger Inhalt sagte Reitz Ende Oktober gegenüber unserer Redaktion.
Über seine kurzfristigen Ziele sagte der 21-Jährige: „Auf dem Platz möchte ich noch mehr Einfluss aufs Spiel nehmen, im Idealfall auch in Form von Toren und Assists.“ Drei Tore hat er seitdem folgen lassen, spätestens seit Freitag dürfte ein langfristiges Ziel hinzugekommen sein: Die Teilnahme an der U21-EM im Jahr 2025. Dafür muss Reitz in erster Linie weiter bei Borussia überzeugen. Blickt man auf seine bisherige Saison, spricht einiges dafür, dass er das schafft.