Borussia Mönchengladbach Riesen-Andrang für Weltmeister Kramer

Solingen · Er fühle sich in Gladbach "ganz wohl", sagte der Borusse gestern - und dass er sich nicht an sein Gespräch mit dem Final-Schiedsrichter erinnere. Seine Heimatstadt Solingen bereitete ihm einen ebenso triumphalen wie chaotischen Empfang.

Für einen kurzen Moment waren die tropischen Bedingungen im dicht bevölkerten Flur des Solinger Rathauses vergessen, als sich einer der Bambini-Kicker des BV Gräfrath neben Christoph Kramer auf die Bühne stellen und ein Kurz-Interview führen durfte. Ob man noch Ziele haben könne, wenn man direkt Weltmeister werde, wollte der kleine Max wissen. Der Nationalspieler lächelte und entgegnete spontan, dass es bei dem einen Mal ja nicht bleiben müsse.

Und Max erkundigte sich, für welchen Verein der gebürtige Solinger gerne einmal spielen würde: "Sie haben doch früher als kleiner Junge das Trikot von Bayern München getragen." Kramer reagierte diplomatisch: "Damit kann ich mich heute nicht mehr blicken lassen." Nach kurzer Pause ergänzte er dann aber: "Ich fühle mich ganz wohl in Mönchengladbach."

Kramer feiert WM-Party in Solingen
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Kramer feiert WM-Party in Solingen

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Der Weltmeister strahlte über das ganze Gesicht und wusste gar nicht, wohin er bei dem offiziellen Empfang schauen sollte. Den Eintrag ins Goldene Buch der Stadt, der sonst nur im kleinen Kreis geladener Gäste erfolgt, wohnten bei großer Hitze rund 250 dicht gedrängte Personen bei. Vor den Kameras zahlreicher Fernsehsender und im Blitzlichtgewitter vieler Fotografen leistete der "große Sohn unserer Stadt", wie ihn Oberbürgermeister Norbert Feith begrüßt hatte, nach dem offiziellen Akt viele weitere Unterschriften. Alle wollten ein Autogramm vom Weltmeister haben.

Am Mittwoch war Kramer in Mönchengladbach den ganzen Tag von sieben verschiedenen Ärzten untersucht worden. Die einheitliche Diagnose: Alles ist in Ordnung nach der im WM-Finale erlittenen Gehirnerschütterung. Auch an das Spiel kann sich Kramer jetzt wieder erinnern - zumindest indirekt: "Ich habe mir das Finale noch einmal angeschaut. Schon komisch, sich selbst zu sehen, aber nichts mehr davon zu wissen." Auch an das Gespräch mit dem italienischen Schiedsrichter Rizzoli, den Kramer gefragt haben soll, ob dies tatsächlich das WM-Finale sei, kann er sich nicht mehr erinnern.

Das erzählte er am Nachmittag den rund 800 Fans, die zur "Welcome Party" in das völlig überfüllte Solinger Einkaufszentrum Hofgarten gekommen waren. Und dort ging das Schwitzen weiter. Das weiße Hemd des Fußballers war schon nach kurzer Zeit durchnässt, immer wieder musste Mutter Gabriele ihrem Sohn mit einem Fächer Luft zuwedeln, später sorgten dann zwei Ventilatoren für Abkühlung - zumindest bei Kramer. Denn die beiden Sanitäter der Malteser, die erst kurzfristig angefordert worden waren, mussten ein junges Mädchen mit Kreislaufproblemen behandeln, ein elfjähriger Junge musste mit dem Notarzt sogar ins Krankenhaus gebracht werden. Viele Fans hatten seit Stunden auf Kramer gewartet.

WM 2014: Christoph Kramer von Ezequiel Garay ausgeknockt
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Garay knockt Kramer im Finale aus

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Foto: afp, desk

In welcher Form die Stadt Mönchengladbach Kramer empfangen wird, stehe noch nicht fest, sagt Stadtsprecher Dirk Rütten. Oberbürgermeister Hans Wilhelm Reiners hat dem Weltmeister schriftlich gratuliert und will ihn Anfang August persönlich im Rathaus empfangen. Ob mit Fan-Beteiligung und Brimborium oder nicht, bleibt also abzuwarten. "Es ist aber tatsächlich so, dass wir viele Anrufe kriegen von Leuten, die wissen möchten, wann Kramer kommt und ob man ihn dann sehen kann", sagt Rütten. Unter anderem wolle man aber abwarten, ob die Euphorie bis Anfang August möglicherweise etwas abgeebbt sei: "Dann ist Kramer ja auch wieder im Training, und die Fans können ihn dort sehen."

Das letzte Mal, das Borussen-Nationalspieler im Rathaus empfangen wurden, war 2006, nach dem dritten Platz der deutschen Nationalmannschaft bei der Heim-WM. Marcell Jansen und Oliver Neuville für die deutsche und Kasey Keller für die amerikanische Nationalmannschaft nahmen damals die Glückwünsche der Stadt entgegen und trugen sich im Rathaus in deren Buch ein.

(RP)
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