Borussia Mönchengladbach Raffael in Berlin: Tor für Gladbach, Handküsse für die Familie

Berlin · Liegt es am Alter? Raffael grinste und sagte: "Vielleicht." 30 Jahre ist er alt, und im Fußball gehört Borussias Brasilianer damit schon zu den deutlich reiferen Semestern. Ex-Trainer Lucien Favre hat immer gesagt, dass Raffael lernwillig sei und immer noch Potenzial habe, sich zu entwickeln.

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Favre indes, der Raffael förderte seit er ihn in Zürich mit 18 erstmals unter seine Fittiche nahm, meinte damit wohl nicht die emotionale Entwicklung, die der Fußballer in den vergangenen Wochen genommen hat.

Introvertiert war "Raffa" bislang immer, ja mimiklos, egal, ob er nun tolle Tore erzielt oder sein Team ein Spiel turmhoch verloren hatte. Er schaute immer einigermaßen unbeteiligt aus. Neuerdings aber ist er total extrovertiert, wenn er Tore macht. Angefangen hat er damit in Stuttgart, als er beim 3:1-Sieg der Borussen dort sein erstes Tor dieser Saison erzielte und danach wie wild zu den Gladbach-Fans stürmte und ausgelassen seine Tat feierte. Das tat er auch beim 4:1 in Berlin.

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Als Raffael das 2:0 für die Borussen erzielte und damit zwei Minuten nach dem 1:0 durch Oscar Wendt die Weichen auf den Sieg gestellt hatte während des Gastspiels bei seinem Ex-Verein, rannte er dorthin, wo die 7000 mitgereisten Borussia-Freunde untergebracht waren im Olympiastadion und warf Handküsse hinauf auf die Tribüne. "Meine Frau und meine Kinder waren da, das war für sie", berichtete Raffael später. Er hatte eine ganz einfache Erklärung für seinen Wandel zum ausgemachten Emotionsbolzen: "Tore machen Spaß." Das indes war sicherlich immer so, und fraglich ist, warum ausgerechnet er, der Lucien Favre als eine Art "Vaterfigur" definiert hat, so befreit wirkt, seit der Schweizer nicht mehr da ist. Raffaels Treffer in Berlin war der fünfte seitdem, und nebenbei hat er sechs Tore vorbereitet. Erklärungen fallen aber zuweilen schwer im Fußball, und auch Raffael, der Erfahrene, kann nicht eindeutig begründen, warum die Mannschaft, bei der in den ersten fünf Spielen kaum etwas funktionierte, nun so unfassbar selbstbewusst auftritt und inzwischen sechs Bundesliga in Serie gewonnen hat. Nun in Berlin kam die Geschichte nahezu einer Demonstration der Stärke gleich. "Jeder Spieler musste es besser machen als am Anfang. Aber warum es so anders ist, weiß ich nicht. Das ist einfach Fußball", sagte Raffael.

Dass er selbst mit seinen Leistungen wesentlich zur Revitalisierung des Gladbacher Teams beigetragen hat, weiß auch der erfolgreiche Interimstrainer André Schubert. Was dessen Zukunft angeht, brachte sich Raffael auf Nachfrage nun in die Debatte ein. "Ich hoffe, dass er bleibt", gab er bekannt. Die Wertschätzung beruht auf Gegenseitigkeit. "Raffa ist ein großartiger Fußballer", pflegt Schubert zu sagen. Was er von dem Feingeist hält, zeigte er im Olympiastadion eindeutig: Als Schubert Raffael in der Schlussphase des Spiels ein Pause gönnte und ihn nach 74 Minuten vom Feld nahm, verneigte er sich vor dem Spieler. "Das war eine tolle Geste", fand Raffael.

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Foto: dpa, ahi hpl

In einem hat er sich im Übrigen nicht verändert: Raffael ist und bleibt ein Teamplayer. "Es war ein guter Tag für uns alle, wir haben alle gut gespielt", sagte er. Zuletzt, im Heimspiel gegen Schalke, half er in der Schlussphase sogar mit Tacklings an der Seitenauslinie, den 3:1-Vorsprung zu verteidigen. Und nun in Berlin machte er viele Wege, um von ganz vorn die Defensivarbeit zu unterstützen. Als dann Per Skjelbred in der Berliner Vorwärtsbewegung einen seltsamen Pass spielt, der bei Raffael landete, zeigte er, was schnelles Umschaltspiel ist: Raffael rannte los, schüttelte alle Berliner Verfolger an und schoss den Ball aus 18 Metern ins Tor.

Damit setzte er auch die starke Serie des Angriffsduos, das er mit Lars Stindl bildet, fort. Seit dem Augsburg-Spiel arbeiten die beiden Herren in der Bundesliga ständig zusammen, und immer ist mindestens einer von beiden zählbar am Erfolg beteiligt. "Es passt einfach", sagte Stindl, der wie sein Trainer schon öfter die herausragenden fußballerischen Fähigkeiten seines Kollegen herausgestellt hat. Raffael will nun in der Champions League da weitermachen, wo er in Berlin aufgehört hat. "Alles ist möglich im Fußball, wir haben jetzt ein wichtiges Spiel am Dienstag in der Champions League und wir werden auch da alles geben, wie in jedem Spiel. Ich hoffe, wir schaffen es auch gegen Juventus Turin", sagte er.

(kk)
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