Raffael schaute sich vorsichtig um. Es waren reichlich Journalisten gekommen, um seinen ersten Auftritt bei Borussia Mönchengladbach zu dokumentieren. Der 28-jährige Brasilianer ist jedoch keiner, der die große Öffentlichkeit mag, er wirkte auch am Montagnachmittag ein wenig scheu. Raffael gehört zu jener Spezies Fußballer, die lieber mit Taten am Ball als mit Worten kommuniziert.

"Ich bin froh, dass es endlich geklappt hat", sagte der Offensivmann in Deutsch. Danach wechselte er ins Portugiesische, also in sprachlich sichereres Terrain. Auf dem Spielfeld jedoch, da soll Raffael überhaupt nicht scheu sein, sondern das Gladbacher Spiel mit guten Ideen, Torvorlagen und eigenen Treffern verbessern. Die "Kreativität und Schnelligkeit, die uns in der vergangenen Saison vielleicht etwas gefehlt haben" erhofft sich Sportdirektor Max Eberl von dem Mann, für den er rund fünf Millionen Euro an Dynamo Kiew überweist.

Trainer Lucien Favre war sichtlich erfreut, dass der Transfer geklappt hat. Zweimal zuvor hatte Max Eberl schon versucht, dem Trainer seinen Wunschspieler zu kredenzen, doch einmal erhielt Kiew den Zuschlag, dann, als es im Winter um eine Ausleihe ging, entschied der ukrainische Klub, dass Raffael ein Schalker werden sollte.

Nun aber kommt wieder zusammen, was schon zweimal richtig gut funktioniert hat: Raffael und Lucien Favre. Der Trainer holte seinen Musterschüler einst aus der Zweiten Schweizer Liga zum FC Zürich, mit dem die beiden zweimal Meister wurden, und später zu Hertha BSC Berlin. Raffael ist für Favre die perfekte "Neuneinhalb": ein spielender Stürmer, ein Zwischending zwischen Spielmacher und Torjäger. "Raffael ist vorn aber variabel einsetzbar", weiß Favre. Gefragt nach den besonderen Fähigkeiten seines Musterschülers, sagte der Fußball-Lehrer nur: "Er spielt richtig." Damit meint er die Pässe im optimalen Moment, das Lesen des Spiels, das Gespür für die Situation, kurz: Fußballintelligenz.

Raffael verzichtet auf viel Geld

Raffael hat wohl auf viel Geld verzichtet, als er sich entschied, künftig für Gladbach zu spielen. Schalke wollte ihn weiter ausleihen und lockte mit einem weitaus üppigeren Honorar. "Borussia hat sehr um mich gekämpft, ich habe das Vertrauen gespürt. Und ich habe meinem Trainer viel zu verdanken. Ich will ihm jetzt etwas zurückgeben", sagte Raffael. Nachdem er den Medizin-Check bestanden hat, stößt er am Dienstag zur Mannschaft. Die hat am Montag erstmals wieder trainiert. Fitnesstests stehen nun an, erst Mittwochnachmittag wird Raffael sein Debüt auf dem Trainingsplatz geben.

Dass der Ball sein Freund ist, zeigte er beim Fototermin, als er die Kugel gekonnt jonglierte. Raffael könnte das Mosaiksteinchen sein, dass Favre bislang fehlte, um seine Spielidee nach dem Abgang von Marco Reus perfekt umzusetzen. Dazu kommt Max Kruse, der wie Raffael ein variabel einsetzbarer Angreifer ist. Favre hat somit allerlei Alternativen für vorn, nicht zuletzt U21-Nationalspieler Patrick Herrmann und den Niederländer Luuk de Jong. "Ich bin sicher, dass wir ein sehr gutes Team haben", befand Raffael. Er selbst soll dieses Team ein Stück besser machen. "Ich werde das Maximum geben", verspricht er. Mitte Oktober indes wird Raffael ein mulmiges Gefühl beschleichen. Dann reisen die Borussen nach Berlin zum Aufsteiger Hertha. Dort spielt sein Bruder Ronny. "Zusammengespielt haben wir ja schon. Aber gegeneinander zu spielen, das ist eine neue Erfahrung. Mal sehen, wer gewinnt", sagte er.