Der zweitbeste Stürmer Borussias wird 75 Herbert Laumen weiß, wie Tore fallen

Mönchengladbach · Der Pfostenbruch machte ihn berühmt. Doch der gebürtige Gladbacher Herbert Laumen ist auch der zweitbeste Torschütze Borussias aller Zeiten und hält einen Rekord. Samstag wird er 75. An die meisten seiner Treffer kann er sich bestens erinnern.

Herbert Laumen (links) trifft hier gegen den 1. FC  Köln, es war eines von 134 Toren, die er als Borusse erzielte.

Herbert Laumen (links) trifft hier gegen den 1. FC Köln, es war eines von 134 Toren, die er als Borusse erzielte.

Foto: imago sportfotodienst

Herbert Laumen weiß, wie Tore fallen. Er ist sogar ein ausgesprochener Experte darin, in verschiedener Hinsicht. Vor allem, weil er unheimlich viele Tore erzielt hat in seiner Laufbahn als Fußballspieler. 170 in 374 Pflichtspielen, die meisten davon für Borussia, 134 in 270 Spielen, damit ist er nach Jupp Heynckes der zweitbeste Torjäger der 118-jährigen Vereinsgeschichte. Laumen hat im Schnitt pro Spiel 0,5 Tore gemacht. Nur Jupp Heynckes (0,72) und Uli Kohn (0,53) haben eine bessere Quote in der Rangliste der Gladbacher Top-Torjäger. Dass ihn das Portal „transfermarkt.de“ als „Mittelstürmer“ einsortiert, „liegt vielleicht daran, dass ich so viele Tore gemacht habe“, vermutet Laumen.

Doch ganz vorn im Sturm hat er tatsächlich nur in Ausnahmefällen gespielt. In der ersten Erstliga-Saison der Borussen spielte er Rechtsaußen, das war aber nicht sein Ding, „da habe ich mich unwohl gefühlt“, was er auch Trainer Hennes Weisweiler mitteilte. Weswegen die beiden zunächst mal ein angespanntes Verhältnis hatten.

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Am 14. Mai 1966 kam das Spiel, das der „Knackpunkt meiner Karriere“ war, das 3:3 beim TSV 1860 München. „Ich spielte da hängende Spitze, wenn man so will“, berichtet Laumen, der in der Sportsbar des Borussia-Parks sitzt, und an einem Cappuccino nippt. Er erzielte alle drei Gladbacher Tore an dem Tag und sagte danach zu Weisweiler: „Trainer, auf der Position bin ich stärker.“ Weisweiler knurrte. Erst als der Trainer, Berti Vogts und Laumen zusammen die WM in England besuchten, gab es am Flughafen in Birmingham eine Aussprache. Fortan war Laumen hängende Spitze und machte Tore, Tore, Tore.

Nachdem er in der ersten Saison nur sechsmal getroffen hatte, war der gebürtige Mönchengladbacher, von 1967 bis 1971 bester Torschütze der Borussen mit 18, 19, 15, 19 und 20 Treffern. Heute würde ein Stürmer mit seiner Quote 50 Millionen Euro aufwärts kosten, damals war er 200.000 D-Mark wert. Für die Bundesliga-Torjägerkanone hat es aber nie gereicht, „mit den 20 Toren war ich Dritter“, erinnert sich Laumen, der am Samstag 75 Jahre alt wird. Und auch nicht für eine WM. 1970 „hatte ich schon meinen Anzug, doch dann wurden Uwe Seeler und Gerd Müller eingeladen“, sagt er.

 3. April 1971: Herbert Laumen liegt im Tornetz, nachdem er den Gladbacher Pfostenbruch verursacht hat.

3. April 1971: Herbert Laumen liegt im Tornetz, nachdem er den Gladbacher Pfostenbruch verursacht hat.

Foto: imago sportfotodienst

Dass ihm nach den 20 Toren Helmut Grashoff, der damalige Manager, keinen langfristigen Vertrag mehr geben wollte mit 27 Jahren, kränkte ihn. Er wechselte zu Werder Bremen. „Ich wollte nie weg aus Gladbach, aber das hat mir zu weh getan“, sagt Laumen noch heute. Zweieinhalb Jahre in Bremen, eines davon mit fünf verschiedenen Trainern (darunter nochmal seinen ersten Coach in Gladbach, Fritz Langner), zusammen 28 Toren in 78 Spielen und dann die Station Kaiserslautern (26 Spiele, acht Tore), das war seine Bundesliga-Karriere. Er spielte noch für den FC Metz. Heute kümmert sich Laumen um den Kontakt zu den Ex-Borussen, ist Trainer der Weisweiler Elf und Mitglied des Ehrenrates Borussias.

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Und er ist ein wandelndes Tor-Archiv seiner selbst. „An viele Treffer kann ich mich noch erinnern, wenn auch nicht bis ins letzte Detail“, sagt Laumen. Das erste Tor für Borussia schoss er im ersten Spiel für die „Erste“, das war noch in der guten alten Oberliga West. „Es war in Wuppertal, wir haben 3:1 gewonnen.“ Das Glücksgefühl in diesem Moment wird er nie vergessen. Es kam bei allen Toren, die er später schoss, wieder.

Schon als Steppke hatte er davon geträumt, später das Borussen-Trikot zu tragen, er war als Achtjähriger zum Bökelberg gepilgert, um Spiele zu schauen und nun hatte er für „seine“ Borussia das erste Tor erzielt. Das typische Laumen-Tor? Er war trotz seiner nur 173 Zentimeter Körperlänge ein guter Kopfballspieler, in einer Saison waren „neun meiner 18 Tore Kopfbälle“, erinnert sich Laumen, dessen Idole Männer wie Fritz Walter oder Uwe Seeler waren. Typisch aber war, „wenn ich mit Schwung aus dem Mittelfeld kam und den Schwung in den Schuss gelegt habe.“

Sein Lieblingstor war ein Lupfer, mit dem er Vize-Weltmeister Hans Tilkowski überwand, es war einer von zwei Treffern in dem Spiel gegen den BVB, gegen den ihm am 10. September 1966 sein erster Doppelpack in der Bundesliga gelang. Auch das erste Bundesliga-Tor hat er nicht vergessen. Das erzielte er am 20.Oktober 1965 gegen Hannover 96. 1967 schaffte er beim 5:1 gegen Hannover ein Vierer-Pack, die ersten drei Tore gelangen ihm in den ersten neun Minuten, das ist Bundesligarekord.

„Wenn du vor der Kiste stehst, musst du einen klaren Kopf bewahren, wenn da eine Lücke ist, musst du abschließen. Man darf aber nicht nur ballern, sondern auch mal schieben. Vor allem muss ein Stürmer auch egoistisch sein“, erklärt Laumen, wie Tore am besten fallen.

Eines indes, das fiel ohne dass er den Ball traf: Am 3. April 1971 landete er anstatt des Balles im Netz, der Holzpfosten des Tores vor der Nordkurve brach. Fußball-Historie. Fast eine Stunde mit Laumen ist vergangenen, bevor das Gespräch auf den Torfall vom Bökelberg kommt. „Es war mir klar, dass mir das ewig anhängen wird“, sagt Laumen grinsend. „Aber es gibt Schlimmeres. Der Pfosten kommt jetzt ins Museum.“ Und dazu wird es in der „Fohlenwelt“ sicherlich viel Bildmaterial von seinen Toren geben.

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