Schiedsrichter-Assistent getroffen Gladbach-Spiel in Bochum nach Bierbecherwurf abgebrochen

Bochum · Schiedsrichterassistent Christian Gittelmann wird in Bochum von einem Becher getroffen. Die Partie wird zunächst unterbrochen, wenig später steht der Abbruch fest. Nicht nur wegen der 2:0-Führung dürfte das Spiel für Borussia gewertet werden.

Das Schiedsrichtergespann um Benjamin Cortus verlässt während des Spiels das Spielfeld, nachdem einer Linienrichter Christian Gittelmann einen Becher an den Kopf bekommen hat.

Foto: dpa/Bernd Thissen

Flutlicht in Bochum, 25.000 Zuschauer, eine Stimmung wie in Vor-Pandemie-Zeiten, kein hochklassiges, aber ein intensives Spiel – nach 70 Minuten beim VfL Bochum befand sich Borussia Mönchengladbach auf Kurs Auswärtssieg. Doch nach den Toren von Alassane Plea und Breel Embolo zum 2:0 dürfte ein Becherwurf eines noch nicht identifizierten Bochum-Fans für das Endergebnis gesorgt haben. Nachdem sein Assistent Christian Gittelmann getroffen zu Boden gegangen war, brach Schiedsrichter Benjamin Cortus die Partie nach einer mehrminütigen Unterbrechung endgültig ab. 2011 gab es zwischen dem FC St. Pauli und dem FC Schalke einen ähnlichen Fall, es stand kurz vor dem Ende ebenfalls 2:0 für die Gäste. Für diese Wertung entschied sich letztlich auch das DFB-Sportgericht. „Wir müssen uns in aller Form entschuldigen für den Vorfall“, sagte Bochums konsternierter Sportdirektor Sebastian Schindzielorz.

Noch kurz bevor die Entscheidung über die Stadionlautsprecher in Bochum verkündet wurde, begaben sich die Borussen zum Gästeblock und genossen den Applaus der mitgereisten Fans, die sich das Feiern nicht nehmen lassen wollen, obwohl das Resultat noch offiziell bestätigt werden muss. Eine absurde Randnotiz: Bochums Kapitän Anthony Losilla hatte vor dem Spiel noch in einem Werbespot mit einem Augenzwinkern an die eigenen Anhänger appelliert, Becherwürfe zu unterlassen – das Bier sei zu lecker, um weggeschmissen zu werden. Doch bereits vor dem Eklat musste der Stadionsprecher die Fans ermahnen. Der Becher, der Gittelmann traf, war allein in diesem Bereich auf der Gegentribüne beileibe nicht der erste.

Für Bochum ist es ein Eklat mit Runterzieh-Potenzial in einer so starken Saison. Der VfL hatte gegen Gladbach eine Art Matchballspiel um den Klassenerhalt: Je mehr Punkte, desto mehr Ruhe an den verbleibenden sieben Spieltagen. Doch anstatt so gut wie alles klarzumachen, muss Bochum die Borussen nun in der Tabelle höchstwahrscheinlich vorbeiziehen lassen. Dabei war der Aufsteiger, der 24 seiner 32 Zähler zu Hause geholt hat, lange die bessere Mannschaft.

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Bochum schien den akustischen Stimmungsschub von den Rängen nutzen zu wollen. Gladbachs Torwart Yann Sommer blieben oft nur lange Bälle, um die hochstehenden Gastgeber zu überspielen – und lange Bälle sind in Gladbach ähnlich beliebt wie Abstiegskampf. Sobald Bochum den Gegner an dessen Strafraum in Zweikämpfe verwickeln konnte, wurde es brenzlig. Luca Netz ermöglichte Christopher Antwi-Adjei mit einem Ballverlust die erste große Chance, nach Sommers Parade rettete Jordan Beyer zur Ecke.

Borussia musste aufgrund der Covid-Infektionen von Nico Elvedi und Marvin Friedrich die 15. Abwehrformation der Saison aufbieten. An der Seitenlinie vertrat Co-Trainer Christian Peintinger erneut seinen Chef Adi Hütter, der in der kommenden Woche allerdings genesen sein soll. Doch die Ausfälle taugen nicht als Erklärung, warum Borussia so selten konstruktive Lösungen mit dem Ball fand und defensiv so leicht ins Straucheln geriet. Mitte der ersten Halbzeit sah Peintinger, wie seine Mannschaft sich ein wenig fing, wenn auch ohne sonderlich strukturierte Ansätze. Die Phase vor der Pause gehörte dann wieder Bochum, nur Sommer stach bei Borussia positiv hervor. Seine Vorderleute werden über den Halbzeitpfiff froh gewesen sein. Bei erschreckenden 62 Prozent lag die Gladbacher Passquote.

Während der erste Ball der zweiten Hälfte wieder misslang, hatte Bochum mit dem ersten Angriff direkt die Chance zum 1:0, aber Sebastian Polter scheiterte nach Gerrit Holtmanns Hereingabe an Sommer. Den bis dahin strukturiertesten Borussia-Angriff gab es in der 54. Minute zu sehen: Über Netz und Neuhaus holten die Gäste einen Eckball heraus. Dass und vor allem wie der für die überraschende Gladbacher Führung sorgte, konnte sich sehen lassen: Netz suchte im hohem Bogen im Rückraum Plea, der den Ball optimal traf und trocken verwertete – die achte Torbeteiligung des Franzosen in den vergangenen sieben Spielen.

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Kaum war der Jubel verhallt, musste hinten wieder Sommer eingreifen. Neben Plea ist in schwierigen Zeiten vor allem auf den Keeper Verlass. Die mitgereisten Borussia-Fans hätten allein aus Gewohnheit wohl eher auf den Ausgleich als auf den Ausbau der Führung gewettet, doch sie wurden eines Besseren belehrt: Wieder kurbelte Netz den Angriff an, Marcus Thuram suchte Stefan Lainer und der legte auf für Breel Embolo, der aus 15 Metern präzise in die linke Ecke traf.

Mit dem 2:0 schien den Gastgebern der Zahn gezogen zu sein. Bis zum Becherwurf passierte wenig. Ein gutes Gefühl kann Borussia trotz des achten Spielabbruchs der Bundesliga-Geschichte mitnehmen in die zweiwöchige Pause.

Was die Bochumer und Gladbacher zum Spielabbruch sagen und welche Konsequenzen den Gastgebern nun drohen, haben wir hier zusammengetragen.