Borussia Mönchengladbach Martin Stranzl war der Vater des Sieges

Fussball · Borussia gewinnt 2:1 in Dortmund – und der Abwehrchef aus Österreich war der überragende Spieler seines Teams. Als der BVB nach Havard Nordtveits Platz drückte, bekam er immer irgendwie den Kopf oder ein Bein dazwischen.

Beschwörender Blick: Martin Stranzl sichert bei Havard Nordtveits Zweikampf gegen Dortmunds Nuri Sahin ab. Der Abwehrchef war beim 2:1-Sieg Vorkämpfer seiner Mannschaft. Nordtveit sah in der 69. Minute Gelb-Rot.

Beschwörender Blick: Martin Stranzl sichert bei Havard Nordtveits Zweikampf gegen Dortmunds Nuri Sahin ab. Der Abwehrchef war beim 2:1-Sieg Vorkämpfer seiner Mannschaft. Nordtveit sah in der 69. Minute Gelb-Rot.

Foto: Dieter Wiechmann

Borussia gewinnt 2:1 in Dortmund — und der Abwehrchef aus Österreich war der überragende Spieler seines Teams. Als der BVB nach Havard Nordtveits Platz drückte, bekam er immer irgendwie den Kopf oder ein Bein dazwischen.

Havard Nordtveit war unruhig. Der Norweger war verdammt, die Schlussphase des Spiels seiner Borussen in Dortmund im Kabinentrakt am Fernseher zu verfolgen. Nordtveit hatte sich binnen einer Minute eine, nun ja, vermeidbare, Gelb-Rote Karte eingehandelt. Als er in der 69. Minute ging, stand es 2:0 für Gladbach, nun, da die letzten Minuten dahinschlichen, nur noch 2:1. "Wie lange noch", fragte Nordtveit im Sekundentakt. Dann war von draußen ein Pfiff und dann Jubel zu hören. Nicht 70 000facher, sondern nur der aus 10 000 Kehlen, der der Gladbach-Fans.

Nordtveit atmete durch, erleichtert. Der erste Sieg des Jahres war geschafft, trotz der Unterzahl. "Ich werde wohl was in die Mannschaftskasse zahlen müssen", sagte Nordtveit. Der erste, der zum einsamen Nordtveit in die Kabine kam, war Manager Max Eberl. "Jaaaaaaa! Endlich!", brüllten sich die beiden Männer an. Als der Rest der Reisegruppe vom Niederrhein da war, wummerte Musik durch die Gänge. "Wir haben vor der Saison eine Liste zusammengestellt, jeder durfte zwei Songs abgeben, die dann darauf kommen", erzählte Abwehrchef Martin Stranzl. Gespielt werden die Lieder nach dem Zufallsprinzip. Der Sieg in Dortmund war indes kein Zufall. Und Stranzl war der Vater dieses Sieges.

Nun ist der Österreicher einer, der gerade solche Spiele mag. In den letzten Minuten, als der BVB auf jeden Anspruch auf Ästhetik pfiff und nur noch lange Bälle gen Gladbacher Tor schickte, wurde der Abwehrchef zur Giraffe. Sein Hals wurde zuweilen lang und länger, wenn hohe Bälle heran flogen, die er dann irgendwie noch mit dem Kopf erwischte vor jedem Dortmunder. Oder seine Beine schienen in den entscheidenden Situationen ausfahrbar zu sein, wie in der 85 Minute, als er mit einer sauberen Grätsche mitten im Getümmel rettete.

"In solchen Situationen sind Führungsspieler gefragt", sagte Sportdirektor Max Eberl. "Wenn es hart wird, muss der eine oder andere das Ruder in die Hand nehmen, das ist unsere Aufgabe", sagte Stranzl. In Dortmund taten das die beiden Torschützen Max Kruse und Raffael, aber auch Stranzl und Torhüter Marc-André ter Stegen. Gegen Pierre Aubameyang stand er genau richtig und bei Robert Lewandowskis Schuss schnellte seine Hand im Flug im richtigen Moment hoch. "Wenn in solchen Spielen viele Bälle in den Strafraum kommen, brauchst du einen guten Torwart und gute Verteidiger, um die Situationen zu klären", sagte Stranzl.

Das tat er bravourös. "Die Mannschaft hat gezeigt, dass sie lebt", stellte Sportdirektor Max Eberl fest. Wer lebt, hat auch Schmerzen, zumal, wenn er sich wie Martin Stranzl in alles reinwirft, was kommt, ob Ball oder Gegner. Siege wie der in Dortmund tun weh — körperlich. Aber für den Kopf sind sie wie ein Wundertrank. "Mit einem Sieg im Borussen-Derby kann man einiges gut machen. Es gab ja schon Fans, die sagten, wir kriegen hier eine Klatsche", hat Stranzl bei einem Teil der Anhängerschaft einen Vertrauensentzug ausgemacht. "Klar, das tut weh. Darum war der Sieg wichtig. Auch für den Kopf der Spieler", sagte Stranzl.

Er warnte jedoch, nach diesem ergebnistechnischen Befreiungsschlag davon auszugehen, dass nun alles wieder ein Selbstläufer wird. "Ständig auf die Tabelle zu sehen, tut uns nicht gut. Wir schauen auf jedes einzelne Spiel und gucken dann, was am Ende dabei herauskommt", riet er den Kollegen. In Dortmund war es der erste Sieg beim BVB seit 1998. Auch damals gab es ein 2:1 nach einer 2:0-Führung. Nur, dass Borussia damals das Spiel vollzählig beendete. Die letzten Minuten voller Angst vor dem Ausgleich, die Tatenlosigkeit, das war Nordtveits Strafe. Martin Stranzl sorgte federführend dafür, dass die Mannschaft an diesem Tag nicht mehr bestraft wurde.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort