Ex-Gladbacher Marko Marin wird zum Wandervogel In den Wechsel-Jahren

Düsseldorf · Deutschland, England, Spanien, Italien - der frühere Mönchengladbacher Marko Marin ist der einzige deutsche Fußballprofi, der in den vier wichtigsten Ligen Europas gespielt hat.

Marko Marin: Vom "German Messi" zum Weltenbummler
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Das ist Marko Marin

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Natürlich hat Marko Marin seinen Griesbrei bekommen. Es war Weihnachten vor einem Jahr, als er nach Mönchengladbach fuhr und bei Birgitt Lintjens klingelte. Sie ist die Internatsmutter der Nachwuchsakademie Borussias, aus der Marin hervorgegangen ist. "Frau Lintjens", wie der Fußballer respektvoll sagt, hatte mit diesem Besuch nicht gerechnet. "Das war für mich ein echtes Weihnachtsgefühl, es ist typisch Marko, er ist ein liebenswerter Kerl", sagt sie. Am großen Tisch im Esszimmer des Internats wurde geplaudert, gelacht und Griesbrei gegessen. Wie immer, wenn er bei den Lintjens ist. "Birgitt Lintjens wird immer eine wichtige Person in meinem Leben bleiben, früher als Internatsmutter, heute als sehr gute Freundin", sagt Marin.

Marin erzielt seinen ersten Treffer für den AC Florenz
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Marin erzielt seinen ersten Treffer für den AC Florenz

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Er ist in die große Fußballwelt ausgezogen, doch seine Wurzeln hat er nie vergessen. Über Jos Luhukay, der ihn als 18-Jährigen 2007 ins Gladbacher Profiteam holte, sagt er: "Er ist einer der wichtigsten Trainer meiner Karriere, weil er mir sportlich und menschlich viel mitgegeben hat." Marin telefoniert auch oft mit Domenico Sepe, dem Inhaber seines Lieblings-Italieners in Gladbach, und mit Birgitt Lintjens. "Heimat" indes ist für ihn Frankfurt. Da leben seine Eltern. Für Marin ist es wichtig, eine Basis zu haben. Doch schätzt er die Erfahrungen, die ihm der Job beschert. Der 25-Jährige ist der erste deutsche Profi, der für Klubs in den vier großen Ligen Europas gespielt hat: in der Bundesliga, in Englands Premier League, in der Primera Division in Spanien und nun in der italienischen Serie A.

Marins bisherige Laufbahn im Zeitraffer: 2009 wechselte er von Gladbach zu Werder Bremen. 2012 kaufte der FC Chelsea den "German Messi", wie die Briten sagen. Mit Chelsea gewann er 2013 die Europa League. Dann wurde Marin an den FC Sevilla ausgeliehen, mit dem er erneut die Europa League gewann. Nach nur einem Jahr war Schluss in Andalusien, im Sommer lieh der AC Florenz den 1,70 Meter großen Marin aus. Er ist einer aus der Spezies "Dribbler", über die Jorge Valdano in seinem Buch "Über Fußball" schreibt: "Der Dribbler ist ein Pokerspieler, der mit seinem ganzen Körper blufft und mit seinem Gegenspieler um den Ball spielt." Marin, der 2009 mit der deutschen U21 Europameister wurde, sagt selbst: "Risiko gehört zu meinem Spiel." Seine Karriere ist wie Marins Spielart: Sie schlägt Haken und ist unberechenbar. "Ich habe mir früher schon gedacht, dass Marko mal viel rumkommt", sagt Birgitt Lintjens. "Er macht alles mit einer Unbekümmertheit, mit einer Leichtigkeit, er ist immer offen für Neues." Diese Unbekümmertheit macht ihn auch als Fußballer stark.

Als er Teenager war, galt Marin als eines der größten Talente im Lande. "Er kann Dinge, die nur wenige im Fußball können", sagten Mitspieler. Viele sagten Marin eine steile Karriere im Nationalteam voraus. Es kam anders. 2008 wurde er in letzter Instanz aus dem EM-Kader aussortiert, 2010 gehörte er bei der WM in Südafrika zum deutschen Aufgebot, das Dritter wurde, spielte aber nur einmal. Danach verschwand er aus dem Fokus von Bundestrainer Joachim Löw. "Mein letztes Länderspiel ist in der Tat schon etwas her", gesteht Marin. Aktuell ist das DFB-Team kein Thema für ihn. "Ich will fit und gesund bleiben und alles für den AC Florenz geben", sagt er. Und spricht die andere Geschichte seiner Karriere an: Immer wieder war er verletzt, in Bremen, bei Chelsea, in Sevilla, in Florenz. Dort machte er erst Anfang Oktober sein erstes von vier Europa-League-Spielen, in der Liga kam er noch nicht zum Einsatz.

Doch Marin denkt immer positiv. "Auch wenn mich ein paar Verletzungen zurückgeworfen haben, hindert mich das nicht, durchzustarten", versichert er. Bei Fiorentinas Europa-League-Spiel in Guingamp erzielte er beim 2:1-Sieg, der den Einzug in die Zwischenrunde fix machte, das 1:0. Gegen Minsk spielte er erstmals seit Anfang Mai über die volle Distanz und traf erneut beim 1:2. "Marin könnte zur wertvollen Waffe für Florenz-Trainer Vincenzo Montella werden", schrieb "Gazzetta dello Sport".

Marin nach 26 Minuten wieder ausgewechselt
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Marin nach 26 Minuten wieder ausgewechselt

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Ansgar Nanke freut das. Er arbeitet in der Berliner Agentur "presented-by", die Marin im Bereich Marketing betreut. "Markos Standing bei den Fans in Florenz ist super", sagt Nanke. Das war auch in der Bundesliga, in England und Spanien so. "Sein Name ist sehr positiv belegt, er kommt locker, leicht und sympathisch rüber, er ist der Typ Publikumsliebling." Hinzu komme nun das Alleinstellungsmerkmal, in den vier großen Ligen des Kontinents gespielt zu haben. "Wichtig ist jetzt, dass Marko unverletzt bleibt und regelmäßig spielt", sagt Nanke.

Das hat sich Marin vorgenommen. Und er will bei einem Verein richtig ankommen: "Wann und wo, das wird sich zeigen." Florenz hat eine Kaufoption. Zwar melden italienische Medien, dass er vor dem Abschied stehe. Doch Marin ist froh, dass er die Chance hatte, wieder ganz zu genesen - "dafür konnte ich mich mit meinem ersten Tor bedanken". 2015 will er weiter bei Florenz angreifen. Die "tollen Eindrücke" der vergangenen Wechsel-Jahre nimmt er für sein Leben mit. Um die Länder, in denen er arbeitet, kennenzulernen, nimmt er sich stets eine Wohnung. "Dann lebt man nicht so anonym wie im Hotel, man bekommt mehr von Land und Leuten mit", sagt Marin.

Er saugt die Erfahrungen auf, als Mensch und als Fußballer, er hat Spanisch gelernt und übt nun Italienisch, er lernt die unterschiedlichen Lebensarten kennen - und die Facetten des kontinentalen Fußballs. "Der spanische Fußball ist technisch sehr stark, in England ist das Tempo hoch, und es wird viel gefightet, in Italien ist der Fußball taktisch-defensiv geprägt. International gesehen hat die Bundesliga aufgeholt, obwohl einige spanische und englische Klubs noch einen Vorsprung haben ", berichtet er.

Er habe sich weiterentwickelt, sagt Marin. Und schiebt mit dem typischen Marin-Grinsen nach: "Es wäre auch schlimm, wenn nicht." Dennoch, sagt Birgitt Lintjens, sei Marin noch "der Marko, den ich von früher kenne - ein kleiner Mann mit großem Herz. Er nimmt das Leben leicht, ist aber nicht leichtsinnig". Marin war immer ein Lebenskünstler. Er arrangiert sich mit dem, was das Leben bringt: "Ich bin sehr glücklich über meine bisherige Karriere", sagt Marko Marin.

(RP)
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