Borussia Mönchegladbach Luuk de Jong — Ende eines Missverständnisses

Mönchengladbach · Es war ein trauriger Abgang für Luuk de Jong, am Dienstagmorgen am Borussia-Park. Eiskalt war es, der Wind pfiff wie immer um das Stadion. Der Stürmer von Borussia Mönchengladbach lief, den Kopf gesenkt, zu seinem Auto.

Trostloser Abgang ohne große Worte: Luuk de JOng.

Trostloser Abgang ohne große Worte: Luuk de JOng.

Foto: dpa

Gerade einmal eine Handvoll Journalisten erwartete ihn noch, bevor er zum Flughafen abdüste. Das war noch vor anderthalb Jahren ganz anders, im Sommer 2012, als de Jong für die Gladbacher Rekordablösesumme von über zwölf Millionen Euro vor großem Publikum präsentiert wurde.

Nun der trostlose Abschied. Ohne große Worte. "Ich darf nichts dazu sagen", meinte der Spieler nur. Diesen Job hatte der Verein zu dem Zeitpunkt ohnehin schon erledigt. Noch bevor de Jong das Stadiongelände verließ, verkündete Borussia bereits, der 23-Jährige sei "auf dem Weg zum Medizincheck nach Newcastle". So er diesen besteht, wird Borussia den Niederländer, wie Trainer Lucien Favre bestätigte, abgeben. "Es ist eine Leihe", sagte der Schweizer. "Das ist das Beste für den Verein und für Luuk. Newcastle United ist eine große Chance für ihn." Und eine Flucht aus Gladbach. Denn bei Borussia kam de Jong in den Plänen des Trainers nicht mehr vor. Ob der Klub nun bis Freitag noch einen Ersatz verpflichten werde, konnte oder wollte der Coach indes nicht sagen: "Es ist sehr schwer, jetzt jemanden zu bekommen."

Es ist Luuk de Jong hoch anzurechnen, dass er trotz seiner trostlosen Lage nie aufmuckte. Dass er sein Programm abspulte, weiter professionell trainierte. De Jong ist die tragische Figur in der ganzen Geschichte: Ein Spieler, der als teuerster Transfer der Vereinsgeschichte kam, der jedoch nie in das Konzept des Trainers passte. Für den Torjäger hätte man das System modifizieren müssen. Das jedoch tat Favre nicht — und so wirkte der 23-Jährige immer wie ein Fremdkörper.

Mit de Jongs Flucht endet also ein großes Missverständnis mit der einzig verbliebenen Option. Denn Sportdirektor Max Eberl blieb gar nichts anderes übrig, als den Spieler, dessen Vertrag noch bis 2017 läuft, zu verleihen. Angesichts der fortwährenden Demontage des Stürmers, der am Ende nur noch auf Elf-Sekunden-Einsätze kam oder sich gegen die Bayern gar nur warmlaufen durfte, befand sich der Marktwert des einstigen Nationalspielers im Sinkflug. Will Borussia nicht zu viel Geld verbrennen, müssen Eberl und Geschäftsführer Stephan Schippers inständig darauf hoffen, dass der Angreifer in England einschlägt — und so seinen Preis wieder etwas aufpoliert.

Die größte Frage bleibt jedoch: Warum hat ihn Eberl im Sommer 2012 überhaupt geholt? Der Verein hatte viel Zeit, einen Nachfolger für Marco Reus zu finden. De Jong galt — trotz eines exzessiven Pokers mit dessen Ex-Klub FC Twente — schon früh als Favorit. Doch ausgerechnet Favre betonte immer, dass er schnelle Spieler brauche. Und das ist de Jong, bei all seinen Qualitäten, nie gewesen. Kaum hatte die Saison 2012/13 begonnen, bemerkte Favre, ihm seien seine Stürmer (de Jong, Mike Hanke und Igor de Camargo) zu ähnlich. Gab es keine Absprache zwischen Sportdirektor und Trainer? Konnte man sich in der Einschätzung eines international bekannten Spielers so irren?

Bereits in der Schlussphase der vergangenen Saison spielte de Jong nicht mehr. Im Nachhinein wirkt es wie ein Statement des Trainers, der sagen wollte: Ich will ihn nicht (mehr). Eine Linie, die Favre ab der aktuellen Saison konsequent durchsetzte. Auch, weil er in Raffael und Max Kruse mindestens gleichwertige Alternativen in der Offensive zur Verfügung hat.

Auch wenn de Jong in seinem ersten Jahr bei Borussia sechs Bundesliga-Treffer erzielte, drei davon sogar jeweils zu 1:0-Siegen reichten, bleibt am Ende die Erkenntnis eines Fehleinkaufs. In Borussias Konsolidierungs-Jahr 2012/13 war der Niederländer ein brauchbarer Stürmer, der in der Saison eins nach Reus seine Tore erzielte.

Für dieses Ziel hätte es jedoch keinen zweistelligen Millionenbetrag gebraucht.

(RP)
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