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Borussia Mönchengladbach Favre: "Borussia hat wieder einen Namen in Europa"

Mönchengladbach · Der Cheftrainer spricht im Interview mit unserer Redaktion über die Arbeit mit jungen Spielern, die neue Attraktivität und warum Mannschaften wie ein Kuchen sind.

Lucien Favre kehrt zu OGC Nizza statt nach Gladbach zurück
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Das ist Lucien Favre

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Foto: dpa/Guido Kirchner

Herr Favre, was war eigentlich Ihr Lieblingsspiel von Borussia in der so erfolgreichen Vorsaison?

Lucien Favre Puh, es ist schwer zu sagen, welches das beste war. Ich war gerade in der Rückrunde fast immer zufrieden. Es ist ja auch sehr gut gelaufen für uns, wir hatten großes Vertrauen in unsere Spielweise.

Am Ende stand die direkte Qualifikation für die Champions League. Nun ist die Euphorie in Gladbach riesig. Ist zu viel Euphorie ein Problem?

Favre Nein, Euphorie ist doch immer da. Man muss sie halt beherrschen. Deswegen kommunizieren wir die Realität. Ich denke, unsere Fans sind sehr realistisch. Sie wissen, was in der Liga passiert und kennen die größeren Möglichkeiten anderer Vereine.

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Beschreiben Sie doch mal diese Realität aus Ihrer Sicht.

Favre Ganz einfach: Wir verlieren jede Saison Stammspieler. Bayern nicht. Wolfsburg nicht. Leverkusen nicht. Das ist der Unterschied. Aber wir brauchen darüber nicht zu klagen. Das ist Gladbachs Grenze, das wissen alle. Mit unserem Spieleretat liegen wir in der Bundesliga im Mittelfeld.

In diesem Sommer haben Sie Christoph Kramer und Max Kruse verloren. Wie schwer wiegen diese Abgänge?

Favre Wir haben mit den beiden zwei wichtige Spieler für unser Kollektiv verloren. Sie sind A-Nationalspieler - nicht von San Marino, sondern von Deutschland. Sie zu ersetzen, wird seine Zeit dauern, aber ich mache mir keine Sorgen, dass wir das hinbekommen.

Josip Drmic, der für zehn Millionen Euro aus Leverkusen kam, soll vorne Max Kruse ersetzen. Was erwarten Sie von ihm?

Favre Erstens: Drmic war in Leverkusen kein Stammspieler. Und zweitens: Als 22-Jähriger braucht er Zeit. Er muss sich an unser System, an unsere Bewegungen gewöhnen. Natürlich hat er großes Potenzial, aber gerade bei uns ist die Spielintelligenz entscheidend. Denn wir sind gut im Aufbau, im Power-Play, im Pressing, im Konter. Wir trainieren viele Varianten.

Die von Ihnen verlangten Details im Spiel lernt also niemand von heute auf morgen.

Favre Das ist so. Die Neuen brauchen ihre Zeit, sie brauchen viele Trainingszeiten, um unsere Spielweise zu adaptieren. Das ist wichtig, zu verstehen. Die Automatismen - offensiv wie defensiv - sind nötig für unsere Mannschaft. Wenn wir das nicht schaffen, bekommen wir Schwierigkeiten. Funktionieren die Automatismen aber, funktioniert die kollektive Bewegung der Spieler, dann sind wir gut.

Im bewährten 4-4-2.

Favre Wir spielen 4-4-2, aber unser System ist trotzdem flexibel. Nach zehn Minuten spielen wir manchmal 3-5-2 oder 3-4-3 oder auch mal 3-6-1. Wir spielen alles. Wir können nicht sagen, der Spieler hat nicht zu uns gepasst, weil wir 4-4-2 spielen.

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Borussia funktioniert letztlich also immer nur über das Kollektiv?

Favre Sehen Sie, eine Mannschaft ist wie ein Kuchen. Die Zutaten müssen passen. Und wenn sie an einer Stelle Salz statt Zucker hinzugeben, ist der Kuchen hinüber. Jeder Spieler ist nur eine Zutat. Wenn ein Spieler in vier Situationen schlecht verteidigt, und die Mannschaft bezahlt dafür den Preis, dann muss der Trainer etwas ändern. Dafür ist er da.

An welche Stelle werden Sie Lars Stindl zum Kuchen hinzufügen?

Favre Wir werden sehen, wo er am besten hinpasst, was die beste Lösung für die Mannschaft ist. Die besten Spieler werden spielen.

Bei den Neuzugängen ist Borussia, wie Max Eberl sagt, wieder einmal "den jungen Weg gegangen".

Favre Ja. Und ich finde es gut, dass wir wieder junge Spieler verpflichtet haben. Es war vielleicht nicht so geplant, aber wir müssen bei unseren Transfers halt auch langfristig denken. In der Abwehr sollen Spieler wie Nico Elvedi oder Andreas Christensen schließlich irgendwann mal Martin Stranzl und Roel Brouwers ersetzen. Und wenn wir sie heute nicht holen, kriegen wir sie nächstes Jahr nicht mehr. Diese Saison wird wichtig, aber Gladbach lebt auch danach weiter.

Wird der Transfermarkt eigentlich von Jahr zu Jahr schwieriger?

Favre Es ist jedenfalls sehr schwer auf dem Transfermarkt. Der Markt ist verrückt geworden. Die Engländer können drei- bis viermal mehr bezahlen. Alles kostet sehr schnell sehr viel. Wenn wir ein Top-Talent verpflichten wollen, müssen wir das also sehr clever machen. Aber es klappt eben nicht immer. Ein Julian Brandt ist nicht zu uns gekommen. Ein Leon Goretzka auch nicht.

Aber als Champions-League-Teilnehmer dürfte es doch einfacher sein, Talente zu begeistern, oder?

Favre Ja, viele junge Spieler haben Interesse, zu uns zu kommen. Hier wissen sie, dass sie Spielpraxis bekommen und in zwei, drei Jahren immer noch zu einem großen Verein gehen können. Das ist unser Vorteil.

Kann dieser Vorteil langfristig anhalten?

Favre Borussia hat sich wieder einen Namen in Europa erarbeitet. Wir sind attraktiv geworden. Wir spielen Champions League. Dazu das Stadion, die Infrastruktur, die Fans. Es ist sehr angenehm, hier zu arbeiten. Der Verein ist sehr gut aufgestellt, auch finanziell. Er wird sehr seriös geführt. Wir sind sehr stolz darauf, was wir hier entwickelt haben. Wir haben sehr gut gearbeitet, und wir werden auch weiterhin sehr clever arbeiten.

Wie wird sich Borussia auf der Bühne Champions League bewegen?

Favre Das wird sich zeigen, aber die Erfahrung aus unseren beiden letzten Europa-League-Teilnahmen wird uns guttun. Als wir im Februar gegen Sevilla ausschieden, waren wir mindestens auf Augenhöhe.

Die Bundesliga bleibt trotzdem das Wichtigste.

Favre Ja, aber über konkrete Platzierungen will ich gar nicht erst reden. Es wird wieder eine harte Saison. Die Bundesliga ist hart, wenn du Nummer drei bist, und sie ist hart, wenn du Nummer acht bist.

Und die Liga ist hart, wenn die Bayern wieder so überlegen agieren?

Favre Bayern ist wieder komplett, nur Ribéry fehlt. Sonst sind alle Verletzten wieder da. Dazu kommt: In diesem Sommer ist keine WM oder EM. Also wird Bayern wieder da landen, wo sie sich sehen. Ich hoffe aber, dass es künftig schwerer für die Bayern wird, Meister zu werden, denn das ist besser für alle.

Eine WM oder EM gab es nicht, dafür aber einen Länderspieltermin mitten in der Sommerpause.

Favre Wenn Nationalspieler nach zwei Wochen Urlaub wieder anfangen müssen zu trainieren, weil dann noch Länderspiele anstehen, dann stimmt für mich als Vereinstrainer in der Welt des Fußballs irgendetwas nicht. Sorry, das ist einfach schlecht organisiert.

Wäre denn eine Ausweitung des Spieltages auf den Montag aus Ihrer Sicht gut organisiert?

Favre Ein Bundesligaspiel am Montag? Ich bin nicht unbedingt ein Freund davon. Aber wir sollten sehen, dass es nur um fünf Montagsspiele geht, die etwas Entlastung für die Europa-League-Teilnehmer bringen sollen. Ich denke, dass es auch für die Fans einen fußballfreien Tag in der Woche geben muss. Die Leute müssen auch mal abschalten können, sonst lässt ihr Interesse am Fußball vielleicht irgendwann mal nach. Aber wie gesagt: Im Moment reden wir nur über fünf Montagsspiele in einer Saison.

(RP)
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