Kolumne: Gegenpressing Moderne Trainer treten einfach zurück

Düsseldorf · "Der Trainer", hieß es früher, "ist das schwächste Glied in der Kette." Zeitgemäße Fußballlehrer fühlen sich aber stark. Deshalb warten sie nicht, bis der Verein Entscheidungen fällt.

 RP-Sportchef Robert Peters.

RP-Sportchef Robert Peters.

Foto: Phil Ninh

Zu den schönen Bräuchen im Fußballsport gehört dieser: Wenn im September die ersten Blätter von den Bäumen fallen, dann verlieren die ersten Trainer ihren Job. Meist handelt es sich dabei nicht um die gekrönten Häupter der Branche, wie der Mönchengladbacher Sportdirektor Max Eberl in einem bedeutenden Wort zur Lage der Nation Anfang der Woche festhielt. "Im September", sagte er, "fallen nicht die besten Trainer aus den Bäumen."

Er musste das sagen, denn er sucht einen Trainer, weil ihm gerade und ausnahmsweise in der Jahreszeit einer der besten abhanden gekommen ist. Lucien Favre, der zauselige Schweizer, erwies sich bei seinem Abgang als sehr moderner Vertreter seiner Zunft. Früher warteten die Fußballtrainer in der Regel geduldig darauf, im Misserfolgsfall entlassen zu werden. Das sicherte eine freundliche Abfindung und den unvermeidlichen Satz des Arbeitgebers: "Der Trainer ist immer das schwächste Glied in der Kette. Wir konnten ja nicht die ganze Mannschaft entlassen." Das wäre bereits aus spieltechnischen Gründen sicher nicht zu raten.

Neuerdings aber mehren sich die Fälle, in denen sich Trainer gar nicht mehr rauswerfen lassen. Sie treten zurück - so wie Favre am Sonntag, der Kaiserslauterer Kosta Runjaic am Mittwoch oder Thomas Tuchel vor gut einem Jahr. Das ist zunächst mal eine noble Geste, denn sie erspart dem Arbeitgeber die Zahlung mächtiger Abfindungen. Manchmal ist es auch ein Zeichen für eher kindliche Bockigkeit. Tuchel und Favre ließen ihre Klubs einfach im Regen stehen. Darauf reagieren die Vereine nun auch wieder stur. Sie blockieren die weitere berufliche Laufbahn des bockigen Trainers für die Zeit des ursprünglich ausgehandelten Vertrags. Böse, aber gerecht.

Im frühen Herbst (siehe fallende Blätter) gibt es nun natürlich immer mehr Kandidaten für wahlweise Rücktritt oder Rauswurf. Hannovers Trainer Michael Frontzeck zum Beispiel, dem der in Personalfragen stets besonders handlungsschnelle Präsident Martin Kind bereits entsprechende Laufbahn-Empfehlungen erteilt hat. Oder eine Etage tiefer Gino Lettieri in Duisburg. Dort warten die Chefs des klammen Zweitligisten mit klopfenden Herzen auf einen Rücktritt, weil sie sich die Abfindung nach einem Rauswurf wohl nicht leisten können.

Wenn die Duisburger Fußballer jedoch weiter derart beständige Leistungen bieten wie bislang in dieser Saison, werden sich die MSV-Funktionäre dem vermeintlichen Heilmittel Entlassung nicht mehr verschließen können. Sie werden dann sagen: "Wir konnten ja nicht die ganze Mannschaft entlassen." Wetten?

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(RP)
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