Borussias Kapitän traf 19-mal in 37 Spielen Stindl ist 2020 der beste deutsche Torjäger
Mönchengladbach · Kein Deutscher traf 2020 besser als Gladbachs Kapitän. Timo Werner und Kai Havertz schossen zwar auch 19 Tore, brauchten dazu aber mehr Spiele. Zwei von Stindls Treffern stehen nun zur Wahl zum Borussia-Tor des Jahres.
Wäre das Leben gerecht und würde zudem einer gewissen Logik folgen, dann wäre Lars Stindl der große Favorit bei der Wahl zum Borussen-Tor des Jahres, die aktuell läuft. Der Kapitän hätte es verdient, vorn zu liegen, denn er ist mit 19 Toren, die er wettbewerbsübergreifend erzielt hat, der beste deutsche Torschütze 2020. Auch Kai Havertz und Timo Werner, die inzwischen für den FC Chelsea spielen, haben 19-mal getroffen, doch brauchte sie 44 und 43 Spiele dafür, während Stindl in 37 Partien seine Tore machte und somit die Nummer eins in der Rangliste ist.
Gerade in der Schlussphase der vergangenen Saison waren es auch Stindls drei Tore, die ein Grundstein der Qualifikation für die Champions League waren. Die Effizienz ist sein Merkmal, in der aktuellen Saison hat er rund jeden dritten Torschuss verwandelt. Hinzu kommt, dass Stindl ein wichtiger Faktor für die Gladbacher Spielkultur ist. Alles in allem ist die Vertragsverlängerung bis 2023 logisch.
Und er hat auch gute Chancen, die Wahl zu gewinnen. Zum einen, weil er mit zwei Toren vertreten ist, zum anderen, weil er in einer Disziplin erfolgreich war, die Borussias Fans offenbar besonders gefällt: Er traf aus der Distanz.
Juan Arango hat 2013 für diese These ein Argument geliefert mit einem meisterhaften Freistoß gegen den VfL Wolfsburg. Und Granit Xhaka 2014 mit seinem Hammer-Freistoß beim FC Villarreal. Oder Raffael 2017 mit seinem edlen Direktschuss im Spiel der Borussen bei Hertha BSC in Berlin. Oder auch Christoph Kramer 2018 mit seinem bemerkenswerten Abschluss in Hannover. Und schließlich Patrick Herrmann, der mit voller Wucht 2019 gegen Augsburg traf.

Die bisherige Karriere von Lars Stindl
Alle fünf Treffer waren bei der Wahl zum Borussen-Tor des Jahres seit 2013 siegreich. Und alle wurden sie aus mehr oder weniger großer Ferne erzielt. Einzig der exquisit herausgekonterte Treffer von Thorgan Hazard gegen den FC Barcelona fällt nicht in die Kategorie Fernschuss. Also: Borussias Fans mögen Weitschuss-Tore. Weil sie einerseits gute Tradition sind in Gladbach, man denke an Rainer Bonhof oder Harald Nickel oder Thomas Kastenmaier. Außerdem wohnt ihnen immer ein gewisser Zauber inne, weil sie Wucht, Präzision und Eleganz verbinden und nebenbei einen gewissen Überraschungseffekt haben.
Natürlich hatten die Borussen 2020 mehr zu bieten als nur Tore aus der Distanz. Artistische Treffer zum Beispiel wie den Fallrückzieher von Breel Embolo gegen Donezk oder den Scorpion-Kick von Valentino Lazaro in Leverkusen. Sogar ein Gerd-Müller-artiges Tor ist dabei, erzielt von Stindl in Augsburg. Und ein Derby-Siegtor, das Geschichte schrieb, weil die 1:0-Führung von Breel Embolo gegen Köln das erste Geisterspiel-Tor der Bundesliga-Geschichte war.

„Tor des Monats“ - Alle Gewinner von Borussia
Embolo und Stindl sind zwei von drei Spielern, die doppelt nominiert sind. Alassane Plea ist der dritte und der hat sich gleich mit zwei Weitschüssen in die Auswahl geschossen: In Kiew gegen Donezk war es ein ganz trockenes Ding in den Winkel und in Freiburg ein typischer Plea: von links in die Mitte gezogen und dann ab in die lange Ecke mit dem Ball.
Genau genommen ist auch Neuhaus doppelt nominiert. Denn beim Tor von Jonas Hofmann in Mailand war vor allem sein Pass das Herrliche an diesem Treffer. Mit dem Vollspann die gesamte Inter-Abwehr zerschnitten und Hofmann auf die Reise geschickt, das war, wie sein Distanztor gegen Mainz, ganz feines Kunsthandwerk.
Das Beste kam aber zum Schluss: Stindls Freistoß-Tor in Frankfurt. Direkt verwandelte Freistöße sind so selten in Gladbach, dass man fast sagen kann: Skorpion-Kick-Tore gab es in den vergangenen Jahren genauso oft. Stindl jedenfalls zwirbelte den Ball in Juan-Arango-Manier ins Ziel. Der venezolanische Meisterschütze dürfte bei der Ansicht der Bilder entzückt gewesen sein, dass nicht nur sein begnadeter linker Fuß solche Tore produzieren kann. 2013 gewann Arango selbst per Freistoß die Wahl zum Borussen-Tor des Jahres, 2014 war Granit Xhaka mit seinem Geschoss in Spanien die Nummer eins.
Stindl wäre ein würdiger Wahlsieger. Die Nummer eins indes, nicht nur bei Borussia, sondern unter allen deutschen Torschützen, ist er so oder so. Inwieweit dies eine Statistik ist, die mit Blick auf die EM im Sommer auch bei Bundestrainer Joachim Löw ankommt, bleibt abzuwarten. Was Gladbach angeht, ist auf den Kapitän jedenfalls Verlass.