Borussia "Kette" ist schon in Wien

Ex-Borusse Marcel Ketelaer spielt in der neuen Saison für Meister Rapid in Österreichs Hauptstadt. Eben da, wo am Sonntag das Endspiel der Europameisterschaft ist. Deutschland will morgen gegen die Türkei das Ticket lösen.

Ketelaer liebt Miss Oberösterreich
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Es war ein verlorenes Jahr für Marcel Ketelaer. Wieder einmal. Sechs Spiele machte er zu Saisonbeginn für den österreichischen Erstligisten Austria Kärnten, "es lief gut". Dann ging in seinem linken Fuß "alles kaputt, was kaputt gehen kann". Monatelang Pause, der Comeback-Versuch, wieder Probleme, dann noch eine Operation.

Die Saison war gelaufen. Der erst im vergangenen Sommer gegründete Verein aus Klagenfurt rettete sich so eben vor dem Abstieg. Und "Kette", der in Pörtschach eine Wohnung mit Blick auf den Wörthersee hat, wollte trotz allen Pechs seinen Vertrag verlängern. Dann aber kam "ein Sechser im Lotto": Österreichs Meister Rapid Wien wollte ihn. Der 30-Jährige sagte sofort zu.

So ist Ketelaer, der Ur-Mönchengladbacher, nun da, wo Deutschlands Nationalteam hin will: in Wien, wo am Sonntag das Finale der Europameisterschaft ist. "Beim Endspiel sind wir allerdings im Trainingslager", sagt Ketelaer. Das ist in Kärnten, nicht weit entfernt von Klagenfurt, wo im vergangenen Jahr seine (fußballerische) Heimat war und die "Bergtour 2008" des deutschen Teams begann.

EM-Atmosphäre

Im Klagenfurter Wörtherseestadion spielten die Deutschen zweimal, doch Tickets für die Vergleiche mit Polen oder Kroatien hatte sich Ketelaer, der 80 Bundesliga- und 30 Zweitligaspiele für Borussia machte, nicht. "Trotzdem habe ich in der Stadt viel von EM-Atmosphäre mitbekommen. Die Spiele habe ich mir mit meinen Kollegen im Fernsehen angeschaut."

Wäre seine eigene Karriere verlaufen, wie es nicht wenige Experten vor acht Jahren vorausgesagt hatten, er wäre jetzt möglicherweise einer der Routiniers im deutschen Team. Der wuselige Außenstürmer wurde nach der verpatzten EM 2000 als Hoffnungsträger für die WM 2006 gehandelt, galt gar neben Sebastian Deisler als größtes Talent im Lande. "Ich habe das Ding aber von vorne bis hinten vermasselt", gestand Ketelaer vor zwei Jahren in einem Interview. Eine krude Karriereplanung und viele Verletzungen verhinderten, dass Ketelaer seinen Weg machte.

Nun will er bei Rapid noch mal durchstarten — wenn er wieder ganz fit ist. "Ende Juni will ich wieder ins Mannschaftstraining einsteigen", sagt "Kette". Derzeit wohnt er, wie auch der frühere Bundesliga-Torwart Georg Koch, der aus Zagreb nach Wien kam, im Hotel.

Er sucht eine Wohnung in Wien. Seine Freundin Timea, die er während seiner Zeit bei Superpfund Pasching kennenlernte, "wechselt" mit nach Wien, will aber zunächst noch ihr Studiensemester in Klagenfurt beendet. Bis 2009 läuft Ketelaers Vertrag, es gibt eine Option auf Verlängerung. Rapid will sich für die Champions League qualifizieren.

Und "Kette" will es denen zeigen, die die Nase rümpften, als seine Verpflichtung bekannt gegeben wurde. "Ich weiß, dass ich skeptisch gesehen werde. Aber ich will meine Chance nutzen", sagt Ketelaer. Wie die DFB-Mannschaft, die morgen gegen die Türkei das Ticket nach Wien lösen will. "Das wäre a schöne Geschichte", sagt "Kette" im leicht österreichisch angehauchten Tonfall. Vielleicht wäre das ein gutes Omen für ihn. Denn das nächste Jahr soll kein verlorenes werden.

(RP)
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