Borussia Mönchengladbach Jantschkes Bank-Abend und ein Blick auf den Pokal

Mönchengladbach · Von der Startelf auf die Bank: Das war neu für Tony Jantschke unter Trainer Lucien Favre. Der verlor mit der Borussia zum ersten Mal ein Spiel gegen Eintracht Frankfurt. Die "Zehn vom Niederrhein" findet noch mehr Raritäten – zum Beispiel Alexander Madlung, der nicht trifft.

Bundesliga 13/14, Frankfurt - Gladbach: Einzelkritik
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Von der Startelf auf die Bank: Das war neu für Tony Jantschke unter Trainer Lucien Favre. Der verlor mit der Borussia zum ersten Mal ein Spiel gegen Eintracht Frankfurt. Die "Zehn vom Niederrhein" findet noch mehr Raritäten — zum Beispiel Alexander Madlung, der nicht trifft.

1.) Novum für Jantschke "Ich denke, meine Zeit wird auf jeden Fall kommen", sagte Tony Jantschke am 2. März 2011 im Interview mit Radio 90,1. Vielleicht war es die realistische Selbsteinschätzung, die man einem intelligenten Fußballer wie Jantschke zutraut, vielleicht wusste der damals 20-Jährige aber auch ein wenig mehr. Jedenfalls stand er drei Tage später erstmals unter dem neuen Trainer Lucien Favre in der Startelf — und hat seinen bis dahin elf Bundesligaspielen weitere 97 hinzugefügt. Seitdem hat er keinmal gefehlt, ohne dass ihn eine Gehirnerschütterung, eine Gesäßmuskelzerrung, ein Anbruch der Augenhöhle oder eine vergleichsweise banale Gelbsperre aufhielten. Am Mittwoch in Frankfurt war es so weit: Jantschke rückte von der Startelf auf die Bank und verbrachte dort, abgesehen von Aufwärmübungen vor der Eintracht-Kurve, das gesamte Spiel. Diesen Abend sollte man sich im Gedächtnis einrahmen.

2.) Auch keine Erklärung Ansonsten gab es wenig zum Einrahmen. Angesichts des behäbigen Auftritts macht sich dieses Urteil der Schönrederei verdächtig. Gefühlt gewann die Borussia nur 30 Prozent ihrer Zweikämpfe und lief fünf Kilometer weniger als der Gegner. Doch dann wirft man einen Blick auf das Statistikblatt und sieht: eine völlig ausgeglichene Zweikampfbilanz sowie einen Laufvorteil von zwei Kilometern für elf plus drei Borussen, die insgesamt starke 121,2 Kilometer unterwegs waren. Über die Saison hinweg sind es bislang 118,7 pro Partie. Bei der Durchschnittsgeschwindigkeit, auf die man ja überhaupt nur schaut, weil sie eben erhoben wird, lag die Eintracht mit 7 gegenüber 6,9 km/h vorne. Doch das bringt einen auch nicht näher an eine Antwort heran, was da los war im ehemaligen Waldstadion.

3.) Zu schnell geschlagen Manchmal gibt die Statistik aber auch nützliche Antworten. Nach dem 0:1 durch Frankfurts Joselu in der 16. Minute hätten die 5000 mit- und angereisten Borussia-Fans getrost den Heimweg antreten können. Zum siebten Mal geriet Gladbach dieses Saison auswärts in Rückstand, zum sechsten Mal ging das Spiel am Ende verloren. Nur in Augsburg wurden 90-Minuten-trotz-Rückstand-Bleiber belohnt, wobei sich das nach dem 2:2-Ausgleich des Gegners kurz vor Schluss nicht so angefühlt haben wird. Zu Hause dagegen liegt die Siegchance nach einem 0:1 noch bei 40 Prozent.

4.) Aus dem Rahmen Diese Partie passte weder vom Verlauf noch vom Auftreten so richtig ins Schema der Rückrunde. Am ehesten ist das Gesamtpaket noch mit dem 0:1 in Berlin und dem 1:2 in Sinsheim zu vergleichen, das war im Herbst. Bis auf Peniel Mlapas Anschlusstreffer in Hannover hat die Borussia seit der Winterpause noch kein Tor in der zweiten Halbzeit geschossen. Trotzdem hat sie weiterhin mehr als die Hälfte ihrer Treffer nach dem Seitenwechsel erzielt. Da stellt sich die Frage: Wie gut müssen die zweiten 45 Minuten in der Hinrunde gewesen sein? Herausragend — 23:9 Tore, 34 Punkte und nur die zweite Hälfte beim FC Bayern München ging verloren.

5.) Schwarzer Peter statt Joker Nun liegt die Vermutung nahe, dass Lucien Favre sich damals auf seine Einwechselspieler verlassen konnte. Bekanntlich spielte der Trainer in der Hinrunde jedoch nur selten die Jokerkarte. Er kam bestens ohne zurecht. Mittlerweile muss die Borussia weitaus häufiger mit Situationen klarkommen, in denen der berüchtigte frische Wind gefragt ist. Jetzt durfte Branimir Hrgota 36, Amin Younes 13 und Lukas Rupp zwölf Minuten ran. Bleibenden Eindruck hat keiner der Einwechselspieler hinterlassen. Es ist nicht leicht, in ein Team zu kommen, das ohnehin einen schlechten Tag erwischt hat. Etwas mehr darf es dennoch sein.

6.) Doppelbelastung Vor drei Jahren gingen die Wege der Borussia und der Eintracht scheinbar weit auseinander — die einen retteten sich sensationell, weil die anderen sensationell ihren Vorsprung auf die Nichtabstiegsplätze verspielten und abstiegen. Dennoch durfte Frankfurt bereits vergangene Saison als Überraschungsteam in Gladbachs Fußstapfen treten. Während der VfL damals sein erstes Europapokal-Abenteuer seit 16 Jahren erlebte, war es in dieser Spielzeit an der Mannschaft von Armin Veh, die Doppelbelastung aus Bundesliga und Europa League zu meistern. Der Eintracht ist dies nicht annähernd so gut gelungen, wie direkte Vergleich zeigt:

7.) De Jongs Inselbilanz Einer, der die beiden Duelle der Teams in der Saison 2012/2013 geprägt hat, war am Mittwoch nicht mehr dabei. Luuk de Jong hat mittlerweile acht Premier-League-Spiele für Newcastle United absolviert, ist nach 504 Minuten Einsatzzeit aber immer noch ohne Torerfolg. Vergangene Spielzeit erzielte der Niederländer zwei Treffer gegen Frankfurt. Das entspricht immerhin einem Drittel aller Tore, die er in der Bundesliga für die Borussia erzielt hat.

8.) "Immer" Madlung Ein anderer Protagonist spielte dagegen zum ersten Mal seit dreieinhalb Jahren gegen Gladbach und verursachte bis zum Abpfiff provisorische Schweißperlen bei den Borussia-Fans. Gefühlt trifft Alexander Madlung nämlich "immer" gegen den VfL. Fünf Tore in 15 Spielen kommen der Einschätzung "immer" relativ nahe — immerhin ist der 31-Jährige Innenverteidiger. Gefühlt handelte es sich auch "immer" um den Siegtreffer für den Gegner fünf Minuten vor Schluss. Doch das ist tatsächlich erst einmal passiert, vor zehn Jahren bei Hertha BSC. Aber wie gesagt: dieses Gefühl.

9.) Bitte melden Von ehemaligen Hauptdarstellern und aktuellen Nebendarstellern geht es zu Nebendarstellern, die die Zukunft Gladbacher Hauptdarsteller beeinflussen: Victor Valdes, Keeper des FC Barcelona, hat sich am Mittwochabend das Kreuzband gerissen, während sein designierter Nachfolger Marc-André ter Stegen beinahe zum gleichen Zeitpunkt in Frankfurt den Ball aus dem Tor holte. Was das bedeutet für mögliche Meldungen, die noch ausstehen, wissen in erster Linie die, die es vermelden.

10.) Passiv im Pokal Ähnlich unklar ist, ob in dieser Saison der sechste oder der siebte Platz nach Europa führt. Doch die Antwort ist absehbar. Am 15. und 16. April finden die Halbfinalspiele im DFB-Pokal statt. Setzen sich der FC Bayern München und Borussia Dortmund durch, wäre die Aussage korrekt, dass Gladbach momentan drei Punkte Vorsprung auf den ersten nicht-internationalen Platz hat. Selbst wenn im Pokalfinale die Bayern und der VfL Wolfsburg aufeinandertreffen, dürfte es so sein. Aber schon vergangene Saison wäre Gladbach nicht gut damit gefahren, sich auf andere zu verlassen. Damals ließ der SC Freiburg dem VfB Stuttgart den Vortritt nach Berlin.

(sor)
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