Borussia Mönchengladbach "In der Bundesliga wechseln? Diese Intention habe ich nicht"

Mönchengladbach · Borussias Verteidiger spricht über das Spiel beim FC Bayern am Sonntag und über die drei Erfolgsgeheimnisse dieser Saison. Er erklärt, warum Martin Stranzl der Turm im Team ist, redet über Grillpartys im eigenen Garten und seine Pläne für die Zukunft.

Borussia Mönchengladbach: Jantschke begeistert Fans mit Zidane-Trick
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Jantschke begeistert Fans mit Zidane-Trick

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Foto: Screenshot Sky

Was halten Sie eigentlich vom neuesten Trend in der Liga?

Jantschke Was ist denn der neueste Trend? Zum Schiedsrichter rennen?

Der ist doch schon älter. Nein, der neueste Trend ist der, nach hohen Niederlagen gegen die Bayern zu erzählen, was für ein tolles Erlebnis das Spiel doch war.

Jantschke Ich hab' dieses Thema erst in dieser Woche so richtig mitbekommen, weil wir ja selbst jetzt gegen die Bayern spielen. Aber ich hab nur am Rande davon gehört, deswegen will ich das nicht kommentieren.

Gibt es denn den Königsweg, wie man sich als Spieler vor einem Duell mit den Bayern äußern sollte?

Jantschke Darüber nachzudenken, würde ja bedeuten, dass mich beeinflusst, was andere über meine Aussagen denken. Und da mich das nicht beeinflusst, stellt sich mir diese Frage nicht. Ich sage das, was ich denke. Punkt.

Sagen können Sie aber schon, in welchem Fall Sie Sonntagabend nach dem Spiel in München zufrieden in den Flieger steigen würden.

Jantschke Wir wollen dort ein gutes Spiel machen und auf jeden Fall etwas mitnehmen, so wie bei jedem anderen Auswärtsspiel auch. Es wäre ja fatal, wenn wir nach München fahren und sagen: "Wir wollen einen auf die Mütze bekommen!". Zumal wir ja, denke ich, eine ganz gute Abwehr stellen, relativ wenig Gegentore kassieren, und das soll am besten auch so bleiben.

Sie spielen morgen nicht zum ersten Mal in München. Wie lange war eine Partie dort für Sie etwas Besonderes?

Jantschke Beim ersten Mal natürlich schon, aber wenn du dann mal ein, zwei Spielzeiten komplett absolviert hast, dann ist auch das halt ein normales Bundesligaspiel. Natürlich spürt man dieses Kribbeln wie vor jeder Partie, und das wird wahrscheinlich auch nie ausbleiben, wenn du vor so viel Menschen auftrittst, aber es ist dann doch ein Stück Normalität.

Ehrlich?

Jantschke Ja, wirklich. Du bereitest dich weder anders vor auf so ein Spiel, noch machst du eine strengere Videoanalyse, sondern du gehst das Spiel an wie jedes andere Auswärtsspiel auch.

Aber die Videoanalyse enthält doch im Fall FC Bayern sicherlich mehr Bekanntes als die zum SC Paderborn, allein, weil man sich Bayern öfter auch privat im Fernsehen anguckt, oder?

Jantschke Ich gucke beide Gegner gleich wenig, denn ich gucke generell wenig Fußball, gerade live. Ich schaue mir manchmal die Zusammenfassungen an, den Rest sehe ich dann schon bei unserem Trainer, da können Sie sicher sein (lacht).

Diese private TV-Abstinenz vom Fußball, ist die ein Selbstschutz vor dem Overkill?

Jantschke Als ich hier in der Jugend anfing, habe ich allen möglichen Fußball im Fernsehen geguckt. Ich konnte alle Ligen, alle Teams, alle Auswechselbänke aufzählen. Aber wenn du irgendwann selbst regelmäßig samstags spielst, dann verliert sich das Interesse. Ich bin jemand, der gerne abschaltet, wenn er nicht im Stadion ist. Es ist auch nicht so, dass ich gar keinen Sport schaue, aber wenn, dann amerikanischen Sport.

Wenn Sie Gladbachs Erfolgsgeheimnis in nur drei Punkten erklären müssten, welche wären das?

Jantschke Erstens: ein qualitativ guter Kader. Zweitens: ein erfolgreicher Saisonstart. Das macht immer viel aus. Wenn du schlecht startest, entsteht erst gar keine gute Stimmung. Und drittens: wenige Verletzungen.

Das alles zusammen macht selbstbewusst.

Jantschke Das Selbstbewusstsein in diesem Verein ist schon seit der Saison, in der wir Vierter geworden sind, so gesund und stabil geworden, dass man sich von kleineren Krisen nicht aus der Ruhe bringen lässt.

Und das überträgt sich auf die Mannschaft.

Jantschke Ja, natürlich. Wir haben es doch selbst in den Jahren vor der Relegation erlebt, wie viele Unruheherde hier im und um den Verein herum herrschten. Die gibt es zum Glück heute nicht mehr.

Weil sich ein ruhiges Arbeiten fast zwangsläufig in Erfolg ummünzen lässt?

Jantschke Ist doch klar. Wenn du als Spieler merkst, in deinem Verein brennt es, dann liest du doch auch das und das und das. Im Prinzip liest du alles. Du willst ja wissen, was passiert. Du willst wissen, ob dein Verein etwas auf dem Transfermarkt plant — womöglich sogar für deine Position. Wenn diese Hektik weg ist, ist es doch viel angenehmer für uns Spieler. Du kannst einfach viel entspannter arbeiten.

Auf dieses Arbeitsklima bei Borussia schauen andere Vereine inzwischen genauso neidisch wie auf die erfolgreiche Entwicklung.

Jantschke Das ist doch ein schönes Kompliment für uns.

Das würden Sie auch so annehmen, oder?

Jantschke Auf jeden Fall. Das haben wir uns hart erarbeitet. Gut, es war auch ein bisschen Glück dabei, denn wenn wir die Relegation verloren hätten, wäre es vielleicht anders gelaufen. So hat der Verein seitdem etwas aufgebaut, etwas aufbauen können, und das Gerüst ist schon sehr, sehr stabil im Moment. Und darauf kann man schon stolz sein.

Apropos Gerüst: Sie sind einer von vier Borussen, die in dieser Saison quasi immer auf dem Platz stehen, um die herum rotiert wird. Stolz?

Jantschke Dass es mich kaum trifft, freut mich natürlich. Es hängt allerdings ja auch damit zusammen, dass Martin Stranzl in der Hinrunde eine Weile lang ausgefallen ist, was uns schon weh getan hat. Sonst hätte ich sicher das ein oder andere Spiel auch mal draußen gesessen.

Macht Martin Stranzl auf dem Platz seine Nebenleute besser?

Jantschke Ja, allein durch seine Präsenz. Das ist unbestritten, das weiß jeder. Martin ist unser Turm. Er hat so viel erlebt, so viel Erfahrung. Er bleibt auch mal ruhig, wenn es im Spiel mal schlecht läuft. Er ist der Stamm, an dem sich jeder aufrichten kann. So etwas könnte ich auf diese Art nie werden.

Tony Jantschke wird kein Stamm, wenn er hier bei Borussia mit 34 Jahren 400 Bundesligaspielen und als Kapitän einen jungen Innenverteidiger neben sich hat?

Jantschke Das wäre trotzdem etwas anderes. Wenn du einen Spieler suchst, an dem du dich aufrichtest, dann ist Martin einfach der perfekte Mann dafür. Ich habe dafür andere Qualitäten. Aber mal sehen, wie ich mit 34 bin.

Zuweilen zeigen Sie auch ungeahnte Qualitäten wie den Zidane-Trick gegen Hannover an der Außenlinie.

Jantschke (schmunzelt) Ich habe das Video nachher sofort an Granit [Xhaka, Anm. d. Red.] geschickt. Das passiert ja nicht so oft, obwohl es in dieser Saison schon das zweite Mal war. Aber jetzt reicht es auch. Ich habe direkt nach der Aktion Martins Blick gesehen, und da wusste ich, das war eine Aktion, die anscheinend ganz gut war.

Die Fans feiern Sie als Fußballgott.

Jantschke Das freut mich. Aber ich hänge es nicht zu hoch.

Man nimmt Ihnen in jedem Fall die Identifikation mit Borussia ab.

Jantschke Ich habe mich ja hier auch immer wohl gefühlt. Aber wenn ich ehrlich bin, hatte ich auch Phasen, gerade in meinen ersten zweieinhalb Profijahren, in denen man sich Gedanken macht. Es stand ja auch mal eine Ausleihe zur Debatte. Für mich waren Max Eberl und Lucien Favre dann natürlich ein Glücksfall, das muss man ganz klar sagen. Max hat mich als Jugendlicher nach Gladbach geholt, Lucien Favre hat mich aufgestellt. Aber Sie wissen ja, wie schnell alles gehen kann. Dann ist der Trainer plötzlich weg, zack, will der Neue dich nicht mehr. Man kann in unserer Branche halt nie so weit vorausdenken. Ich für meinen Teil würde jedenfalls gerne hier bleiben. Gladbach ist meine zweite Heimat geworden, und ich hätte nichts dagegen, wenn das noch ganz lange so bleibt.

Bis zum Karriereende?

Jantschke Ich bin ja noch jung, ans Karriereende denke ich noch nicht. Ich könnte mir auch vorstellen, noch mal zwei Jahre in Dresden zu spielen. Ich weiß ja auch nicht, was meine Knochen machen. Vielleicht sagen die mit 30 auch: "Och, lass das mal lieber!". Und dann höre ich auf. Aber jetzt groß in der Bundesliga herumzuwechseln, die Intention habe ich nicht.

Tony Jantschke, der Gewohnheitsmensch?

Jantschke Ja, ich habe mich hier eingelebt, es passt alles, wir sind sportlich erfolgreich. Deswegen habe ich nie dran gedacht, hier weg zu gehen.

Nächstes Jahr sind Sie schon zehn Jahre im Verein.

Jantschke Wahnsinn, oder?

Laufen die Planungen schon für die große Jubiläums-Grillparty?

Jantschke Das nicht, aber es gibt ja auch so öfter mal eine Grillparty bei mir zu Hause, zu der ich ein paar Jungs aus der Mannschaft einlade.

Haben Sie schon angegrillt in diesem Jahr?

Jantschke Ja. In der vergangenen Woche. Ärgerlich war nur, dass es immer noch so früh dunkel wird. Aber das ist ja bald vorbei.

STEFAN KLÜTTERMANN FÜHRTE DAS GESPRÄCH.

(RP)
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