Borussia Heynckes: "Das ist Wahnsinn"

Jürgen Klinsmann war mit Bayern München in der Bundesliga nicht ein einziges Mal Spitzenreiter und drohte, nicht nur das Ziel Meisterschaft, sondern auch noch die Qualifikation für die Champions League zu verpassen. Mit Jupp Heynckes soll in fünf Spieltagen alles anders werden.

Cando war unruhig. Der Schäferhund ließ sein Herrchen nicht aus den Augen, folgte ihm auf Schritt und Tritt. "Er hat gespürt, dass ein Abschied anstand", berichtet Jupp Heynckes. Eineinhalb Jahre war er Privatier nach seiner gescheiterten Mission bei Borussia Mönchengladbach.

Eine Zeit, die zuweilen kaum weniger schmerzlich war als das Scheitern bei seinem Heimatverein, der später abstieg. Vier Operationen ließ Heynckes (63) über sich ergehen, zuletzt bekam er ein künstliches Kniegelenk. "Es geht mir jetzt wieder gut", sagt er.

Gut genug, um aus dem vorzeitigen Ruhestand zurückzukehren ins Trainergeschäft. Mit einer großen Aufgabe: Nach der Demission Jürgen Klinsmanns, dem gescheiterten Modernisierer, soll Heynckes, der Gentleman alter Schule, dem FC Bayern München doch noch den Meistertitel bescheren. So wie er es 1989 und 1990 während seiner ersten Amtszeit an der Isar tat.

Die Rückkehr des Meistertrainers überraschte die Fußballwelt. Denn es schien, als sollte das Debakel, das er in seiner nur sechs Monate währenden zweiten Trainer-Ära in Gladbach erlebte, der traurige Schlusspunkt seiner glanzvollen Karriere sein.

Als Spieler wurde Heynckes Welt- und Europameister, mit Borussia war er Uefa-Cup-sieger, viermal Meister und einmal Pokalgewinner. Mit 195 Treffern ist er Rekordtorjäger der Gladbacher. Als Trainer gewann er neben den deutschen Titeln mit München mit Real Madrid die Champions League und den Weltpokal.

Dass er nun wieder die Verantwortung in München trägt, 18 Jahre nach seinem ersten Engagement, hätte sich Heynckes vor wenigen Tagen nicht vorstellen können. Mit seiner Frau Iris war er zwar zu Besuch bei Bayern-Manager Uli Hoeneß, jedoch rein privat. "Klar, wir haben über die Situation gesprochen", berichtet Heynckes, dies jedoch ohne Intention. Als er aber beim 0:1 der Bayern gegen Schalke auf der Tribüne abgelichtet wurde, kamen erste Spekulationen auf.

"Wir sind dann nach Hause geflogen, während sich die Herren in München zusammengesetzt haben. Dabei haben sie beschlossen, sich von Jürgen Klinsmann zu trennen. Offenbar waren sie der Meinung, dass ich für diese Situation der richtige Mann sei", sagt Heynckes. Es gab ein weiteres Telefonat und dann, am Sonntagmorgen, die Zusage. "Ich tue das für den FC Bayern, der mir das Sprungbrett in den internationalen Fußball gegeben hat, und aus Freundschaft zu Uli Hoeneß", sagt Heynckes.

Dass es nun im ersten Spiel gleich gegen Borussia geht, "ist schon Wahnsinn". Heynckes, der Ur-Gladbacher, muss gegen "seine" Borussia gewinnen, um einen guten Einstand zu haben. Und würde Hans Meyers Mannschaft damit noch mehr in den Abstiegssog stürzen. "Er kann natürlich keine Rücksicht auf uns nehmen. Aber wir wollen das 0:0, das wir erstmal haben, verteidigen. Was dann passiert, werden wir sehen", sagt Rainer Bonhof. Heynckes' früherer Weggefährte ist jetzt Vize-Präsident in Gladbach. Ein Job, den Präsident Rolf Königs auch Heynckes gern gegeben hätte, doch der winkte aus gesundheitlichen Gründen ab.

Heynckes will den Bayern-Stars wieder die Lust am Fußball vermitteln. Um erst Gladbach zu schlagen und dann Meister zu werden. Danach ist wieder Schluss. So ist es gedacht.

(RP)
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