Trend könnte sich wieder umkehren So viele Karten hat Borussia lange nicht gesehen

Mönchengladbach · Jahrelang gehörte Borussia zu den Teams der Bundesliga mit den wenigsten Verwarnungen. Doch seit der Zeit unter Ex-Trainer Marco Rose sehen die Spieler häufiger Gelbe Karten. Was das mit der sogenannten „RB-Isierung“ zu tun hat und wieso sich das nächste Saison wieder ändern dürfte.

Borussia Mönchengladbach: Testspiele in der Sommer-Vorbereitung
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Borussias Terminkalender bis zum Saisonstart

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Foto: dpa/Federico Gambarini

Als Lucien Favre 2011 den Trainerjob bei Borussia übernahm, konnte er den Verein zunächst vor dem Abstieg in die 2. Bundesliga retten. Mit der Zeit gelang es ihm zudem, für die Gladbacher ihren eigenen Spielstil zu entwickeln. Der Ansatz war, mit technisch gut ausgebildeten Spielern ballbesitzorientierten Fußball zu spielen. Nach Favre schaffte es auch Dieter Hecking, diese „Borussia-DNA“ fortzuführen und damit Erfolge wie den 2:0-Sieg auf Schalke zu feiern, der vielen Fans aufgrund des 62-Pässe-Tors im Gedächtnis geblieben ist und sinnbildlich für diese Art des Fußballs steht.

Sie war auch in anderen Bereichen abzulesen. So sahen die Gladbacher in den Spielzeiten von Favres Einstieg 2011 bis Heckings Abschied 2019 im Schnitt 47 Gelbe Karten pro Saison. 2010/11 war Borussia noch 15. der Fairnesstabelle, in der Folge stand sie aber jedes Jahr in den Top Fünf und kassierte bis 2019 auch nur zwölf Platzverweise. Seit der Einführung der Gelb-Roten Karte im Jahr 1991 war die Borussia nie so fair. 2019 wollte Max Eberl schließlich einen Schritt nach vorne machen und die Spielphilosophie modernisieren. Darum trennte sich Borussia trotz einer erfolgreichen Saison von Hecking und verpflichtete in Marco Rose den neuen Trainer, der für diese Modernisierung sorgen sollte.

Jedoch änderte sich die Spielphilosophie unter dem Fußballlehrer, der von RB Salzburg kam, drastisch. Es setzte die „RB-Isierung“ ein, sowohl defensiv als auch offensiv hätten die Unterschiede zu den vorherigen Jahren kaum größer sein können: Statt geduldigem Ballbesitz-Fußball wollte Borussia nun durch hohes Pressen den Ball erobern und schnell zum Abschluss kommen. Diese neue Spielidee, welche letztlich auch Roses Nachfolger Adi Hütter verfolgte, sorgte für intensivere Spiele – was auch Auswirkungen auf Gladbachs Karten-Statistik hatte.

Ab der Rose-Zeit am Niederrhein sahen Borussias Spieler durchschnittlich 65 Gelbe Karten pro Saison. Eine deutliche Steigerung, die auf die „RB-Isierung“ zurückzuführen ist. Denn durch die schnellere Spielgeschwindigkeit kommt es zu viel mehr Zweikämpfen, Ballverlusten und schließlich Verwarnungen. Kapitän Lars Stindl und Manu Koné sahen vergangene Saison jeweils zehn Verwarnungen, sie führten damit in dieser Kategorie zusammen mit Leverkusens Kerem Demirbay (Leverkusen) die gesamte Liga an.

In der Fairnesstabelle stand Borussia damit nur noch auf dem 14. Platz, der die schlechteste Platzierung seit elf Jahren bedeutet. 67 Gelbe Karten kassierten die Borussen in der vergangenen Saison – nur in drei Spielzeiten seit der Einführung der Gelb-Roten Karte 1991 waren es noch mehr gewesen.

Sportdirektor Roland Virkus will nun mit dem neuen Trainer Daniel Farke zurück zu der „Borussia-DNA“ finden. Farke ließ bereits bei Norwich City die Art von Fußball spielen, die man in Gladbach gerne wieder sehen würde. In einem Interview verriet der 45-Jährige 2017 mit einem Lächeln im Gesicht: „Wenn ich es mir aussuchen könnte, würde ich den Ball 90 Minuten lang haben.“ Und wer den Ball hat, der wird auch weniger Fouls begehen – was die Chancen steigert, in der Fairnesstabelle künftig wieder weiter oben zu landen.

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